Der Hausflug
Schulter nehmen. Sie drückte einen Kuß auf die Stelle des Skaphanders, wo Xindys Mund sein mußte.
Sie hielten sich nicht auf. Xindy winkte Jonas, auf seinen Rücken zu klettern, Flügel wuchsen aus dem Raumanzug, sie erhoben sich in die Lüfte und flogen über den Ozean. Nach Amerika. Jonas wußte sofort, wo sie waren, als die Kette der Wolkenkratzer am Horizont auftauchte: in New York. Sie landeten vor der Tür des UNO-Gebäudes.
Doch hier empfing sie niemand mit Blumen, im Gegenteil! Uniformierte Männer eilten herbei und versuchten, sie am Weitergehen zu hindern, Xindy streckte ihnen nur einen Finger entgegen, da blieben sie mitten in der Bewegung stecken, als spielten sie Dornröschen.
Jonas und Xindy fuhren endlose Rolltreppen hinauf, zu dem großen Saal, in dem die Vertreter aller Staaten der Erde gerade tagten. Mucksmäuschenstill wurde es, als sie den langen Mittelgang zur Tribüne hinuntergingen und auf das Rednerpult stiegen.
Darf ich euch meinen Freund Xindy vorstellen, sagte Jonas, er kommt von weither, vom Chlm, und ist durch die ganze Milchstraße geflogen, um uns zu besuchen. Da schrie einer im Saal: Schwindler! Alles Schwindel!
So still es bisher im Saal gewesen war, so laut wurde es jetzt. Alle sprangen von ihren Sitzen, brüllten durcheinander. Lügner, schallte es von allen Seiten, Schwindler, Scharlatan. Wer soll das denn glauben? Die Delegierten stürmten das Rednerpult, umringten Xindy, Dutzende von Händen packten Jonas, zerrten ihn vom Pult, er stürzte die Treppe hinunter – und wachte auf.
Jonas starrte an die Decke, blickte sich verwirrt um; als sein Blick auf das Fenster fiel, wußte er wieder, wo er war. Hatte er lange geschlafen? Jonas blickte zur Uhr: drei Stunden. Dann merkte er, daß die Schrammen auf der Haut verschwunden waren. Spurlos, als hätte es sie nie gegeben. Es roch auch nicht mehr nach Tang und Meer im Zimmer.
„Bist du wieder in Ordnung?“ erkundigte sich Xindy.
„Scheint so.“ Ja, er fühlte sich frisch und munter. Und kräftig. „Eure Medizin scheint ja Wunder vollbringen zu können“, meinte er.
„Das war nur eine Kleinigkeit“, antwortete Xindy. „Nicht halb so schwer wie für dich, diesen Riesenfisch zu retten. Geh mal ins Wohnzimmer, da liegt dein Skaphander.“
Jonas sprang aus dem Bett, stürzte nach vorn, riß die Tür auf – und erstarrte. Vor ihm stand Xindy!
Xindy war viel kleiner, als Jonas ihn in seinen Träumen gesehen hatte, einen halben Kopf kleiner als er. Jonas starrte auf die Silbergestalt. Xindys Körper war völlig in Metall gekleidet, eine Mischung aus Ritterrüstung und Taucheranzug, nicht einmal das Gesicht war zu erkennen. Schade.
Kaum hatte er es gedacht, da wurde ein Teil des Helms durchsichtig, und Jonas blickte in Xindys veilchenblaue Stielaugen. Sie sahen sich lange an. Dann legte Xindy den Kopf ein wenig schräg und wackelte leicht mit dem Schwanz. Auch den Schwanz hatte Jonas sich größer vorgestellt. Xindy streckte die Hand aus.
„Guten Tag, Jonas“, sagte er. „Ich freue mich, dir endlich gegenüberzustehen und dir die Hand zu reichen. So ist es doch Brauch auf der Erde, nicht wahr?“
Jonas ergriff die dreifingrige Hand und drückte sie mit beiden Händen. Er hätte sie auch genommen, wenn sie nicht im Skaphander gesteckt hätte. Xindy legte den Arm auf seine Schulter und zog ihn zum Spiegel. Da standen sie beide, dicht nebeneinander, einer den Arm um die Schulter des anderen geschlungen, und sahen auf ihr Bild.
„Hallo, Mensch“, sagte Xindy.
„Hallo, Chlmy“, erwiderte Jonas. „Willkommen auf der Erde.“
Das elfte
Xindys Raumschiff
Lebende Stühle und fliegende Teller Zwei Sonnen und eine chlmische Mahlzeit
Wie, zum Teufel, wollte Xindy in dieser Finsternis das Raumschiff finden? Jonas war überrascht, wie schnell es in der Ostsee dunkel wurde, stockdunkel, dabei waren sie bestimmt nicht tiefer als zwanzig Meter. Und schmutzig war es. Als schwämmen sie durch Ochsenschwanzsuppe.
Jonas hielt sich dicht hinter Xindy, fast berührte er seine Schwanzspitze. Der Skaphander war nicht steif und ungelenk, wie Jonas es sich vorgestellt hatte. Xindy hatte seine Kleidungsstücke mit einer silberglänzenden Haut überzogen, auf dem Rücken saß eine Art Tornister, wie auch Xindy ihn trug, das Atemgerät.
Xindy hatte ihm geholfen, den Skaphander anzulegen. Wie er ihn dicht gemacht hatte, so dicht, daß auch nicht das kleinste bißchen der giftigen chlmischen Luft im Raumschiff hindurchdringen
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