Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
nicht wenig erschrocken.
»Da sind Trolle!«, rief Pippin, nach Luft schnappend. »Auf einer Lichtung, nicht viel weiter unten. Wir konnten sie zwischen den Bäumen durch sehen. Es sind Riesenkerle!«
»Dann wollen wir sie uns mal ansehen«, sagte Streicher und hob einen Knüppel vom Boden auf. Frodo sagte nichts, aber Sam sah man an, dass er Angst hatte.
Die Sonne stand nun schon hoch. Sie schien durch die halb entlaubten Zweige der Bäume herein und warf helle Flecken auf den Boden der Lichtung. Am Rande blieben sie stehen, hielten den Atem an und lugten zwischen den Baumstämmen hindurch. Da standen drei Trolle, Riesenkerle. Der eine bückte sich, die andern standen dabei und glotzten ihn an.
Streicher ging unbekümmert drauf zu. »Steh auf, alter Steinbold!«, sagte er und gab dem Gebückten einen Hieb, dass sein Knüppel zerbrach.
Nichts passierte. Die Hobbits schauten verblüfft drein, und dann musste sogar Frodo lachen. »So!«, sagte er. »Wir vergessen ganz unsere Familiengeschichte. Das müssen die drei sein, die Gandalf damals erwischt hat, als sie darüber stritten, wie dreizehn Zwerge und ein Hobbit am besten zu kochen wären.«
»Ich hatte keine Ahnung, dass wir so nah an der Stelle sind«, sagte Pippin. Er kannte die Geschichte natürlich. Bilbo und Frodo hatten sie oft genug erzählt, aber eigentlich hatte er sie nie so ganz geglaubt. Auch jetzt noch betrachtete er die versteinerten Trolle mit Argwohn, als stünde zu befürchten, dass irgendein Zauber sie plötzlich wieder zum Leben erwecken könnte.
»Ihr vergesst nicht nur eure Familiengeschichte, sondern auch alles, was ihr über Trolle wisst«, sagte Streicher. »Es ist helllichter Tag mit Sonnenschein, und da kommt ihr und wollt mir mit einer Geschichte von leibhaftigen Trollen Angst machen, die uns auf dieser Lichtung erwarten sollen! Wenigstens hättet ihr bemerken können, dass der eine ein altes Vogelnest hinterm Ohr hat. Solchen Ohrschmuck tragen lebendige Trolle normalerweise nicht.«
Alle lachten. Frodo spürte, wie seine Lebensgeister sich wieder regten: Die Erinnerung an Bilbos erstes glücklich bestandenes Abenteuer tat ihm gut. Auch die Sonne war wohltuend warm, und der Nebel vor seinen Augen schien sich ein wenig zu lichten. Sie machten eine Weile Rast und verzehrten ihr Mittagbrot im Schatten der dicken Trollbeine.
»Kann uns nicht einer was vorsingen, solange die Sonne noch hoch steht?«, sagte Merry, als sie gegessen hatten. »Wir haben tagelang kein Lied und keine Geschichte mehr gehört.«
»Seit der Wetterspitze nicht mehr«, sagte Frodo. Die anderen sahen ihn an. »Keine Sorge um mich!« fügte er hinzu. »Mir geht es viel besser, aber ich glaube nicht, dass ich singen kann. Vielleicht könnte Sam mal sein Gedächtnis durchstöbern, ob ihm etwas einfällt.«
»Los, Sam!«, sagte Merry. »Du lässt es dir nicht anmerken, aber du hast manchmal doch etwas im Kopf.«
»Davon weiß ich nichts«, sagte Sam. »Aber Moment, würde das hier nicht passen? Ein richtiges Lied, versteht mich recht, soll es nicht sein, nur so eine kleine Blödelei. Aber bei diesen alten Standbildern hier fällt es mir grad wieder ein.« Er stand auf, legte dieHände hinterm Rücken zusammen wie beim Vorsingen in der Schule und stimmte eine alte Melodie an.
Troll saß allein auf einem Stein
Und kaute und nagte an altem Gebein
Schon Jahr um Jahr, denn Fleisch ist rar
Und eine seltene Gabe.
Habe! Labe.
Und Troll lebt immerzu allein,
Und Fleisch ist kaum zu haben.
Da kam mit Meilenstiefeln an
Der Tom und rief: »He, Trollemann!
Mir scheint das schlimm, du nagst an Tim,
Meinem Onkel, der längst verschieden,
Er ruhe in Frieden!
Lang ist er tot, der würdige Mann,
Und ich dachte, er läg in Frieden.«
»Ja, Jungchen«, grinst Troll, »ich stahl den Schatz,
Was braucht ein Gerippe noch so viel Platz?
Dein Onkel war tot ohne Kummer und Not,
Schon eh ich an seinen Knochen
Geroh- gerochen!
Mir altem Troll gibt er gern was ab,
Denn er braucht nicht die alten Knochen.«
Sagt Tom: »Auch brauchen nicht solche wie du
An Knochen zu nagen! Hör auf! Hör zu!
Die gib uns zurück jedes einzige Stück,
Die gehören in die Familie!
Diebsbruder! Luder!
Ein Toter will schließlich auch seine
Ruh Im Schoße der Familie.«
»Gib nicht so an«, sagt Troll, »lieber Mann,
Ich mach mich gleich an dich selber ran!
Solch frisches Gericht hatt ich lange nicht
für meine Nagezähne,
Ähne! Dähne!
Ich hab die Gerippe weidlich satt,
Riech ich
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