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Der Herr der Falken - Schlucht

Der Herr der Falken - Schlucht

Titel: Der Herr der Falken - Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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nämlich zwei Papas.«
    »Was?«
    »Keiner von uns konnte sie überreden, etwas zu essen. Sie magerte ab, lachte nicht mehr, redete kaum noch. Wir haben alles versucht.«
    »Ja«, setzte Gunleik hinzu. »Ich habe ein Messer für sie geschnitzt, aber sie hat es nicht mal angeschaut.«
    »Schließlich konnte Chessa das Elend nicht länger mitansehen. Sie eröffnete Kiri, sie sei ihr zweiter Papa, wenn du nicht da bist. Ich weiß nicht, was sie ihr noch alles einredete, jedenfalls aß Kiri am nächsten Morgen eine ganze Schüssel von Uttas Haferbrei.«
    Rorik seufzte. »Ich ließ mich von Chessa beschwatzen, sie mitzunehmen, weil Kiri sonst wieder die Nahrung verweigert hätte und dahingewelkt wäre wie ein Blatt im Herbst. Ich hatte keine andere Wahl, Cleve.«
    Cleve starrte ins Feuer, in das der Saft der beiden aufgespießten Fasane tropfte. Einer der Spieße begann anzubrennen. Um zu verhindern, daß der köstliche Braten in den Flammen verkohlte, zog Cleve ihn weg.
    »Papa, was tust du jetzt?«
    »Vielleicht entschließt sich Chessa doch noch, Ragnor zu heiraten.«
    Seine Tochter bedachte ihn mit einem angewiderten Blick.
    »Du hast recht«, nickte er, zog den Vogel am Flügel und verbrannte sich die Finger dabei.
    Merrik nahm den Fasan und legte ihn ehrfurchtsvoll auf einen Felsen, um ihn abkühlen zu lassen. »Ich hätte dir das Nasenbein gebrochen, wenn du ihn in den Sand hättest fallen lassen«, bemerkte er beiläufig.
    »Kiri, versprich mir«, beschwor Cleve sie, »jetzt auf der Stelle etwas zu essen, wenn ich sie zurückhole. Ein paar Happen von dem Fasan, den dein Onkel anstarrt wie ein ausgehungerter Geier.«
    Das kleine Mädchen studierte das Gesicht des Vaters und strich ihm durch den goldenen Bart. Mit zwei Fingern zog sie dann einen Streifen Heisch von dem gebratenen Vogel.
    »Papas Braten schmeckt auch gut«, sagte sie, nachdem sie hinuntergeschluckt hatte.
    »Aber ich koche gar nicht...«
    »Sie meint ihren zweiten Papa.«
    Cleve blickte über den Kopf seiner Tochter hinweg. Nichts stimmte mehr, seit ihm diese Chessa über den Weg gelaufen war.
    Kiri kaute an einem weiteren Stück Fleisch, das ihr Onkel Rorik gereicht hatte. »Zwei Papas sind gut«, sagte sie und leckte sich die Finger.
    »Ja, dann wirst du von zwei Seiten verwöhnt, bis du so unausstehlich und verzogen bist wie Ragnor«, sagte Cleve und küßte ihr zärtlich den Scheitel. Zu Rorik gewandt sagte er: »Kerek erwartet, daß wir handeln. Wir brauchen einen Plan, den nicht einmal er durchschaut.«
    »Ja«, nickte Hafter, der mit verschränkten Beinen neben Cleve saß. »Er ist sehr klug. Eine beängstigende Eigenschaft bei einem Feind.«
    Plötzlich lächelte Cleve und wirkte gefährlich und grausam. Das Lächeln verzerrte sein narbiges Gesicht zu einer satanischen Fratze. »Ich habe eine Idee. Kerek wird uns nicht auf die Schliche kommen«, feixte er und rieb sich die Hände.

KAPITEL 13
    An der langen Tafel in der fensterlosen Halle saß Chessa Ragnor gegenüber. Ölkännchen, in denen flackernde Dochte steckten, waren auf dem Eichentisch verteilt. In schweren Eisenhaltern an den Wänden steckten Pechfackeln. Je zwei Wachen flankierten die Eingänge an den Giebelseiten. Der Raum war niedrig, die Holzbalken rauchgeschwärzt. Früher mußte hier einmal eine Kochstelle gewesen sein. Der reich geschnitzte Lehnstuhl des Königs war noch leer. Kerek saß neben ihr. Ragnor lächelte träge wie ein Luchs in der Sonne.
    »Ich habe nicht daran geglaubt, daß Kerek dich doch noch herbeischafft.« Ragnor biß in einen Kanten Brot und kaute schmatzend mit offenem Mund. »Utta wäre mir lieber gewesen.«
    »Utta ist verheiratet, du Narr«, entgegnete sie, biß ihrerseits vom Brot und kaute gleichermaßen laut schmatzend.
    »Hör auf!« Ragnor warf sein Brot wütend auf den Tisch. »Du stößt mich ab. Du siehst häßlich aus.«
    »Glaubst du, dein Schmatzen stößt mich nicht ab, und du siehst nicht häßlich dabei aus?«
    »Prinzessin«, mahnte Kerek. »Bitte reizt ihn nicht. Er versteht Euren Humor nicht.«
    »Halt den Mund, Kerek. Du verstehst überhaupt nichts. Hör zu, Chessa, ich verprügle dich.« Damit beugte er sich über den Tisch. »Ich hole eine Peitsche aus den Ställen und peitsche dir den nackten Rücken. Das wird dich lehren, dich über mich lustig zu machen.«
    »Dein Ärmel hängt in den Erbsen, Ragnor, wie unappetitlich.«
    »Prinzessin! Hoheit! Ich muß doch bitten!« mahnte Kerek erneut. »Hier kommt der König. Ich bitte euch

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