Der hellste Stern am Himmel
noch –, hatte Lydia ihm entschlossen die Hand auf die Brust gelegt und gesagt: »Sie bleiben hier und reden mit Bryan.«
Allerdings war Bryan kein sonderlich begnadeter Gesprächspartner. Seine bevorstehende Hochzeit schien ihn so sehr zu belasten, dass er kaum sprechen konnte. Irgendwann murmelte er etwas von einer Zigarette, und danach sah Conall ihn nicht wieder.
Anfangs hatte er BusAras Jesse für den interessanteren Menschen gehalten. Der schilderte Conall in aller Ausführlichkeit, wie er Sissy in der Schlange beim BusAras, Dublins zentralem Busbahnhof, kennengelernt hatte. Irgendwas mit einem Gespräch über das Wort »griesgrämig«,
an dem sich mehrere Hundert Fahrgäste beteiligt hatten. Dann hatte Jesse von all den Ländern erzählt, in denen er Bungeejumping gemacht hatte. Und dass er vorhatte, auf einer schwarzen Piste, wo schon viele tödlich verunglückt waren, Snowboarding zu machen. »Es ist gegen das Gesetz, aber ich kenne da jemanden. Gaddafis Leibgarde trainiert auch dort.« Was sollte das mit den Menschen aus der südlichen Hemisphäre und ihrem Hang zu extremen Sportarten? Und hatte Gaddafi wirklich eine Leibgarde?
Dann forderte Jesse ihn zu einem Wettbewerb heraus, wer es am längsten unter Wasser aushielt, aber Conall lehnte dankend ab, worauf Jesse überrascht und beleidigt schien. »Wie Sie wollen, Mann«, sagte er und zog verärgert ab, so dass Conall allein mit seinem BlackBerry zurückblieb.
»Möchten Sie noch etwas zu trinken?« Die Kellnerin war an den Tisch getreten.
»… Eh … noch eine Flasche, bitte.«
»Sehr gern. Noch etwas?«
Conall war schwer versucht. Es gab zu essen. Aber das konnte er nicht tun – ein erwachsener Mann, der in einem Nachtclub Schokoladeneis aß, das wäre zu lächerlich. Kokain, das nahm man in einem Nachtclub zu sich, nicht Eis. »Nein, vielen Dank. Nur noch eine Flasche von dem Zeug da, weiter nichts.«
Als sie gegangen war, begann Conall, sich Gedanken zu machen. Er hatte Lydia so lange nicht gesehen, vielleicht waren sie und ihre Freunde einfach gegangen. Er stand auf und versuchte sie auf der Tanzfläche auszumachen, und plötzlich stand sie unmittelbar vor ihm.
»Wir waren oben beim Pool«, sagte sie. »Er ist sehr klein.« Dann bespritzte sie ihn mit Wassertropfen von ihren noch nassen Händen und rannte lachend davon.
Langsam wischte er sich die Stirn mit dem Ärmel trocken. Er hatte die Nase voll. Es gefiel ihm hier nicht. Er war in allen Clubs in Dublin Mitglied, für den Fall, dass eine schattenhafte Gestalt in einen Club gehen wollte, aber persönlich interessierte ihn so etwas nicht, und dieser schien schlimmer als die meisten anderen. Ihm war aufgefallen, dass er nicht der einzige Mann mit einer Schar jüngerer Frauen im Schlepptau war; der Unterschied bestand allein darin, dass die jüngeren Frauen in seiner Begleitung keine Russinnen waren. Plötzlich fühlte Conall sich fehl am Platz und ausgebeutet und ausbeuterisch und dazu recht unglücklich. Es lag ihm eigentlich überhaupt nicht, ein Scheitern zuzugeben, aber das hier war nichts für ihn. Man sucht sich seine Schlachten aus, und es war ihm gleichgültig, ob er diese gewann.
Unvermittelt dachte er an Katie.
SECHSUNDZWANZIG TAGE …
Als die Eröffnungssequenz von Dein eigenes Paradies begann, beugte Katie sich auf ihrem Platz nach vorn. In dem kleinen Raum saßen die Zuschauer dicht gedrängt: Jemima, Grollo, Grainne Butcher, Mervyn Fossil, Alina und eine große Anzahl Techniker und Freie. Sie alle saßen zusammen auf dem Sofa, praktisch übereinander.
Sie sahen die Rohfassung – die noch mit Musik unterlegt werden musste –, aber es war ein bedeutender Augenblick, denn bisher hatte niemand außer Grainne eine Episode als Ganzes gesehen.
Dann kam die erste Einstellung mit Fionn! Er stand auf einem Hügel und blickte versonnen zum Horizont. Katie drückte seine Hand, die vor Nervosität schweißnass war.
Fionn hatte sie im Büro angerufen. »Grainne hat gesagt, die erste Folge ist fertig. Wir gucken sie uns heute Abend an. Es wird ein kleines Fest. Kommst du auch?«
Sie war überrascht und gerührt, besonders, da sie ihm ihre Büronummer nicht gegeben hatte. »Alina hat sie für mich rausgesucht«, gestand er.
Gebannt sah Katie auf den Bildschirm und hoffte inständig, dass die Sendung nicht der letzte Mist war. Wenn es Mist war? Was sollte sie dann sagen? Mutig , das war ein gutes Wort. Erstaunlich ging auch.
Besorgt stellte sie fest, dass die Kamera Fionns gutes
Weitere Kostenlose Bücher