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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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der Südseite des Rasens stand der mächtigste aller Bäume. Sein dicker, glatter Stamm schimmerte wie graue Seide und türmte sich zu beträchtlicher Höhe auf, bevor noch die ersten Äste unter den schattigen Laubwolken ihre Riesenarme ausbreiteten. An ihn gelehnt stand eine große weiße Leiter, und ihr zu Füßen saßen drei Elben. Als die Reisenden näher kamen, sprangen sie auf, und Frodo sah, dass sie von hohem Wuchs waren und graue Kettenhemden trugen; und von den Schultern fielen ihnen lange weiße Mäntel herab.
    »Hier wohnen Celeborn und Galadriel«, sagte Haldir. »Es ist ihr Wunsch, dass ihr hinaufsteigt und mit ihnen sprecht.«
    Einer der Elbenwächter blies auf einem kleinen Horn einen hellen Ton, der von oben dreimal beantwortet wurde. »Ich steige voran«, sagte Haldir. »Als nächster komme Frodo, und Legolas mit ihm. Die anderen mögen folgen, wie ihnen beliebt. Es ist ein langer Aufstieg für jeden, der solche Treppen nicht gewohnt ist, aber ihr könnt unterwegs ausruhen.«
    Bei seinem langsamen Aufstieg kam Frodo an vielen Fletts vorüber; manche auf der einen Seite, manche auf der andern und manche um den Stamm herum, sodass die Leiter durch sie hindurchführte. Hoch über dem Boden kam er auf ein Talan, das so geräumig war wie das Deck eines großen Schiffs. Darauf stand ein Haus, groß genug, dass es bei den Menschen auf dem Boden eine Versammlungshalle hätte sein können. Er trat hinter Haldir ein und befand sich nun in einem ovalen Raum, mit dem Mallornstamm in der Mitte, der, nun schon zur Krone hin verjüngt, noch immer eine mächtige Säule bildete.
    Den Raum erfüllte ein sanftes Licht; die Wände waren grün und silbern, die Decke golden. Viele Elben saßen hier. Vor dem Baumstamm auf zwei Thronsesseln, mit einem lebenden Zweig als Baldachin darüber, saßen Celeborn und Galadriel Seite an Seite. Sie standen auf, um ihre Gäste zu begrüßen, wie es sich nach elbischer Sitte auch für jene schickte, die als mächtige Könige galten. Sehr groß waren sie beide, Frau Galadriel nicht minder als Herr Celeborn, sehr schön und würdevoll. Gekleidet waren sie ganz in Weiß; das Haar der hohen Frau war wie dunkles Gold, das des Herrn Celeborn lang und silbrig hell. Kein Zeichen ihres Alters war zu erkennen, es sei denn in der Tiefe ihrer Augen, die scharf blickten wie Lanzen im Sternenschein und doch unergründlich waren, Brunnen uralter Erinnerung.
    Haldir geleitete Frodo vor sie hin, und Celeborn begrüßte Frodo in der Gemeinsprache. Frau Galadriel sagte kein Wort, sah ihm aber lange in die Augen.
    »Nimm nun Platz neben meinem Sessel, Herr Frodo aus dem Auenland!«, sagte Celeborn. »Wenn alle da sind, wollen wir miteinander reden.«
    Jeden der Gefährten begrüßte er beim Eintreten artig mit Namen. »Willkommen, Aragorn Arathorns Sohn!«, sagte er. »Dreißig und acht Jahre sind draußen in der Welt verstrichen, seit wir dich in diesem Lande gesehen, und diese Jahre lasten schwer auf dir. Doch nah ist das Ende, ob zum Guten oder Bösen. Leg nun deine Bürde für eine Weile beiseite!«
    »Willkommen, Thranduils Sohn! Allzu selten nur seh ich meine Verwandten aus dem Norden.«
    »Willkommen, Gimli Glóinssohn! Lange fürwahr ist es her, seit wir einen von Durins Volk in Caras Galadhon gesehen. Doch unser altes Gesetz haben wir heute gebrochen. Möge es ein Zeichen sein, obwohl die Welt nun dunkel ist, dass bessere Tage bevorstehen und dass die Freundschaft zwischen unseren Völkern erneuert werde!« Gimli verbeugte sich tief.
    Als alle Gäste vor seinem Sessel Platz genommen hatten, blickte Celeborn sie abermals einen nach dem andern an. »Acht sehe ich hier«, sagte er. »Neun sollten sich auf den Weg machen: So lautete die Nachricht. Doch mag der Plan geändert worden sein, ohne dass wir davon wissen. Elrond ist fern, und Finsternis ballt sich zwischen uns, und dies ganze Jahr über sind die Schatten länger geworden.«
    »Nein, nicht geändert ward der Plan«, sagte Frau Galadriel, zum ersten Mal das Wort nehmend. Ihre Stimme war klar und klangvoll, doch tiefer als von einer Frau zu erwarten. »Gandalf der Graue brach mit auf zu der Fahrt, aber die Grenzen dieses Landes hat er nicht überschritten. Sagt uns nun, wo er ist, denn sehr verlangt es mich, abermals mit ihm zu sprechen. Aus der Ferne kann ich ihn nicht sehen, es sei denn, er käme in Lothlóriens Gehege: Grauer Nebel umgibt ihn, und seiner Schritte und seiner Gedanken Bahnen sind mir verborgen.«
    »Ach!«, sagte Aragorn.

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