Der Herr der Falken - Schlucht
erhalten. Warum, elender Hund? Was hat das zu bedeuten? Spielst du nur den Handlanger in Ragnors grausamen Spielen?«
Kerek hob beschwichtigend die Hand und wandte sich an Chessa. »Wenn Ihr freiwillig mit mir kommt, Prinzessin, wird Olaf das Kind seinem Vater aushändigen. Es ist ein einfacher Tausch.«
»Papa.«
»Schon gut, Liebling. Sei still.«
»Er soll mich loslassen, Papa.«
»Gleich, mein Schatz.« Cleve blickte zu Chessa. Ihr Gesicht leuchtete sehr bleich im Schein des ersten Morgengrauens, und ihre Hand umklammerte immer noch den Griff des Messers. Kerek hatte beinahe ehrfürchtig von Chessa gesprochen, von ihrer Kraft, ihrem Willen, der großen Zukunft, die sie dem Danelagh bescheren würde.
Cleve wandte sich an Kerek. »Du wolltest, daß es so kommt, soviel ist klar. Aber du konntest nicht wissen, daß Chessa Kiri mitbringt. Gib mir eine Erklärung, Kerek.«
»Auf unserer Fahrt nach York schmiedeten Torric und ich einen Plan. Torric unterrichtete König Olric von unserem Vorhaben, dich zu betäuben. Ich habe euch am Leben gelassen, da ich euch trotz aller Widrigkeiten als Freunde betrachte. Ragnor vergißt, daß du uns das Leben gerettet hast, Rorik. Ich habe es nie vergessen. Der König schickte eine Abordnung seiner Männer zur Habichtsinsel mit einem Angebot, wonach alle Gefangenen im Austausch für die Prinzessin freigelassen werden.«
»Es ist nie eine Abordnung des Königs auf der Habichtsinsel angekommen«, entgegnete Rorik.
Kerek hob die Schultern. »Anscheinend haben sie die Insel verfehlt, obwohl sie genaue Anweisungen von Torric hatten.«
»Der Sturm«, sagte Rorik gedehnt. »Ein furchtbares Unwetter, das fast vier Tage dauerte. Vermutlich sind sie gekentert und ertrunken.«
»Daran habe ich auch gedacht. Oder sie sind vom Kurs abgekommen. Ich wußte aber auch, daß du kommen würdest, um Merrik zu befreien. Ragnor wollte alle Gefangenen umbringen, hätte sein Vater es ihm nicht untersagt. Ich ließ Posten aufstellen, die auf euch warteten. Und ihr seid gekommen, Rorik. Einer meiner Männer gab mir Bescheid. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich die Prinzessin und das kleine Mädchen sah und wußte, daß die Götter meinen Plan gutheißen. Die Götter segnen mein Vorhaben zur Rettung des Danelagh. Sie führten mir die Prinzessin und das kleine Mädchen zu.«
»Du bist wahnsinnig, Kerek«, stieß Cleve hervor. »Chessa ist eine einfache Frau, mehr nicht. Du machst dir ein falsches Bild von ihr.«
Kerek schüttelte lächelnd den Kopf. »Es tut mir leid, wenn du sie liebst, Cleve. Doch sie ist zu Höherem bestimmt. Prinzessin, kommt zu mir und Kiri kann zu ihrem Vater.«
Merrik lachte bitter. »Chessa bleib, wo du bist. Kerek wird Kiri nicht töten. Das ist alles nur ein schlechter Scherz. Das Spiel kannst du nicht gewinnen, Kerek.«
»Ich habe bereits gewonnen«, entgegnete Kerek seelenruhig. Hafter trat einen Schritt vor. Der Kreis wurde enger. »Halt! Stehenbleiben! Keine Bewegung! Sonst stirbt das Kind. Ihr zwingt mich, das Mädchen zu töten. Es hängt alles von der Prinzessin ab. Kommt Ihr zu mir, Prinzessin? Erst dann läßt Olaf die Kleine zu ihrem Vater.«
»Wenn sie stirbt, bist du ein toter Mann, Kerek.«
»Das weiß ich, Cleve. Und es kümmert mich nicht. Alles, was ich will, ist die Prinzessin. Ich muß sie haben.«
»Abgemacht«, sagte Chessa, die das scharfe Messer immer noch gegen Ereks Kehle drückte. »Ich stimme dem Tausch zu.«
»Chessa«, entfuhr es Cleve dumpf. »Ich kann dich nicht für Kiri eintauschen.«
»Ich weiß«, sagte sie. »Es ist meine Entscheidung.«
Kerek lächelte ihr zu und wandte sich an Olaf: »Laß die Kleine zu ihrem Vater.«
»Aber die Frau drückt Erek immer noch das Messer an die Kehle.«
»Sie gibt ihn frei, sobald das Mädchen in Sicherheit ist. Tu, was ich dir sage!«
Olaf war völlig verdattert, ließ aber Kiri los. Die Kleine stand einen Moment reglos da, blickte unschlüssig von Cleve zu Chessa.
»Geh, Kiri, geh zu deinem Papa! Ich komm schon zurecht. Geh!«
»Aber du hast mir selbst gesagt, ein Papa ist nicht genug ...«
»Ich weiß, Liebling. Aber die Dinge haben sich geändert. Dein Papa paßt gut auf dich auf. Geh jetzt.«
Cleve ließ Chessa nicht aus den Augen, als Kiri in seine Arme flog. Er hielt seine Tochter an sich gedrückt, doch sein Blick war weiterhin an Chessas bleiches, gefaßtes Gesicht geheftet. Langsam ließ sie das Messer sinken und trat einen Schritt zurück. Dann händigte sie die Waffe mit
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