Der heilige Schein
militanter Schlägertrupps der »Allpolnischen Jugend« bei Straßenaktionen damals bereits verbuchen. Dies war für mich der entscheidende Auslöser, den Titel zwei Jahre nach dem Ritterschlag wieder zurückzugeben. Den Mut, diesen Schritt auch mit den wahren Ursachen zu begründen, hatte ich freilich damals noch nicht, sondern erklärte ihn mit Überlastung.
Allerdings muss es in meinem weiteren Umfeld jemanden gegeben haben, der von meinen wahren Gründen wusste und der Interesse daran hatte, sie öffentlich zu machen. Ich weiß bis heute nicht, wer der anonyme User war, der damals in dem Wikipedia-Artikel zu meiner Person nach der Erwähnung des Ritterschlages einfügte: »Rückgabe des Ehrentitels >Ritter von Jasna Gora< im Juli 2007 aus Protest gegen den Konservativismus und die Homophobie bestimmter polnischer Politiker, die ebenfalls dem Ritterorden nahestehen.« Ein besonders eifriger Wikipedia-Autor sorgte dann aber sehr schnell dafür, dass der Einschub aus dem Beitrag gelöscht wurde und nur noch in der » Versionsgeschichte « nachzulesen ist.
Die Ritterinsignien, die sich für mich zum Symbol für eine gegen mich gerichtete Homophobie gewandelt hatten, verbannte ich in den Keller.
Kämpferische Rechtgläubigkeit
Im späten Frühjahr 2003 besuchte mich ein Priester, den ich auf einem der Herrenabende kennengelernt hatte, zu Hause. Der freundliche Pastor, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem von Heinz Rühmann gespielten Filmpater Brown hatte, kam im Auftrag der Fördergemeinschaft der katholischen Monatsschrift Theologisches.
Die 1970 von dem Paderborner Priester Wilhelm Schamoni gegründete Zeitschrift gilt seit vielen Jahren als wichtigstes und auflagenstärkstes Publikationsorgan konservativer katholischer Theologie im deutschsprachigen Raum. Finanziell und organisatorisch verwaltet wird die Zeitschrift von einer »Fördergemeinschaft«, der herausragende Persönlichkeiten aus dem traditionalistisch-katholischen Spektrum angehören. Unter ihnen sind, neben wichtigen Opus-Dei-Leuten, so unterschiedliche Theologen wie der Ratzinger-Schüler und Münsteraner Missionswissenschaftler Johannes Dörmann und der Frankfurter Adorno-Schüler Walter Hoeres. Was diese Männer verbindet, ist ihr Antimodernismus bzw. ihre mehr oder weniger stark ausgeprägte Ablehnung einer Öffnung von Kirche und Theologie zur Moderne.
Ebenso illuster liest sich die Liste der gegenwärtigen und ehemaligen Mitarbeiter: die Publizistin und Mitherausgeberin des Rheinischen Merkur, Christa Meves ; die schon erwähnte Alma von Stockhausen; der Chefhistoriker des Vatikans, Professor Walter Brandmüller; Professor Johann Auer, der gemeinsam mit Joseph Ratzinger in den späten 70er Jahren ein Lehrbuch der Dogmatik verfasste; der durch seinen Geschichtsrevisionismus und seine antisemitischen Stereotypen bekannt gewordene Historiker Konrad Löw; der Bamberger Erzbischof Karl Braun; Bischof Kurt Krenn; die Weihbischöfe Andreas Laun und Max Ziegelbauer; der Schriftsteller Martin Mosebach; die international bekannten Theologen Scheffczyk, Dulles und Caffarra , die vom Papst für ihre Verdienste um eine konservative, romtreue Theologie zu Kardinälen erhoben wurden; der Präsident der Päpstlichen Theologenakademie, Antonio Piolanti ; Professor Alfred Läpple, der einen prägenden Einfluss auf Ratzinger hatte.
Auch von den Kardinälen Meisner und Ratzinger wurden immer wieder Texte in Theologisches publiziert. Lange Zeit galt: Wer in dieser auch in vatikanischen Kreisen zahlreich abonnierten und sehr aufmerksam gelesenen Zeitschrift veröffentlichen durfte, hatte es im erzkatholischen Milieu zu etwas gebracht.
Unter der Herausgeberschaft von Monsignore Johannes Bökmann, den ich auf einem der Düsseldorfer Herrenabende kennengelernt hatte, begann man in den 90er Jahren, sich zunehmend bei politisch rechtsradikalen Kreisen anzudienen, was zu einem deutlichen Absinken der Abonnentenzahl führte. Der Effekt konnte allerdings durch zusätzliche Finanzspritzen des zahlungskräftigen Veranstalters der Herrenabende und anderer wohlhabender Mitglieder des Netzwerkes aufgefangen werden. Um die Auflage und damit auch die scheinbare ideologische Schlagkraft der Zeitschrift möglichst hoch zu halten, wurden Abbestellungen einfach nicht bearbeitet bzw. nichtzahlende Abonnenten weiter beliefert. Auch dort, wo es um Mitglieder-, Abonnenten- und Mitarbeiterzahlen geht, wird im konservativen Milieu also der irreführende schöne Schein
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