Der Herr Der Drachen: Roman
seine Hand jedoch ihre glatte Haut berührte, bemerkte er, wie das seltsame Vibrieren in seiner Brust wieder einsetzte, sein eigener Atem fühlte sich heißer an, und sein Blut schoss ihm durch die Adern. Er spürte die Verbindung zwischen sich und Marathin wie ein glühendes, lebendiges Band, das straff gespannt war. Behutsam streckte er seinen Geist nach ihrem aus. Einen Moment lang erahnte er ein Aufblitzen von Kontrolle, und ein Wort durchzischte ihn, doch es ging so schnell, dass er es nicht verstehen konnte. Marathin bewegte sich. Ihr Kopf fuhr herum, und mit einem Schrei machte sie einen
Satz auf ihn zu, ihren Nacken in einem schier unmöglichen Winkel zurückgelegt, die Reißzähne entblößt. Tallis wich zurück, jedoch nicht schnell genug, um dem Peitschen ihres Flügels zu entgehen. Harte Sehnen und Membrane rammten seine Brust, und er stürzte rückwärts zu Boden, während der Drache in die Luft stieg.
In seinen Ohren rauschte es, als sein Kopf auf dem Boden aufschlug, und der Luftzug von Marathins Abflug wirbelte ihm seine Haare um den Kopf und trieb ihm Staub in die Augen.
»Tallis!« Jared kniete neben ihm und half ihm auf die Füße. »Was ist geschehen?«
Seine Brust pochte schmerzhaft. »Ich weiß es nicht.« Er strich sich das Haar aus dem Gesicht und spürte Brens durchdringenden Blick auf sich ruhen.
»Was hast du getan?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Brens Augen wurden schmaler, und hinter ihm kauerte sich Haraka zusammen. Ihr Schwanz wischte über den Steinboden hin und her. »Du bist ein Lügner, Clansmann.«
»Hüte deine Zunge, Feuchtländer.« Jared drehte sich zu ihm um.
»Nein.« Tallis legte ihm eine Hand auf den Arm. »Lass gut sein.«
Der Klang von Stiefeln auf Stein war zu hören, und als Tallis aufblickte, sah er Attar zu ihnen zurückkehren, ein Weinglas in der Hand. »Was ist geschehen?«
»Es war der Clansmann.« Bren machte mit dem Kinn eine Bewegung in Tallis’ Richtung.
»Schon wieder?« Attar musterte Tallis.
»Ich bin mir nicht sicher, ob es so eine gute Idee war, sie mitzunehmen«, knurrte Bren. »Die Drachen mögen sie nicht; sie …«
»Geh hinein, Bren«, schnitt Attar ihm das Wort ab. Die Lippen des jüngeren Mannes wurden schmal, und der Ausdruck auf seinem Gesicht verdüsterte sich, aber er trottete davon und verschwand in dem nächsten Gang.
Tallis stand ganz still da und fragte sich, was der Krieger nun
tun würde. Aber der ältere Mann machte nicht den Eindruck, erbost zu sein. Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas und ließ den Blick schweigend auf Tallis ruhen. Die Sonne versank langsam, und das Licht um sie herum war staubig und weich. Eine etwas kühlere Brise wehte herein. Attar legte den Kopf in den Nacken und atmete lang und tief ein.
»Ganz anders als die Wüstenluft.« Er sah Jared und Tallis an. »Weicher, und es riecht auch ganz anders, nicht wahr?«
Die beiden bewegten sich nicht, und Attar leerte sein Weinglas mit einem Zug. »Kommt mit hinein, wir essen was, trinken ein wenig Wein, und dann reisen wir morgen weiter nach Salmut. Morgen sieht die Welt für Bren schon wieder anders aus.« Er lächelte leicht, hob sein leeres Glas in Tallis’ Richtung, drehte sich um und winkte Jared und ihn mit einem Arm zu sich. »Kommt! Es sind auch Frauen aus Shalnor da!« Ohne sich zu vergewissern, dass sie ihm folgten, ging er davon.
Tallis sah zu Jared, verblüfft über die Reaktion des Feuchtländers. Aber es blieb ihnen wenig Zeit zum Nachdenken; Attar war bereits von der Dunkelheit verschluckt worden.
»Na los«, sagte Jared mit einem Achselzucken und zog ihn am Arm. »Ich bin sowieso hungrig.«
Und Tallis war es ebenfalls, wie ihm mit einem Mal auffiel. Ihm war nicht wohl dabei, aber ihm fiel auch sonst nichts ein, was sie hätten tun können, und so folgte er Jared ins Gebäude.
Kein Wort wurde mehr über die Angelegenheit verloren. Vilan gab ihnen eine Mahlzeit aus, und sie verbrachten den Rest des Abends damit, über dem Feuer gebratenes Ziegenfleisch zu verspeisen und die argwöhnischen Blicke der Männer zu ertragen. Die Frauen, von denen Attar gesprochen hatte, entpuppten sich als Vilans Töchter. Sie hatten blasse Augen und Haare in der Farbe des roten Erdbodens, und sowohl Tallis als auch Jared stellten fest, dass sie zum Objekt ihrer vereinten Faszination wurden.
Jared war charmant wie eh und je, und es gelang ihm, einer der Töchter ein Lächeln zu entlocken. Den Großteil des Abends verbrachten die
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