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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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selbst hat mir vorgeschlagen, wo wir uns ungestört und unbeobachtet treffen könnten.« Sie schob ihm den Zettel hin, auf dem sie zuvor die Adresse aufgeschrieben hatte. Es war eine Adresse in Grünwald. »Ich könnte ihm ja dort die Gründe erklären, warum das alles so geheimnisvoll ablaufen muß. Aber wenn wir uns schon ungestört und unbeobachtet treffen müßten, dann wäre das Beste das Café seines Tennis-Clubs. Na, was sagst du dazu?«
    »Wann?« fragte Jan.
    Sie stand auf. »Jetzt. Er ist in seiner Wohnung und fährt in einer Viertelstunde los. Für ihn sind das fünf, für uns hier zwanzig Minuten oder ein bißchen mehr.«
    Er nickte und zog den Mantel an. Do stand noch immer am Telefon. »Ich weiß nicht«, sagte sie, »soviel Freundlichkeit, soviel Verständnis … Irgendwie ist das schon unheimlich.«
    »Ich denke, er steht auf dich? Das hast du doch gesagt.«
    »Schon. Aber in letzter Zeit ist die Sympathie ziemlich abgekühlt …«
    »He«, grinste Jan Schneider, »du kennst die alte Regel: Je mieser die Frauen die Männer behandeln, desto mehr Punkte sammeln sie. Muß eine Art Gesetz sein. Ich wenigstens habe mir mein Leben lang darüber Gedanken gemacht, warum das so geht …«
    Es gab nicht nur eine, sondern gleich zwei Hallen. Riesige gelbe Plastikwürste, deren Wände mit Preßluft aufgeblasen worden waren und die unter den kahlen Bäumen wirkten wie zwei gestrandete Zeppeline. Im rechten Winkel dazu stand das Club-Gebäude: roter Klinker, weiß verfugt. Zwischen Club-Gebäude und den beiden Hallen erstreckte sich der Parkplatz, auch er ziemlich groß. Das halbe Dutzend Autos darauf wirkte reichlich verloren.
    Do hob die Hand. »Das ist er! Das ist sein Wagen.«
    »Der Jaguar?«
    »Richtig. Das war er immer, Jaguar-Fahrer.«
    Jan hatte beschlossen, außerhalb des etwa zwei Meter hohen grünen Drahtzauns zu parken, der das Gelände umschloß. Während der Fahrt nach Grünwald hatte er ständig zu kontrollieren versucht, ob sie verfolgt wurden, war sogar nur vierzig Stundenkilometer gefahren, um dann wieder loszupreschen. Soweit er es beurteilen konnte, war alles in Ordnung. Von seinem Standort aus konnte er leicht Straße und Einfahrt kontrollieren und feststellen, ob irgendein verdächtiger Wagen kam, um irgendwelche verdächtigen Leute abzusetzen.
    »Na dann«, sagte Do, öffnete die Tür, klopfte Jan auf die Hand und zeigte jenes verbissen-tapfere Lächeln, das sie schon immer gezeigt hatte, wenn ihr etwas besonders gegen den Strich ging.
    »Ab mit dir, mein tapferer Krieger!«
    Sie war schon draußen, doch dann kniete sie sich noch einmal in das niedere Wageninnere und mußte sich ziemlich strecken, um Jan beide Hände auf die Schultern zu legen und ihm einen Kuß zu geben. »Weißt du, Jan, weißt du, über was ich bei allem froh bin?«
    »Und?«
    »Daß es uns beide noch gibt … Meinst du nicht?«
    »Und ob!« Er streichelte über ihr Haar. »Wie sagt meine Tante Fritzi so schön: Und so hat alles Schlimme auch sein Gutes …«
    Do stupste ihm den Zeigefinger gegen die Nase und ging.
    Jan Schneider warf einen Blick auf die Borduhr des Porsche: Dreißig Minuten. Nicht besonders viel, aber unerträglich, wenn die Zeit zu zähem Leim wird und noch diese bohrende Nervosität hinzukommt. Es ist wie im OP, wenn du merkst, daß alles schiefläuft: die Diagnose vermurkst, der Assistent eine Flasche, und die Schwester findet das richtige Instrument nicht …
    Und wie im OP versuchte Jan es mit seinem Repertoire an Entspannungstechniken. Ganz schaffte er es nicht. Er dachte schon wieder an den grauen VW, der vorhin auf der Fahrbahn vorbeigewischt war, ganz überraschend und mit zu hoher Geschwindigkeit, als daß Jan die Nummer feststellen konnte. Und dann, kaum drei Minuten später, war der Wagen wieder auf der Gegenfahrbahn zurückgekommen. Diesmal war es ein Laster gewesen, der Jan die Sicht auf das Nummernschild versperrt hatte.
    Wieder sah er zum Eingang des Club-Geländes. Da kommt sie doch … Und sie kommt nicht allein.
    Professor Jan Schneider kannte Ernst Schmidt-Weimar von den Fotos, die in ›Heute‹ erschienen waren: »Der Verleger hielt es für besonders wichtig, bei der Übergabe des heutigen Jugend-Literaturpreises …« und so weiter und so fort. Doch als Jan ihn nun so beobachtete, den pelzgefütterten Trenchcoat lässig über der Schulter, Seidenschal um den Hals, erinnerte Schmidt-Weimar mit seiner Silbermähne eher an einen abgehalfterten Schauspieler als an einen Verlags-Tycoon.

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