Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
gekleidet und hielt zwei schlanke Dolche in den Händen.
»Was in Soltars Namen macht ihr hier?«, fragte ich entgeistert.
»Euch befreien«, sagte Armin, der mich immer noch fassungslos musterte. »Aber wo kommt Ihr nur her, Esseri? Was ist geschehen? Ihr seht aus, als ob eine Armee über Euch marschiert wäre!«
»Das trifft es in etwa«, gab ich zurück.
Leandra zog Steinherz’ Klinge durch ihre Hand, verzog leicht das Gesicht, als ihr Blut den fahlen Stahl tränkte, und schob das Schwert in die Scheide zurück, bevor sie mich umarmte. Ich hielt sie, so fest ich konnte.
»Wir haben uns Sorgen gemacht«, flüsterte sie nahe meinem Ohr, und ich atmete dankbar ihren Geruch ein.
»Puh!«, sagte sie und rümpfte ihre Nase, als sie sich von mir löste. Ja, ich stank. Nach Blut, Schweiß, Urin und anderem. Das wollte ich aber jetzt nicht erörtern.
»Esseri, Ihr ahnt nicht, was geschehen ist«, flüsterte Armin. »Vorhin kam ein Barbar zu uns ans Haus, fast so groß wie ein Bär und mehr als unhöflich. Und wisst Ihr, welch absonderliche Geschichte er erzählte. Er sagte …«
»Später«, bat ich ihn leise. »Wenn ihr Absonderliches wollt, habe ich auch eine Geschichte für euch. Aber ich erzähle sie euch später. Jetzt jedoch gilt es, jemanden aus diesen Mauern zu holen, dazu noch ein paar weitere Dinge, die mir wichtig sind.«
»Armin!«, zischte Natalyia von der Pforte her. »Hilf mir mal.« Sie war dabei, die Wache, die ich vor dem Tor bewusstlos geschlagen hatte, in den Palastgarten zu zerren.
»Ich hätte dich eben beinahe erschlagen«, sagte Leandra leise. Sie hielt immer noch Abstand zu mir.
»Tatsächlich hast du mich vor Natalyia gerettet«, flüsterte ich zurück.
»Es tut mir leid, Havald«, sagte Natalyia leise und zerknirscht, als sie den zweiten Wächter neben den legte, dessen Beine ich eben schon erblickt hatte. Er war bereits gefesselt und geknebelt, und genauso gründlich band und knebelte sie jetzt den anderen.
»Ich habe Euch nicht erkannt und …« Ich sah hinter ihrem Schleier, wie sie die Nase rümpfte.
»Sag nichts weiter«, bat ich sie.
Sie nickte nur, legte den schweren Riegel vor die Mannpforte und sah mich erwartungsvoll an. Alle sahen mich erwartungsvoll an.
Ich sah erwartungsvoll zurück.
»Was hattet ihr vor?«, fragte ich dann, als niemand etwas sagte.
»Den Palast zu durchsuchen, bis wir jemanden finden, der weiß, was mit dir geschehen ist«, antwortete Leandra.
Ich war erstaunt. »Obwohl das diplomatische Folgen haben könnte?«
»Ich hätte den Prinzen des Turms auch höchst diplomatisch gefragt.«
Mit Steinherz in der Hand. Ich erahnte ihr Lächeln hinter dem Schleier und liebte sie dafür.
Was tun? Das Einfachste war immer das Beste.
»Nun, das ist mein Plan: Wir gehen hinein und suchen Saik Sarak – das ist der Anführer der Leute, die Marinaes Karawane überfielen, ihren Gemahl töteten und sie entführten. Am besten tun wir das ohne Aufsehen. Aber er muss hier sein. Er sollte zudem Seelenreißer in der Nähe haben und die Torsteine. Ihr kennt sein Bild.«
»Oh, habt Ihr die Edelsteine schon wieder verloren, Esseri?«, fragte Armin erstaunt. »Wolltet Ihr nicht vorsichtiger mit ihnen umgehen?«
»Ich war vorsichtig mit ihnen. Nur nicht mit mir! «, entgegnete ich gereizt. Natalyia kicherte. Ich sah sie strafend an, aber sie grinste weiter.
Ich seufzte. »Meinst du, du könntest dich heimlich im Palast umsehen und den Mann suchen? Im Moment wäre es mir recht, wenn Prinz Tarsun nichts von unserer Anwesenheit bemerkt.«
Natalyia verbeugte sich auf die hier übliche Art und Weise. »Ich höre und gehorche«, sagte sie übertrieben, und ich bemerkte das Lächeln in ihrer Stimme. Dann wandte sie sich um und glitt wie ein Schatten in die Dunkelheit.
»Sie ist so gut, dass sie mich ängstigt«, flüsterte Armin. »Aber Euch verehrt sie.«
»Tut sie das?«, fragte Leandra etwas spitz, was Armin für einen Moment die Worte raubte. Leandra lachte leise, als sie sein betroffenes Gesicht sah. »Ich bin nicht blind, Armin, und er ist es auch nicht.« Sie sah zu mir hinüber. Leandra mochte diesen Eid geschworen haben, aber in ihrem Blick sah ich alles, was sie so selten sagte. Genauso wortlos gab ich ihr meine Antwort, doch als ich näher an sie herantreten wollte, legte sie mir lächelnd die Hand auf die Brust.
»Havald …«
Ja. Ich stank.
Armin räusperte sich. »Ich wollte nicht …«
»Schon gut, Armin«, sagte ich. Mir fiel etwas anderes ein, und
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