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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Gestalt wahrnahm.
    »Ich rede nicht von ihr«, fügte Manzini hinzu.
    »Marianna? Das kleine taube Mädchen ist … Ihre Toc h ter ?« Nico hielt es nicht mehr aus und drehte sich aus der Umarmung Manzinis heraus.
    Der rechnete es ihm als Ausdruck der Überraschung an und nickte. »Ich weiß nicht, was der Herr sich dabei g e dacht hat, mir nur Mädchen zu schenken.«
    »Aber …« Jetzt war Nico völlig durcheinander.
    »Sie tragen sich, warum ich Ihnen dieses Geständnis m a che? Nun, es ist in der Stadt ein offenes Geheimnis. Sie werden es natürlich niemandem weitererzählen, Herr M i chel.« Manzini lachte erneut, diesmal allerdings dröhnend.
    »Ich bin sowieso nur vorübergehend hier«, sagte Nico, um dem Gespräch eine unverfänglichere Wendung zu g e ben.
    »Geschäfte?«
    »Sagen wir, ich musste Abstand gewinnen.«
    »Lassen Sie sich Zeit damit, Signor Michel. Menschen wie Sie kann unsere zusammenwachsende Gemeinde gebrauchen. Suchen Sie Arbeit? Ich könnte Ihnen dabei behilflich sein.«
    »Wie bitte?«
    »Verzeihen Sie die offenen Worte, aber Sie sehen mir nicht wie jemand aus, der sein Schäfchen schon im Trock e nen hat.«
    Nico legte den Kopf in den Nacken und ließ sich für einen Moment den Regen ins Gesicht prasseln. Das alles konnte nicht wahr sein! Unverwandt blickte er Manzini in die dunklen kleinen Äuglein. »Nein, Sie haben Recht, Don Massimiliano. Meine Ersparnisse gehen schneller zur Ne i ge, als mir lieb sein kann. Gegen eine Aufbesserung der Reisekasse hätte ich nichts einzuwenden. Leider habe ich nur deutsche Ausweispapiere. Soweit ich weiß, stellt die Stadtverwaltung keine Ausländer ein, zumal wenn sie noch minderjährig sind.«
    »Wohl wahr! Sie werden es kaum für möglich halten, a ber der italienische Amtsschimmel ist noch lahmer als der teutonische. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Dafür bin ich Experte.«
    »Tatsächlich?« Wer sogar Zeugenaussagen in einer Mordanklage verschwinden lassen kann, der …
    »Sind Sie Mechaniker?«
    »Wie bitte?«
    »Ihnen ist es gelungen, mein sensibles Auto in Gang zu setzen und heute sogar eine wild gewordene Straßenwalze zur Räson zu bringen. Anscheinend haben Sie ein goldenes Händchen für Maschinen verschiedenster Art.«
    »Wir verstehen uns ganz gut, die leblosen Dinge und ich«, murmelte Nico. Sein Blick wanderte für die Dauer zwischen zwei Wimpernschlägen zum Zifferblatt im Uhre n turm. Der für seinen Aberglauben stadtbekannte Vorst e her hatte das närrische Spiel der Zeiger ein ›böses Omen‹ genannt. Mit einem Mal wusste Nico, was er tun konnte, um das spinnwebenzarte Band zu Laura weiterzuflechten, ohne den eigentlichen Zweck seiner Rückkehr nach Nett u no aus dem Auge zu verlieren. Er wandte seine Aufmer k samkeit wieder dem Vorsteher zu.
    »Ich könnte Ihre Uhr reparieren, Don Massimiliano.«
    Manzinis Kopf ruckte auf dem Stiernacken kurz herum. Wenn überhaupt, dann konnte er die Turmuhr dabei nur aus den Augenwinkeln gesehen haben. Er deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Wissen Sie eigentlich, was Sie sich da aufhalsen? Mir scheint, der Blitz hat nicht viel von ihr übrig gelassen.«
    »So wie sie jetzt steht, können Sie die Uhr jedenfalls nicht lassen.«
    Manzinis Miene verhärtete sich. »Nein, das kann ich weiß Gott nicht.«
    »In Kürze werden Nettuno und Anzio unter Ihrer Führung vereint werden. Wie ich hörte, wollen Sie dem Verwa l tungsakt zum Jahreswechsel so eine Art Verbrüderungsfest vorausschicken. Bliebe die Uhr in dem jetzigen Zustand, dann …«
    »… würden alle Menschen denken, meine Amtszeit stü n de unter keinem guten Stern. Das brauchen Sie mir nicht zu erklären. Ich will, dass die Wiedervereinigung nächstes Jahr im November nicht erst beginnt, sondern vollständig abg e schlossen ist: im Verwaltungsapparat, auf dem Papier und in den Köpfen. Alles Hinderliche muss aus dem Weg g e räumt werden.«
    Rücksichtslos und nach altbewährtem Rezept. Nico schluckte seinen Groll hinunter. »Was die Uhr angeht, könnte ich Ihnen helfen.«
    Der Podestà musterte ihn durchdringend. »Also gut, Si g nor Michel. Sie haben heute meinem Kind das Leben gere t tet. Ich bin Ihnen etwas schuldig. Andererseits geht es hier um sehr viel für mich. Bis Silvester sind es nicht einmal vier Wochen. Sind Sie sicher, die Uhr bis dahin reparieren zu können?«
    »Ja, Don Massimiliano.«
    »Sie klingen sehr überzeugt von sich.«
    »Man hat mir sogar die Generalüberholung der Ankeruhr anvertraut. Bis heute zählt

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