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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Ende gelangten. Dempsey klopfte.
    »Kapitän? Würden Sie Besucher empfangen, Sir?«
    Ich war überrascht über den aufrichtig ehrerbietigen Ton, mit dem der junge Mann sich an den Kapitän wandte.
    »Treten Sie ein!« Die Stimme klang heiser und kehlig. Eine ausländische Stimme.
    Wir betraten einen behaglichen Wohn-Schlafraum. Im Kamin brannte ein Feuer, das das einzige Licht spendete. In einem hohen, ledernen Ohrensessel saß ein Mann von ungefähr sechzig Jahren. Er hatte einen eisengrauen Knebelbart und ebensolches Haar. Seine Augen waren blaugrau, sein Blick fest, durchdringend und absolut vertrauenserweckend. Er hatte eine riesige Hakennase und einen kräftigen Mund. Als er aufstand, sah ich, daß er relativ klein aber kräftig gebaut war. Als Dempsey uns einander vorstellte, war sein Händedruck trocken und fest.
    »Kapitän Korzeniowski, das ist Leutnant Bastable.«
    »Wie geht es Ihnen, Leutnant?« Er sprach mit starkem Akzent, doch die Worte waren klar verständlich. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
    »Wie geht es Ihnen, Sir? Ich glaube, Sie sprechen mich besser schlicht mit ›Mister‹ an. Ich habe heute meinen Abschied bei der SLP eingereicht. Ich bin jetzt Zivilist.«
    Korzeniowski lächelte und drehte sich zu einem schweren Ei-chensideboard. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten - Mister Bastable!«
    »Danke Sir. Einen Whisky?«
    »Gut. Und Sie, Dempsey?«
    »Ein Glas von dem Chablis da, wenn es Ihnen recht ist, Kapitän.«
    »Gut.«
    Korzeniowski trug einen dicken, weißen Rollkragenpullover. Seine nachtblauen Hosen gehörten zu der Ausgehuniform eines Fliegers. Über einem Stuhl am Schreibtisch an der gegenüberliegenden Wand sah ich sein Jackett mit den Kapitänsabzeichen und auf der Schreibplatte seine ziemlich abgetragene Mütze.
    »Ich habe Mr. Bastable den Vorschlag vorgetragen, Sir«, erklärte Dempsey, als er sein Glas entgegennahm. »Und deshalb sind wir auch hier.«
    Korzeniowski strich sich über die Lippen und betrachtete mich nachdenklich. »Zweifellos«, murmelte er. »Zweifellos.« Nachdem er uns unsere Getränke gegeben hatte, kehrte er zu dem Sideboard zurück und schenkte sich selbst einen bescheidenen
    Whisky ein, den er mit Soda auffüllte. »Sie wissen, daß ich dringend einen Zweiten Offizier benötige. Ich könnte einen Mann mit mehr Flugerfahrung gebrauchen, doch ich kann in England keinen bekommen, und den Typ, den man anderweitig findet, will ich nicht. Ich habe von Ihnen gelesen. Sie sind ein Hitzkopf, wie?«
    Ich schüttelte den Kopf. Plötzlich hatte ich den Eindruck, daß ich sehr gerne unter Kapitän Korzeniowski dienen wollte, denn ich hatte zu dem Mann eine spontane Zuneigung gefaßt. »Normalerweise nicht, Sir. In diesem Falle waren es… nun, besondere Umstände, Sir.«
    »Das dachte ich mir schon. Bis vor kurzem hatte ich einen sehr guten Zweiten Offizier. Ein Bursche namens Marlowe. Hat in Macao irgendwelche Schwierigkeiten bekommen.« Der Kapitän runzelte die Stirn und nahm eine Zigarre von seinem Schreibtisch. Er bot mir ebenfalls eines der harten, schwarzen Tabakstäbchen an, das ich dankend annahm. Dempsey lehnte grinsend ab. Als Kapitän Korzeniwoski sprach, wandte er kein Auge von mir, und ich hatte das Gefühl, er ergründete dabei meine Seele. Er sprach ziemlich gewichtig, und all seine Bewegungen waren langsam und berechnet. »Man hat Sie im Himalaya entdeckt. Sie haben Ihr Gedächtnis verloren. Wurden für die Luftpolizei ausgebildet. Gerieten mit einem Passagier der Loch Etive in eine Schlägerei. Haben ihn schwer verletzt. Der Passagier war ein Querulant, wie?«
    »Ja, Sir.« Die Zigarre schmeckte überraschend süß und mild.
    »Hatte sich geweigert, zusammen mit ein paar Indern zu essen, wie ich gehört habe?«
    »Unter anderem, Sir.«
    »Gut.« Korzeniowski warf mir noch einen seiner scharfen, forschenden Blicke zu.
    »Reagan war schuld, daß unser Kapitän sich das Bein brach, Sir. Das bedeutete, daß der alte Mann endgültig in den Ruhestand treten mußte. Den Gedanken konnte der Kapitän einfach nicht ertragen, Sir.«
    Korzeniowski nickte. »Weiß, was er empfindet. Kapitän Harding. Habe ihn mal kennengelernt. Ein erstklassiger Flieger. Dann bestand Ihr Verbrechen also in übersteigerter Loyalität, hm? Das kann unter gewissen Umständen ein recht gravierendes Vergehen sein, wie?«
    Seine Worte schienen eine besondere Bedeutung zu haben, die ich nicht ganz erfaßte. »Ich glaube schon, Sir.«
    »Gut.«
    Dempsey sagte: »Sir, ich

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