Der heilige Schein
Diskussion.« Daraufhin Pflüger: »Das vermuten wir auch. Nur hätte das nichts mehr mit Thomismus zu tun - auch nicht mit Theologie. Wir verstehen sehr wohl, dass David Berger sich nach den Würden einer Universitätsprofessur sehnt. Wenn er meint, dieser dadurch näher zu kommen, dass er derartige Interviews gibt, ist das seine Sache. Unser Weg ist ein anderer. Scherzhaft habe ich gesagt: Dann doch lieber Vulgärtraditionalismus als Vulgärtheologie.« Mit Blick auf den durch Ratzingers Wahl zum Papst eingetretenen Stimmungswandel in Rom fügte der gleichermaßen erzürnte wie siegessichere Pater hinzu, ich solle mir die neuen »Kräfteverhältnisse besser ansehen«, wenn ich Karriere machen wolle.
Abgesehen davon, dass der mit mir persönlich nicht bekannte Piusbruder im Hinblick auf mein Karrieredenken etwas vermutete, mit dem er ebenso falsch lag wie mit meiner Einordnung als »Bonner Theologe« (in Bonn habe ich weder studiert noch je gewohnt), sind seine Äußerungen exemplarisch für die Art, wie im konservativ-katholischen Milieu mit Leuten umgegangen wird, die nicht so »spuren« wie man sich das vorgestellt hat. Ihnen wird unterstellt sie übten Kritik nur, um ihre Karriere zu befördern, und dann weist man sie mehr oder weniger dezent darauf hin, dass das ein Fehler sei, denn Rom sei ja gerade dabei, sich zum Traditionalismus der Piusbruderschaft zu bekehren. Dass Pflüger mit seiner Einschätzung des gegenwärtigen innerkirchlichen Zeitgeistes nicht ganz unrecht hatte, macht seine implizite Drohung nicht besser.
Dass Menschen nachdenken, Argumente für und wider eine Frage abwägen und dann ohne Rücksicht auf ihre Karriere zu Ergebnissen kommen, die eventuell vom konservativen Dogma abweichen, ist im frömmlerischen Klima eines starren Traditionalismus und kirchenpolitischen Machiavellismus anscheinend undenkbar. Tradition wird hier nicht als lebendiger Prozess verstanden, sondern als Konservierung eines bestimmten (freilich längst obsolet gewordenen) Zustands der katholischen Kirche sowie der dazugehörigen inhaltlichen Positionen. Wer es wagt, über den Tellerrand zu schauen und sich kritisch mit dem kirchlichen Denksystem auseinanderzusetzen, übt heimtückischen Verrat und muss zur Ordnung gerufen werden.
»Wir können auch anders. Wir haben noch mehr Material.«
Von da an brachte kreuz.net immer wieder demagogische Artikel über mich - inzwischen sind es über dreißig die ihre Wirkung nicht verfehlten. Verärgerte ehemalige Autoren sowie einige Verantwortliche der Zeitschrift Theologisches sahen nun ihre Stunde gekommen, um Einfluss auf meine Herausgeberschaft zu nehmen.
Die nötige Vorlage lieferte wieder kreuz.net , das alle vermeintlich negativen Informationen über meine Person begierig und ohne sie zu überprüfen aufgriff und veröffentlichte. Nachdem ich die extreme Homophobie der Internetseite kritisiert hatte, bezeichnete man mich in einer Schlagzeile vom 23. Mai 2007 als » Sothomistischen Theologen«, eine Wortschöpfung aus »Thomist« und »Sodomit«, was in der Sprache von kreuz.net bekanntlich Homosexueller bedeutet.
Über Umwege fand ich heraus, dass kreuz.net einen schwulen Informanten hatte, der mir viele Jahre zuvor in Köln einmal über den Weg gelaufen war. Er hatte offenbar sehr viel Zeit, und so durchforstete er zum Beispiel das Internet und gab auf diese Weise gewonnene Informationen an kreuz.net weiter oder verbreitete sie selber in diversen Internetforen für konservative Hitzköpfe. Später wurde ich von einem Bekannten darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Mann über sein Facebook-Profil mit sehr vielen Personen, die sich im konservativ-katholischen Lager tummelten, verlinkt war und dort ebenfalls ein reger Datenaustausch stattfand. Bei unserem einmaligen Zusammentreffen in Köln hatte ich mich länger mit dem Mann unterhalten, was sich schließlich als Fehler herausstellte, denn er interpretierte meine Freundlichkeit falsch, und ich war gezwungen, seine darauf folgenden Annäherungsversuche zurückzuweisen. Das muss ihn sehr verletzt haben, denn später gab er Informationen weiter, die er in unserem Gespräch gesammelt und danach phantasievoll ausgeschmückt hatte. Die Weitergabe erfolgte allerdings erst, nachdem er mir vergeblich angeboten hatte, sie gegen Zahlung einer beträchtlichen Geldsumme »zu vergessen« und nicht zu veröffentlichen.
Dass kirchennahe oder auch andere Medien auf zwielichtige Methoden wie die Nutzung von Informanten aus dem
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