Der Heilige Krieg
in Florida in verschiedenen Flugschulen an und lernten auf kleinen Maschinen das Fliegen. Der Saudi Hani Handschur, der seit Langem in Amerika lebte, hatte schon 1998 seinen Pilotenschein gemacht – er wurde von Al-Qaida nun als vierter Terrorpilot auserkoren. Bei den US-Behörden hatte man zu diesem Zeitpunkt noch keinen blassen Schimmer, dass in Amerika nun Männer lebten, die sich verschworen hatten, die Weltmacht USA auf ihrem eigenen Terrain anzugreifen.
»Sie haben uns nicht den Krieg erklärt, weil sie die Demokratie hassen, oder die Freiheit, oder Frauen, die berufstätig sind, oder weil wir nach der Arbeit ein Bier trinken. Sie haben uns den Krieg erklärt, weil die US-Regierung in der arabischen Welt einige Dinge tut und dabei meist von den Europäern unterstützt wird: Die beiden Hauptpunkte sind die fast bedingungslose Unterstützung Israels sowie die Tatsache, dass wir ein halbes Jahrhundert lang die Tyrannei der arabischen Regierungen unterstützt haben. Das motiviert unsere Gegner. «
Michael Scheuer, ehemaliger
CIA-Antiterrorexperte
Die Bedrohung durch Al-Qaida schien fernab der USA viel größer zu sein. Am 12. Oktober 2000 brauchte es nicht mehr als eine Handvoll Fanatiker, um der Weltmacht USA einen schweren Schock zu versetzen. Der amerikanische Zerstörer »Cole« lag im Hafen von Aden, als sich ein Fischerboot näherte. Die Männer an Bord winkten den US-Matrosen zu, die freundlich zurückwinkten. Im nächsten Moment ging die 300 Kilogramm schwere Sprengladung, die in dem Fischerboot versteckt war, hoch und riss ein riesiges Loch in den Rumpf der »Cole«. 17 US-Matrosen starben. Ermittler des FBI und der CIA fanden heraus, dass Al-Qaida hinter dem Angriff steckte – doch ein Vergeltungsschlag Amerikas blieb aus. Präsident Clinton versuchte gerade ein weiteres Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln, ein US-Angriff auf Ziele in der muslimischen Welt erschien in dieser Situation nicht opportun. Bin Laden war enttäuscht – er wollte die USA in einen Krieg verwickeln, doch die reagierten nicht. Dem Al-Qaida-Führer wurde klar, dass die Zeit für die ultimative Provokation Amerikas gekommen war.
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In Florida lernen die islamistischen Terroristen in einer kommerziellen Flugschule, wie man ein Flugzeug steuert.
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Im Jahr 2000 organisiert Bin Ladens Al-Qaida im Hafen von Aden im Jemen den Sprengstoffanschlag auf die USS »Cole«.
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Eine riesige Staubwolke wälzt sich nach dem Zusammenbruch des World Trade Centers durch Manhattan.
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Der Schock nach dem Angriff: Der Schrecken steht den Menschen ins Gesicht geschrieben – Amerika ist in seinem tiefsten Inneren getroffen.
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Geborstene Metallfassaden – die Überreste eines der höchsten Gebäude der Welt ragen als bizarre Gerippe aus den Trümmern.
Am Morgen des 11. September 2001 ahnte kein Amerikaner, dass über den Vereinigten Staaten vier fliegende Bomben unterwegs waren und dass dieser Tag die Welt verändern sollte. An Bord des Fluges American Airlines Nr. 11 hatte es eine Entführung gegeben – so viel wusste die Luftraumüberwachung. Sie wusste indes nicht, dass hier das Muster für weitere Entführungen dieses Tages durchexerziert wurde: Zwei oder drei Terroristen, sogenannte »Kämpfer«, überwältigten und töteten die Crew, dann übernahm ein bis dahin unbeteiligter Mittäter – der ausgebildete »Terrorpilot« – das Steuer der Maschine. Im Fall von Flug American Airlines Nr. 11 war dies Mohammed Atta. Die Passagiere dürften nicht im Traum an das gedacht haben, was ihnen bevorstehen würde. »Üblicherweise – und gemäß dem Sicherheitstraining – war es das Beste für Passagiere und Crew, keinen Widerstand zu leisten«, beschreibt der US-Autor Lawrence Wright die Situation an Bord. Um 8.46 Uhr raste die Maschine in den Nordturm des World Trade Centers in New York. Die Behörden werteten dies zunächst als Unfall. Doch um 09.03 Uhr bohrte sich eine Boeing 767 – United-Airlines-Flug 175 – in den Südturm des Wolkenkratzers. Sie wurde gesteuert von Marwan al-Shehhi. Erst jetzt registrierte die Weltöffentlichkeit, dass sich etwas Außergewöhnliches ereignet hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Dutzende Nachrichtenkameras auf das World Trade Center gerichtet. Der Horror nahm nun vor aller Augen seinen Lauf. Im Fernsehen sahen Millionen »live« den Massenmord in New York. Die Entführer, betont der Al-Qaida-Experte Lawrence Wright, verfolgten
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