Der hellste Stern am Himmel
nicht mehr auf eine Nachricht von ihm warten. Sie würde aufhören, sehnsüchtig und hoffnungsvoll zu warten. Und selbst wenn er sich voller Zerknirschung vor ihr niederwerfen würde, würde sie ihn abweisen.
Sie fuhr auf den Randstreifen.
»Was ist los, Sally?« Ellen war verwirrt.
Entschlossen löschte Lydia Gilberts Nummer. Bitte sehr! Gelöscht. Selbst in betrunkenem Zustand könnte sie ihn jetzt nicht mehr anrufen. Dann kam ein schwieriger Moment, wo sie glaubte, sie müsste weinen – die Sache mit ihrer Mutter setzte ihr wirklich zu –, aber sie lehnte den Kopf an die Kopfstütze, bis die Tränenflüssigkeit verlaufen war.
Dann blickte sie nach vorn, Richtung Boyne, und fuhr wieder los.
SIEBENUNDDREISSIG TAGE …
Matt und Maeve zogen sich um und gingen ins Bett, und dann war der Moment da, um den dreifachen Segen des Tages aufzuschreiben. Zurzeit ging das Matt flüssig von der Hand. Auch an diesem Abend schrieb er:
»Kein geheimnisvoller Eisbrocken ist auf mein Auto gefallen.
Kein geheimnisvoller Eisbrocken ist auf mein Haus gefallen.
Kein geheimnisvoller Eisbrocken ist auf meine Frau gefallen.«
Dazu brauchte er zehn Sekunden – kein schwieriges Nachdenken, kein Erforschen der Seele, einfach zack, zack, und das war’s.
Lang, nachdem Matt fertig war, saß Maeve immer noch tief in Gedanken versunken da und kritzelte mit ihrem goldenen Kuli vielzackige Gipfelformationen in ihr Heft. Es gab sehr wohl gute Dinge, auch heute hatte es viel Segen gegeben.
Schließlich schrieb sie: »Der erste Segen heute: Matt hat mich nicht verlassen.«
Nach einer längeren Pause schrieb sie: »Der zweite Segen heute: Ich habe Matt nicht verlassen.«
Und der dritte? Ihr fiel nichts ein. Sie klappte das Heft zu und betrachtete den Umschlag, das Chagall-Bild. Das Einzige, was die Frau auf der Erde hielt, war der Mann, aber sein Griff um ihre Hand schien ihr kaum Halt zu geben. Es wäre so leicht, sie loszulassen, und wenn er das täte, würde sie in den Himmel entschweben und wäre für immer verloren.
Sie klappte das Heft wieder auf. Der dritte Segen heute? Der dritte Segen, nun mach schon, trieb sie sich selbst an.
Schließlich schrieb sie mit einem Anflug von Resignation: »Ich hatte keine Panikattacke.« Dann schlug sie das Heft zu und schaltete das Licht aus.
Nur eine Sache, die ich erwähnen sollte, weil sie so sehr seltsam ist: Wenn Maeve morgens unter der Dusche steht, hat sie ihren Badeanzug an, als wäre sie in »Big Brother«.
SECHSUNDDREISSIG TAGE
»Bin auf dem Weg, lass sie nicht gehen.«
Katie war spät dran, sie rannte die Treppe runter, und wahrscheinlich, weil sie ihr Handy in der Hand hielt, ließ sie die Gedanken, die in den letzten drei Tagen immer wirklicher geworden waren, endlich zu. Conall hat seine Lektion gelernt, er möchte sein Leben mit dir verbringen, es ist ihm ernst. Sie war zu streng mit ihm gewesen, als sie auf dem Ring bestanden hatte – er hatte spontan gehandelt, aus überschäumenden Gefühlen heraus. Letztendlich, dachte sie, lief es darauf hinaus: Er hatte um ihre Hand angehalten. Und er hatte gesagt, dass er sie liebt …
Fast war sie so weit nachzugeben. Warum länger leiden?
Vielleicht sollte sie ihn einfach anrufen, ein wenig plaudern, gucken, was sich ergab – Moment mal! Diesen Lieferwagen kannte sie doch! Der vor ihrem Haus parkte und den sie nie wieder zu sehen erwartet hatte. Es war Cesar, der Blumenlieferant.
Oh, Conall .
Cesar sprang vom Fahrersitz. »Morgen, Katie.« In den vergangenen zehn Monaten hatte Conall so oft Blumen geschickt, dass Katie mit Cesar recht vertraut war.
Cesar ging nach hinten zum Laderaum, und Katie folgte ihm. Das Herz wurde ihr leicht, so leicht, die Sonne war hinter einer dichten Wolkendecke hervorgebrochen.
Cesar beugte sich in den Innenraum vor, und Katie versuchte über seine Schulter hinweg einen Blick zu erhaschen. Wie groß der Strauß wohl sein würde, fragte sie sich. Die Größe wäre ein Hinweis auf die Ernsthaftigkeit von Conalls Absichten.
Unter lautem Knistern der Zellophanhülle zog Cesar einen Strauß hervor, einen absolut riesenhaften Strauß. Aber irgendetwas daran war seltsam, denn er bestand aus merkwürdig spitzen Blüten, scharf, geradezu aggressiv. War das … eine Distel …, die da mitten in dem Strauß steckte? Normalerweise schickte Conall Lilien – Casablanca-Lilien, Callas-Lilien, elegant und wohlduftend. Warum schickte er diese hässlichen, spitzen Dinger?
Mit Unbehagen streckte Katie die Arme
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