Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Habichts - Insel

Der Herr der Habichts - Insel

Titel: Der Herr der Habichts - Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
achselzuckend. »Er ist ein alter Mann. Vielleicht stirbt er bald.« Nach kurzer Pause fügte sie hinzu: »Vielleicht verhelfe ich ihm auch zu seinem wohlverdienten Ende.«
    Einar ließ lachend ihre Hand los und nahm einen tiefen Schluck. »Deine Worte gefallen mir. Doch du mußt vorsichtig sein, Mirana.« Mit einem Stirnrunzeln setzte er hinzu: »Du hast dich erstaunlich verändert.« Dann schüttelte er den Gedanken ab. »Berichte, was Rorik Haraldsson dir angetan hat. Hat er dich sehr schlecht behandelt? Lüg mich nicht an, Mirana. Edmund und Ingolf haben mir bereits alles erzählt. Auch deine fadenscheinige Lüge, daß du mit diesem Rorik verheiratet bist. Sie berichteten, daß Sira ihnen sagte, wie gemein du von ihm und seiner Familie behandelt wurdest. Sira sagte, er habe dich so sehr gehaßt, daß er dich sogar auspeitschte. Hat es weh getan, Mirana? Wie hat er dich ausgepeitscht?«
    Ihr war speiübel. »Du stellst viele Fragen, Einar. Was möchtest du zuerst wissen?«
    Er beugte sich näher zu ihr. »Wie hat er dich ausgepeitscht?«
    »Es ist nicht angenehm, ausgepeitscht zu werden«, sagte sie so ruhig sie es vermochte. »Auch du hast mich schon ausgepeitscht, weißt du noch?«
    »Ja«, sagte er träumerisch. »Du hast es verdient. Hat er dir weh getan?«
    »Ja.«
    »Hat er dich nackt ausgepeitscht?«
    »Ich erinnere mich nicht.«
    »Unsinn. Hat er dich nackt ausgezogen? Mußte einer seiner Männer dich festhalten, während er die Peitsche schwang?«
    Sie konnte nur den Kopf schütteln, wissend, daß sie ihm damit eine Schwäche zeigte und sich nicht klug verhielt. »Ich möchte nicht darüber sprechen, Einar. Ich bin sehr müde. Erlaubst du, daß ich mein Bett aufsuche?«
    Er war eindeutig verärgert über ihre Antwort. »Du verschweigst mir etwas, Mirana. Das gefällt mir nicht. Deine Zunge ist scharf wie ehe und je. Aber irgendwie hast du dich verändert. Ich höre Spott aus deiner Stimme. Die Gefangenschaft muß hart für dich gewesen sein, und die lange Reise nach Clontarf war beschwerlich. Aber ich will mehr über das Auspeitschen wissen, bevor du zu Bett gehst. Ich werde dich rächen, deshalb muß ich es genau wissen.« Er kam nah an sie heran. »Berichte, und Rorik wird eines besonders langsamen und schmerzhaften Todes sterben.«
    »Er hat mir große Schmerzen zugefügt, Einar. Er riß mir die Kleider vom Leib und warf mich zu Boden. Meine Hände und Füße wurden an einen Pfosten gefesselt. Dann peitschte er mich aus, bis ich das Bewußtsein verlor.«
    Sein Atem ging keuchend. Bei den Göttern, sie hatte zu stark übertrieben. Sie hatte einen Fehler gemacht. Ihre Worte hatten keine Beschützerinstinkte in ihm geweckt, sondern hatten ihn vielmehr erregt und ihm finstere, häßliche Lustgefühle bereitet. Seine Nasenflügel bebten, seine Augen glühten. »Hat er dich hinterher angefaßt?«
    Sie schüttelte den Kopf und stand rasch auf. Mit lauter Stimme sagte sie: »Ich freue mich, wieder zu Hause zu sein. Ihr alle seid meine Freunde und um mein Wohlergehen besorgt, allen voran mein lieber Bruder. Heute werde ich in Geborgenheit schlafen.« Abrupt machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ den Saal. Innerlich flehte sie, Einar möge ihr nicht hinterherrufen und ihr befehlen zu bleiben. Er ließ sie gehen.
    Was geschah, wenn Edmund Einar berichtete, was sie über ihn gesagt hatte? Nein, er würde sie nicht töten, dafür war sie ihm als Unterpfand zu wichtig. Sie fragte sich, wie schon so oft, was wohl in seinem Kopf vorging.
    Einar starrte hinter ihr her. Sira blickte ihn an. Das Lächeln um ihre Lippen war gewichen.

Kapitel 26
    Noch ehe sie ganz wach war, wußte Mirana, daß jemand im Raum war. Gunleik, dachte sie, und Hoffnung keimte in ihr auf. Doch es war nicht Gunleik, der vor ihr stand.
    Ein schönes Mädchen mit goldblondem Haar und goldbraun leuchtenden Augen beugte sich über sie. Sie trug ein weißes Leinengewand und einen Umhang aus feinster weißer Wolle. Ihre Handgelenke und Oberarme umschlossen schwere Silberreifen, die aus Einars Besitz stammten. Sie erkannte in der Fremden das junge Mädchen, auf das Ingolf lachend gezeigt hatte, bevor Einar ihn tötete.
    »Bist du wach, Hexe?« fragte das Mädchen mit leiser, zischender Stimme.
    »Wer bist du?«
    »Die Geliebte deines Bruders. Ich bin hier, seit du weggegangen bist. Einar liebt mich mehr als jede andere Frau zuvor, dich eingeschlossen. Er sah mich in Dublin und brachte mich hierher. Nein, er flehte mich an, mit ihm zu kommen. Ich

Weitere Kostenlose Bücher