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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Luftschiffes.
    Das ländliche England zu Hause blieb unberührt und so makellos, wie es immer gewesen war. Keine Dampflokomotiven spien Rauchwolken über Bäume und Pflanzen, und Reklamewände gab es schon längst nicht mehr, sie waren wie alle häßlicheren Züge des englischen Alltags vom Beginn des 20. Jahrhunderts ausgemerzt worden. Selbst Leute mit dem bescheidensten Einkommen konnten sich ein elektrisch betriebenes Fahrrad leisten, was bedeutete, daß die Stadtmenschen die Landschaft genießen konnten, wann immer sie wollten. Die Preise waren niedrig und die Löhne hoch (einige geschickte Arbeiter verdienten tatsächlich 5 Pfund pro Woche!), und wenn man ein paar Extragroschen sparen konnte, war eine Luftreise nach Frankreich oder Deutschland nichts Außergewöhnliches. Durch geschickte Einsparungen konnte sich der Mann von der Straße sogar eine Luftschiffspassage leisten, um Angehörige in abgelegeneren Ländern des Empire zu besuchen.
    Was nun die Schattenseiten des Lebens betrifft - nun ja, es gab kaum welche, da man die sozialen und moralischen Mißstände, welche sie hervorgerufen hatten, beseitigt hatte. Die Suffragetten meiner Tage hätten mit Vergnügen gehört, daß die Frauen über 30 das Wahlrecht hatten, die Herabsetzung des Stimmrechtes für Frauen auf 21 war im Gespräch. Nebenbei bemerkt war die Länge der Frauenkleider in London kein bißchen anders, als ich es zuerst in Katmandu gesehen hatte. Nach einigen Monaten brachte ich schließlich den Mut auf, ein oder zwei hübsche Mädchen ins Theater oder zum Konzert einzuladen. Gewöhnlich handelte es sich um die Töchter der Ärzte oder Armeeoffiziere, mit denen ich meine Freizeit zubrachte, und für unsere Begriffe waren die Mädchen ziemlich »forsch« und nahmen ganz selbstverständlich und unverblümt die gleiche Stellung wie der Mann in der Gesellschaft ein. Nach meiner anfänglichen Verblüffung fand ich das höchst erfrischend - so wie ich die Stücke, die ich sah, häufig auf shawsche Weise recht gewagt fand (wenngleich, gottlob, keine politischen Anspielungen vorkamen).
    Schließlich verblaßte mein Ruhm, und allmählich fühlte ich mich nicht mehr so wohl mit diesen langen »Ferien« in der Zukunft. Angebote von Verlegern, meine Memoiren zu schreiben, lehnte ich ab (was ja auch reichlich schwierig geworden wäre, wenn ich an Gedächtnisverlust litt!) und zog die verschiedenen Möglichkeiten beruflicher Tätigkeit, die sich mir boten, in Erwägung. Da ich ursprünglich eine Laufbahn bei der Armee eingeschlagen hatte, kam ich zu dem Schluß, daß ich, wenn möglich, weiterhin auf diese Weise meinem Land dienen wollte. Nichtsdestotrotz hätschelte ich auch die Vorstellung, auf einem Luftschiff zu fliegen, und stellte nach mehreren Erkundigungen fest, daß ich ohne große Ausbildung in den verschiedenen Formen von Luftschiffflug und -navigation einen Posten bei der neu gebildeten Sonderluftpolizei einnehmen konnte. Ich hätte mehrere Examen abzulegen und müßte eine Mindestausbildung von sechs Monaten hinter mich bringen, doch ich war recht zuversichtlich, daß ich dies ohne große Schwierigkeiten schaffen könnte. Beispielsweise würde ich gewiß nicht lange brauchen, um die Dienstdisziplin zu lernen!
    Der neue Dienstzweig, die Sonderluftpolizei, war ursprünglich aus der Armee rekrutiert worden, aber es gab auch Freiwillige aus Marine und Luftdienst. Sie war aus der Notwendigkeit heraus geschaffen worden, Luftschiffe gegen Akte der Luftpiraterei, potentielle Saboteure ( es hatte einige Drohungen von Fanatikern gegeben, jedoch war niemals etwas Ernstliches geschehen) und um Passagiere zu beschützen, die auf dem Flug von Dieben oder anderen Verbrechern hätten bedroht werden können.
    Also bewarb ich mich und wurde angenommen. Ich wurde zur Luftdienst-Ausbildungsschule nach Cardington geschickt und lernte einige Geheimnisse des drahtlosen Telefons - mit welchem man sich an Bord und wenn notwendig auch mit dem Boden verständigte. Man vermittelte mir ein wenig konkrete Flugpraxis - was der einzig aufregende Teil meiner Ausbildung war - und brachte mir Meteorologie usw. bei. Obwohl ein Luftpolizist eher Armeeoffizier als Flieger war, weshalb auch kaum damit zu rechnen war, daß er in die Lage käme, ein Schiff zu fliegen, hielt man es für notwendig, daß er im Notfall wußte, was zu tun war. Und so erhielt ich gegen Ende meines ersten Jahres in der Zukunft (ein seltsamer Widerspruch!) mein Patent als Leutnant in Seiner Majestät Luftpolizei

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