Der Herr der Falken - Schlucht
schlug hart zu. Sie stürzte auf die Holzplanken. Ein schmerzhafter Stich durchfuhr sie. Er stand drohend über ihr, die Hände an den schmalen Hüften, und blickte verächtlich auf sie hinunter - sichtlich mit sich zufrieden.
»Wie schön, dich zu meinen Füßen liegen zu sehen. Das steht dir gut an. Von nun an wirst du in Demut zu mir sprechen. Hast du verstanden, Chessa?«
Sie hob den Kopf und schluckte ihre Beschimpfungen hinunter, die nur zu weiteren Mißhandlungen geführt hätten.
»Ich habe dich etwas gefragt, Chessa. Antworte mir.«
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und sie brachte kein Wort hervor.
Er versetzte ihr einen Fußtritt. Sie zuckte vor Schmerz zusammen und schlang die Arme um ihren Leib.
»Antworte!« Seine Stimme überschlug sich.
»Ihr wollt sie doch nicht umbringen, Mylord«, warf Kerek ein. »Vielleicht hat ihr die Angst die Sprache verschlagen.«
»Halt den Mund, Kerek. Sie ist hochmütig und trotzig und hat mehr Eigensinn als hundert Weiber. Den werde ich ihr austreiben. Sie hat mir Gift gegeben. Wäre ich nicht so kräftig, hätte ich sterben können.«
Sie rappelte sich auf die Knie, legte die Handflächen auf die Schiffsplanken, und der Schmerz in ihren Rippen machte ihr das Atmen schwer. »Warum hast du mich hierher gebracht?«
Er hob wieder den Fuß, doch Kerek legte ihm die Hand auf den Arm und versuchte ihn zu beschwichtigen: »Das war eine bescheidene Frage. Sie weiß nicht, warum Ihr sie entführt habt. Sagt es ihr, und sie wird lammfromm sein.«
Dieser Kerek war mit Blindheit geschlagen. Die Hexe würde nie lammfromm sein, das wußte Ragnor genau, dennoch versagte er sich einen weiteren Tritt. Als er abermals mit dem Fuß ausholte, zuckte sie verängstigt zusammen, und das gab ihm Genugtuung. Vielleicht hatte Kerek recht. Vielleicht hatte er ihr damit bewiesen, daß sie ihn als Gebieter akzeptieren mußte. »Paß auf«, begann er und nahm wieder in seinem Lehnstuhl Platz. Sie kauerte auf Händen und Knien vor ihm, und ihr Haar hatte sich aus dem schweren Zopf gelöst. Dieses sündig schwarze Haar, das so dunkel war wie das Haar der heidnischen Pikten, die im Norden in dem wilden Land der Schotten lebten und immer wieder abgelegene Höfe überfielen und Schafe, Kühe und Frauen stahlen. Allerdings glänzte ihr Haar im Gegensatz zu den verfilzten, speckigen Schöpfen der Pikten. Eigentlich war sie recht ansehnlich. Ihre Augen waren merkwürdig grün und erinnerten an Moos. Er hatte vergeblich versucht, sie zu beschlafen; sie hatte sich gewehrt wie eine Wildkatze. Und in seltenen aufrichtigen Momenten gestand er sich ein, daß es falsch von ihm war, sie verführen zu wollen. Sie war eine Prinzessin, und selbst der künftige Herrscher des Danelagh hatte kein Recht, eine Prinzessin zu besteigen und anschließend seiner Wege zu gehen.
Heiraten wollte er sie allerdings nicht. Er wollte Inelda, die Tochter eines norwegischen Edelsteinhändlers aus York, deren Haar weißblond glänzte und deren Augen veilchenblau strahlten. Bei Freya, er begehrte sie, doch sein Vater bestand darauf, daß er diese Chessa heiratete, die verfluchte Schlampe, die ihn abgewiesen und vergiftet hatte, die schuld daran war, daß er drei Tage kotzte wie ein Reiher. Inelda hatte ihn nur abgewiesen, weil sie unschuldig und schüchtern war. Sie hatte nicht wirklich nein gesagt, sie hatte nur geflüstert, sie fürchte sich, nicht vor ihm, sondern davor, was passierte, wenn sie ein Kind bekäme. Was sollte dann aus ihr werden? Sie hatte große Angst. Er vergötterte sie wegen dieser Angst. Sobald er mit Chessa verheiratet war, würde er Inelda holen und sie zu seiner Geliebten machen. Er würde mit ihr leben, denn er begehrte sie rasend.
»Paß auf«, wiederholte er, als Chessa den Kopf hob und zu ihm aufblickte. »Du willst wissen, warum du hier bist. Ich bringe dich nach York. Dort werden wir heiraten. Du wirst die zukünftige Königin des Danelagh sein.«
»Wie ich sehe«, entgegnete sie gedehnt, »läßt du dir von deinem Vater immer noch sagen, was du zu tun hast.«
Er beugte sich vor, packte sie am Mieder und zog sie hoch, bis ihr Gesicht dem seinem sehr nah war. »Halt den Mund, oder du wirst es bitter bereuen.« Er bebte vor Wut. »Ich hätte gute Lust, dich bewußtlos zu prügeln. Aber ich tue es nicht. Ich werde dich mit Worten unterwerfen und peitschen. Gib zu, Chessa, daß du mich begehrt hast, du hast mich geliebt, du wolltest mich damals in Dublin heiraten. Du wolltest mit mir schlafen.«
Zu
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