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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sei. Sie konzentrierte sich ausschließlich auf ihre Bitte um Hilfe und Carpenters herzlose Weigerung, sie zu gewähren. Als Kovalcik zu Ende gesprochen hatte, starrte ihr schreckliches Gesicht ihn noch weiter aus dem Visor heraus an, als hätte es sich in die Beschichtung des Visors gebrannt.
    »Captain Carpenter?«
    Also sollte er endlich seinen großen Auftritt vor Gericht haben. Er stand auf und wiederholte die ganze trübselige Geschichte erneut: das Hilfeersuchen von Kovalciks Schiff, die offensichtlichen Zeichen der Meuterei, die unter Drogen gesetzten Offiziere, ihre Aufforderung, sie zu sich an Bord zu nehmen; dann wie das Schiff voll lief und die drei Dinghis auf dem Wasser tanzten. Seine eigenen Worte und sein Verhalten kamen ihm auf einmal hohl und fragwürdig vor. Ich hätte sie aufnehmen müssen, egal was dann passiert wäre, sagte er sich. Selbst wenn sie alle auf der Rückfahrt verhungert wären. Selbst wenn sie in anderthalb Tagen kein Screen mehr gehabt hätten und durch Haut und Fleisch bis auf die Knochen verbrannt worden wären. Oder aber, andere zu ihrer Rettung herbeirufen? Aber er zog die Sache durch und machte weiter, schilderte die Abläufe, legte erneut seine Argumente dar, seine Selbstvorwürfe, die Argumentation zwischen Effizienz und Möglichkeit, er äußerte sein Bedauern und seine Reue über seine möglicherweise getroffenen Fehlentscheidungen.
    Und plötzlich hatte er keine Worte mehr und stand stumm vor dem Richter und der Protokollführerin.
    Das Schweigen war dröhnend. Was würde jetzt geschehen? Das Urteil? Eine Strafe?
    O'Reilly schlug mit seinem Hämmerchen auf den Tisch. Dann wandte er das Gesicht ab, als vertiefte er sich in einen anderen ihm vorliegenden Fall.
    »Muss ich warten?«, fragte Carpenter.
    »Die Verhandlung ist vertagt«, sagte die Gerichtsassistentin, nahm ein Aktenpaket auf, schien jegliches Interesse an ihm verloren zu haben, nicht dass sie überhaupt je dergleichen gehabt hätte.
    Kein Mensch sagte etwas zu ihm, als er das Gebäude verließ.
    Eine halbe Stunde später, als er im Dunsmuir, seiner Hotelabsteige, angelangt war, platzierte er einen Ruf an Tedesco unter der Samurai-Nummer, die er erhalten hatte. Er rechnete mit dem üblichen Ringeltanz, wie er bei Großunternehmen üblich ist, doch zu seiner Verblüffung kam Tedesco fast sofort auf den Schirm.
    »Du warst nicht dort!«, sagte Carpenter. »Weshalb nicht, verdammt noch mal?«
    »Das war nicht nötig. Ich habe das Protokoll erhalten.«
    »Schon? Das war aber verdammt schnell. Was wirst du jetzt weiter unternehmen?«
    »Unternehmen? Was sollte ich unternehmen? Du stehst wegen fahrlässiger Pflichtverletzung unter Anklage. Die Hafenbehörde hat dein Seepatent eingezogen. Höchstwahrscheinlich wird Kyocera jetzt gegen uns prozessieren, weil wir ihre Leute da draußen im Pazifik haben krepieren lassen. Und das könnte ganz schön teuer werden. Wir müssen aber abwarten und sehen, was kommt.«
    »Und? Werde ich zurückgestuft?«, fragte Carpenter.
    »Du? Nein, du wirst gefeuert.«
    »Was? Gefeuert? « Carpenter kam es vor, als hätte man ihn angestochen, und ihm ginge die Luft aus. Er rang nach Luft. »Bei dem ersten Hearing sagtest du, dass die Firma hinter mir steht. Und jetzt bin ich gekündigt? So steht ihr also hinter mir?«
    »Die Lage hat sich verändert, Carpenter. Da wussten wir noch nicht, dass es Überlebende gibt. Überlebende verändern die ganzen Umstände, verstehst du? Kyocera verlangt deinen Kopf auf 'nem Silbertablett, und wir werden ihnen den geben. Wenn es keiner überlebt hätte, dann hätten wir dich vielleicht weiter behalten, weil das Ganze bloß eine rein interne Angelegenheit geblieben wäre, die nur die Oakland-Hafenbehörde und Samurai betroffen hätte – dein Wort gegen das deiner Besatzung, eine Dienstrangsache, weiter nichts –, aber jetzt tauchen da plötzlich Leute auf, die in der Öffentlichkeit schwere gehässige Anschuldigungen erheben. Es gibt einen gewaltigen Stunk. Wie sollen wir dich bei sowas halten, Carpenter? Wir hätten das Ganze gern in aller Stille erledigt, und dann hättest du bei uns weitermachen können, aber jetzt geht das nicht mehr, nicht mehr, seit sich Überlebende gemeldet haben und aussagen, und damit kriegt die ganze Firma ein Scheiß-Image. Glaubst du im Ernst, wir könnten dich jetzt auf 'ne andere Position versetzen? Deine nächste Aufgabe ist, dass du dich um einen neuen Job kümmerst, Carpenter. Du hast dreißig Tage, und du hast verdammtes

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