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Der heilige Schein

Der heilige Schein

Titel: Der heilige Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Berger
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österreichische Theologieprofessor Robert Prantner bei einem der Herrenabende auf. Der 1931 geborene Theologe war über viele Jahre wissenschaftlicher Berater konservativer österreichischer Politiker, etwa von Bundeskanzler Julius Raab. Er ist Gesandter und bevollmächtigter Minister des Souveränen Ritterordens von Malta, hat also einen der vornehmsten Titel inne, die ein Laie in der katholischen Kirche erlangen kann. Seit 1982 ist er Professor an der kirchlichen Hochschule Stift Heiligenkreuz vor den Toren Wiens, die nicht nur den Namen Papst Benedikts XVI. trägt, sondern von diesem in besonderer Weise unterstützt wird. Heiligenkreuz gehört mit zu den wenigen Hochschulen in aller Welt, die der Papst während seiner Auslandsreisen durch einen Besuch beehrt hat. Ob Benedikt bewusst war, dass dort Leute wie Robert Prantner lehren? Vermutlich nicht, aber vielleicht wäre das ja auch gerade ein Grund für ihn gewesen, der Hochschule einen Besuch abzustatten.
    Robert Prantner ist in der katholischen Kirche Österreichs aber auch als Hauptvertreter des antisemitischen und seit 1994 kirchlicherseits verbotenen Anderl -von-Rinn-Kultes bekannt. Verehrt wird in diesem obskuren Kult der 1462 im Alter von drei Jahren umgekommene Bub Anderl Oxner von Rinn. Im 17. Jahrhundert entstand im Zuge der damaligen antijudaistischen Strömungen in Tirol die Legende, er sei von durchziehenden, ortsfremden Juden im Rahmen eines Ritualmordes hingerichtet worden.
    Heutzutage bemüht sich auch das von Ku-Klux-Klan-Mitgliedern gegründete » Stormfront «-Netzwerk mit ausdrücklicher Berufung auf Prantner um die weltweite Verbreitung der wissenschaftlich inzwischen als unhaltbar geltenden Legende. Die immer mehr um sich greifende Vernetzung erzkonservativer Katholiken mit sonst eher religionsfernen rechtsradikalen Vereinigungen wird hier sehr anschaulich. Bei seinen Bemühungen um den Anderl -Kult konnte sich Prantner stets auch der ausdrücklichen Unterstützung Bischof Krenns erfreuen.
    In seinem Vortrag stellte der Professor neben die Juden auch noch die Freimaurer als eigentliche Feinde der katholischen Wahrheit. Sie unterwandern angeblich die katholische Kirche, um sie dann von innen zu zersetzen.
    Die Freimaurer wurden mit ihrem Einsatz für Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Humanität nicht nur von den Nationalsozialisten als Staatsfeinde verfolgt, sondern waren über Jahrhunderte auch in der katholischen Kirche geächtet. Während sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil viele fortschrittliche Kirchenfürsten um einen friedlichen Dialog mit den Freimaurern bemühten, die Verurteilung der Freimaurerei aus dem neuen Kirchenrecht gestrichen wurde und wichtige Schritte hin zu einer Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit erste Erfolge zeigten, stellte Kardinal Ratzinger unter dem Jubel der vergangenheitsorientierten Katholiken in einer Erklärung der Glaubenskongregation vom 26. November 1983 fest: »Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt also unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche betrachtet wurden«. [20]
    Den Vorstellungen Prantners verwandte Ideen vertrat auf einem der Herrenabende auch sein Kollege Walter Marinovic, ein österreichischer Gymnasialprofessor, der in Deutschland durch seine Auftritte bei NPD-Veranstaltungen bekannt ist und unter erzkonservativen Katholiken als »wichtigster Kulturkämpfer Österreichs« (so auf dem Einladungsschreiben zu besagtem Herrenabend) gefeiert wird. Er reiste mit Romig an und wartete — wie ebenfalls in der Einladung stand - mit Thesen zur »zeitgeistigen Afterkultur « und »entarteten Kunst« auf. Beim anschließenden Empfang trug er in Wiener Mundart eigene Gedichte vor, die vor allem von seiner Vorliebe für ein Gabelfrühstück im Wiener Kaffeehaus und Lausbubenstreichen handelten. Überhaupt wurde auf den Herrenabenden stets auch der (»nicht entarteten«) Kunst reichlich Raum gegeben. So hatte der Gastgeber in seinem Besprechungszimmer ein Klavier aufgestellt, auf dem ein Konzertpianist eine für die verhältnismäßig kleinen Räume allzu stimmkräftige Sängerin begleitete, die vor dem Abendessen - statt eines Tischgebets - das »Ave Maria« von Bach/Gounod sang.
    Marinovics Haltung zur Kunst ist durchaus repräsentativ für eine sich in den letzten Jahren immer deutlicher abzeichnende rückwärtsgewandte Entwicklung innerhalb der katholischen Kirche. So kommt es immer häufiger vor, dass Bischöfe

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