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Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Polansky
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beschlossen hatte, mich in die Ermittlungen einzubeziehen – obwohl ihn natürlich die Schicklichkeit wie auch seine unerschütterliche Selbstgefälligkeit davon abhielten, das offen zu sagen. »Befehl von oben.«
    Wütend kniff sie die Augen zusammen und schickte sich an, ihrem Unmut freien Lauf zu lassen. Plötzlich erstarrte sie aber, blinzelte verwirrt und stützte sich auf dem Tisch ab. Dann richtete sie sich langsam auf und starrte mich mit beunruhigend durchdringendem Blick an.
    Ich hatte diese Anfälle schon oft genug erlebt, um zu wissen, dass ihr blitzartig irgendeine Erkenntnis gekommen war. »Wenn Sie die Lotteriezahlen von morgen gesehen haben, machen wir halbe-halbe.«
    Ohne auf meinen Scherz einzugehen, starrte sie mich weiter an. »In Ordnung«, sagte sie schließlich und wandte sich zu der Leiche auf dem Tisch um. »Der Name des Mädchens war Caristiona Ogilvy, dreizehn Jahre alt, von tarasaihgnischer Herkunft. Sie wurde vor zwei Tagen entführt, aus einer Gasse in der Nähe des Ladens ihres Vaters. Ihr Körper weist keinerlei Spuren auf, die auf einen Kampf oder Gewaltanwendung hinweisen.«
    »Jemand hat sie unter Drogen gesetzt?«, fragte Guiscard.
    Sie mochte es nicht, unterbrochen zu werden, auch dann nicht, wenn das zum normalen Verlauf eines Gesprächs gehörte. »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich hat umbringen lassen, ohne sich irgendwie zu wehren.«
    »Vielleicht hat sie dem, der sie entführt hat, vertraut«, warf ich ein. »Aber vermutlich haben Sie eine Theorie, die Sie uns mitteilen wollen.«
    »Darauf komme ich gleich. Die Wunde am Hals war die Todesursache …«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Guiscard, natürlich nur zum Scherz. Er schien derart von ihr eingeschüchtert, dass er versuchte, die Stimmung ein wenig aufzulockern. Sie war jedoch so konditioniert, das sie alles gleich als Beleidigung auffasste. Ihre Oberlippe wich zurück, bis die Eckzähne zu sehen waren, ihre Augen funkelten kampflustig.
    Natürlich hätte ich gern miterlebt, wie Guiscard sein Fett abbekam, aber hinter mir lag ein langer Tag, und für so etwas hatte ich wirklich keine Zeit. »Was können Sie uns sonst noch mitteilen?«
    Blitzschnell drehte sich ihr Kopf in meine Richtung. In ihrer Hagerkeit und mit ihren ruckartigen Bewegungen erinnerte sie stark an einen Turmfalken, der nach Beute Ausschau hält. Doch ich bin nicht Guiscard – was ihr nach ein paar Sekunden klar zu werden schien. Nachdem sie dem Ermittlungsbeamten, der für die Ablenkung dankbar war, einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte, fuhr sie fort: »Wie ich schon sagte, ist die Wunde an der Halsschlagader die Todesursache. Andere Verletzungen fanden sich nicht am Körper, ebenso wenig Hinweise auf einen sexuellen Übergriff. Sie ist verblutet und wurde dann heute früh in der Nähe der Brücke abgeladen.«
    Ich dachte kurz nach. »Damit wissen wir also über die äußeren Anzeichen Bescheid. Konnten Sie dem Körper irgendetwas entnehmen?«
    »Nicht viel. Das Echo der Leere lastet so schwer auf ihr, dass es fast alles andere übertönt. Und selbst wenn ich durch das Echo dringe, kann ich nichts entdecken. Wer auch immer das getan hat, er hat alle Spuren beseitigt.«
    »Der Kirener, der die Kleine Tara umgebracht hatte … der hat in einer Leimfabrik gearbeitet. Ich hatte angenommen, er habe ihren Körper mit Lauge oder einer anderen Chemikalie gesäubert und dadurch verhindert, dass Sie etwas feststellen konnten. Könnte das jetzt wieder geschehen sein?«
    »Ich wüsste nicht, wie. Beim Fall Potgieter war ich nicht dabei und hatte keine Gelegenheit, den Tatort sofort nach der Entdeckung der Leiche in Augenschein zu nehmen. Dieser Trick mit der Lauge könnte bei einigen meiner weniger talentierten Kollegen funktioniert haben, aber ich wäre imstande gewesen, trotzdem etwas herauszufinden. Allerdings war ich, nachdem ihr Mörder seinen Tod gefunden hatte, am Tatort, und das … Wesen, das ihn getötet hat, hatte die gleiche Resonanz, die ich auch bei Caristiona höre.«
    Das hatte ich mir schon gedacht. Es war undenkbar, dass die Todesfälle nicht miteinander in Verbindung standen, obwohl es gut war, die Sache offiziell bestätigt zu bekommen.
    »Konnten Sie irgendwelche anderen Verbindungen zu Tara feststellen?«, warf Guiscard ein.
    »Nein. Die Probe, die ich von ihr hatte, war schon zu verwest.« Verdrossen schüttelte sie den Kopf. »Vielleicht hätte ich mehr Erfolg gehabt, wenn Sie den Mumm gehabt

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