Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
Meuterei zu tun bekommen werde. Doch nein. Nein. Hitchcock und Rennett fuhren mit dem Kajak den Berg entlang, bis sie längsseits von dem Dinghi der Calamari Maru waren, dann gab es eine kurze Diskussion, sehr kurz war sie, Hitchcock redete, und Rennett hielt die Laserwaffe ganz beiläufig, aber unmissverständlich in Bereitschaft. Die fünf ausgesetzten Männer sahen aus, als wären sie mehr oder weniger bei Bewusstsein. Sie fuchtelten mit den Armen, zeigten zu ihrem Schiff, hoben verzweifelt die Hände. Und Hitchcock redete einfach weiter, und Rennett streichelte weiter ihre Laserpistole, beiläufig, aber unmissverständlich, und von Minute zu Minute sahen die fünf Männer in dem Beiboot zunehmend niedergeschlagener aus. Dann wurde die Unterredung abgebrochen, und das Kajak kehrte zur Tonopah Maru zurück, und die Männer in dem Beiboot saßen weiter da wie zuvor und überlegten wahrscheinlich, was sie weiter unternehmen sollten.
Als er an Bord zurückkam, sagte Hitchcock: »Das ist 'ne verdammt böse Sache, Mann. Der Kapitän da sagt, die Frau hat ihm glatt das Schiffskommando weggenommen, bloß weil sie einfach wollte, dass sie alle zusätzliche Screen-Dosen kriegten, und er hat sie ihnen nicht gegeben. Er sagte, es ist nicht genug da, dass sie soviel kriegen kann, sagte er, und, Mann, ich komm' mir echt mies vor.«
»Ich auch, Mann«, sagte Carpenter. »Das kannste mir glauben.«
»Ich hab ganz früh mal gelernt«, sagte Hitchcock, »wenn einer dir sagt, ›glaub mir‹, dann musste dich genau davor in achtnehm' und das nicht machen.«
»Blöder Arsch!«, knurrte Carpenter. »Denkst du, ich will sie aussetzen? Aber uns bleibt keine andere Wahl. Sollen sie doch zu ihrem eigenen Schiff zurück. Sie wird sie schon nicht umbringen. Sie brauchen nichts weiter zu tun, als was sie verlangt, dann kommen sie schon heil davon. Sie kann sie auf irgendeiner Insel aussetzen. Aber wenn die bei uns mitkommen, stecken wir die ganze Zeit bis zurück nach Frisco dick in der Scheiße.« Und noch tiefer drin, sobald wir dort sind, fügte er stumm für sich hinzu.
Hitchcock nickte. »Yeah, aber möglich, dass wir jetzt schon tief in der Scheiße stecken.«
»Was sagst du da?«
»Schau dir den Berg an«, sagte Hitchcock. »Über der Wasserlinie. Der ist ganz dick angefressen.«
Carpenter hob sein Glas und schaltete den Biosensorboost ein. Dann suchte er den Eisberg ab. Dem machte die Hitze sehr zu schaffen.
Es war der bisher heißeste Tag, seit sie in diese Gewässer gelangt waren. Heute war es hier draußen beinahe so schlimm wie auf dem kontinentalen Festland, die Wirbel der Emissionsgase in der Höhe, die unablässig niederprallende Solarenergie, ein Strom verwüstender Infrarotstrahlung, der sich dort oben durch den Dunst ergoss und erbarmungslos auf die Erde niederregnete. Und die Hitze nahm ständig weiter zu. Die Sonne schien von Minute zu Minute größer zu werden. Vom Himmel hörte man widerliches magnetisches Knattern, wie wenn die Atmosphäre in diesem Backofen ionisiert würde.
Und der Eisberg begann tatsächlich zu wackeln und zu schwanken. Carpenter sah deutlich die Oszillationen, wie diese horizontalen Kerben sich mit Wasser füllten, und die See ging nicht mehr so ruhig, während sich die Differentialen aus Luft-Meeres-Temperaturen immer mehr aufbauten und widerstreitende Strömungen sich einschleusten.
»Verdammter Mist!«, sagte Carpenter. »Damit ist die Sache entschieden. Wir müssen sofort los!«
Es gab aber noch eine Menge zu tun. Pro forma funkte Caskie zu dem Kalmarschiff hinüber und warnte die Besatzung davor, dass sie jetzt anfangen würden, Spiegelstaub zu sprühen. Es erfolgte keine Antwort. Vielleicht war es denen ja egal, oder sie wussten nicht, was tun. Das Schiff ankerte noch immer vor der Eiszunge, und es sah so aus, als fänden zwischen den Männern im Beiboot und den Frauen an Bord Verhandlungen statt.
Carpenter erteilte den Befehl, und die Spiegelstaubpumpen setzten sich in Gang und schossen glitzernde Wolken von Metallpulver auf die exponierten Teile des Eisbergs – und höchstwahrscheinlich auch über das ganze Kalmarschiff und das Boot. Die Arbeit dauerte eine halbe Stunde. Die See wurde zunehmend rauer, und der Berg tanzte recht gemein und torkelig. Doch Carpenter wusste, dass darunter, unsichtbar, eine gewaltige Eisbasis lag – genug, so hoffte er, den Berg stabil zu halten, bis sie aufbrechen konnten.
»Bringen wir jetzt die Schürze an«, sagte er.
Eine verzwickte Sache
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