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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach Philippsthal geschickt worden waren, um Erfahrungen zu sammeln. Grenzbewachung war schließlich nicht ihr Job. Er hätte auch sagen können, daß er den Streifenführer drei Stunden zusammengebrüllt und dann dafür gesorgt hatte, daß er ein Disziplinarverfahren an den Hals bekam. Diese Tatsachen hatte sich die berühmte Abteilung 5, auf die sie in der GW so stolz waren, wie sie sie fürchteten, wohl nicht besorgen können. 1986? Fast vier Jahre vor der Wende … Schnee von gestern? Nein, die Gespenster der Vergangenheit!
    »Nun, Robert?«
    »Kein Kommentar. Es dauert zu lange, das zu erklären. Hier ist es zu kalt. Wie ist das, fahren wir zurück?«
    Diese Augen! Bergs aufgerissene gläsern-blaue Augen!
    »Wir wollten doch Klarheit, Robert, nicht? Also lassen Sie uns die Dinge mal zusammenfassen: Einmal hätten wir hier den Ex-Major Robert Tennhaff, den unentdeckten Mauerschützen …«
    »Ich war das nicht. Ich bin kein unentdeckter Mauerschütze, Herrgott noch mal!«
    »Na gut. Aber beweisen Sie das erst mal, wenn's zum Prozeß kommt. Zum zweiten«, fuhr Berg unbeirrt fort, »wen haben wir noch? Tennhaff, das Opfer von ›Einig Vaterland‹.«
    Die übliche Marc-Berg-Pause. Sie ging Tennhaff mehr an die Nerven denn je. Sich in Krisensituationen zu entspannen, das hatte er gelernt, aber diesmal wollte es nicht klappen. Dieses Mal mußte er sich weiter anhören, was dieser überhebliche Lackaffe von Sekten-Chef noch für ihn bereithielt.
    »›Einig Vaterland‹, das ist vorüber … Aber auf der Strecke blieb Robert Tennhaff. Und das gleich mit zwei Pleiten: einer Ehepleite und seiner Geschäftspleite.«
    Robert konnte ihm keinen Golfschläger um die Ohren hauen, aber er hatte jetzt beide Hände zu Fäusten geballt. Ein einziger Schlag würde genügen, Berg seine gemeine, hinterfotzige Arroganz aus dem Gesicht zu wischen. Doch dann? In einem hatte Berg recht: Die GW hatte überall ihre Finger drin. Und das bedeutete Dutzende, Hunderte von Anwälten. Sie konnten ihn fertigmachen …
    »Außerdem, Robert, gab es in dieser Geschichte ja noch eine andere Figur: Paul Kramer. Paul mochte Sie. Und half. Und mit ihm half die ganze GW … Ihre Pleiteschulden wurden bezahlt, 74.800 DM. Sehen Sie, ich habe die Zahl genau im Kopf. Man hat Sie also wieder aufgebaut. Sie wurden ein freier Mensch, wurden einer unserer tüchtigsten Mitarbeiter, zugegeben. Und genau das ist der Zustand, den ich wiederherstellen und vor allem erhalten möchte …«
    Tennhaff hörte den Ruf des Habichts am Himmel. Der Kerl erpreßt dich und spricht von ›Freiheit‹, dachte er. Und was will er jetzt? Jetzt legt er dir auch noch die Hand auf die Schulter.
    »Robert, ich weiß, daß ich Sie getroffen habe. Ich mußte … Sehen Sie, es gibt nur eines im Leben: die Wahrheit. Sie ist das universelle Ziel der GW. Aber wer sie erkennen will, muß zunächst die eigene, die persönliche Wahrheit suchen. Das geschieht bei uns bereits im Alpha-Kurs. Wir nennen ihn ja nicht umsonst ›Reinigung‹.«
    Robert konnte Bergs Augen nicht länger ertragen. Er senkte die Lider. Natürlich mußte Berg das mißverstehen. Sollte er!
    »Ich weiß auch aus meinem eigenen Leben, daß es, um diese persönliche Wahrheit zu erkennen, gelegentlich Druck braucht, Druck von außen, heilenden Druck … Man sollte solche Augenblicke, in denen man diesen heilenden Druck erfährt, nicht als Strafe, sondern als Geschenk, ja als Gnade empfinden. Verstehen Sie mich?«
    Tennhaff schwieg.
    Anscheinend reichte das Marc Berg. Vielleicht nahm er es als Zustimmung. »Robert, so ist es nun mal: Nur die Erreichung der persönlichen Wahrheit läßt uns die universelle Wahrheit erkennen. Und sie ist es, der wir folgen wollen, nicht wahr?«
    Er ging zum Jeep. »Kommen Sie, Robert. Es war ein sehr wichtiges Gespräch, finden Sie nicht? – Aber jetzt wird's hier langsam zu kalt …«
    Wieder waren sie im Schönberg-Gelände, überquerten gerade den Bach und fuhren dem Schloß entgegen, als Marc Berg den Suzuki plötzlich stoppte.
    Vor sich sah Tennhaff die drei Tannen, unter denen er die Mädchen gefunden hatte, dort drüben die Überwachungskamera. Vielleicht hat die dich jetzt im Bild? Und Topitz kann dich in der Zentrale neben dem großen König von Schönberg, neben ›Vater Marc‹ bewundern …
    »Robert?«
    »Ja?«
    »Ich bin froh, daß wir uns einig sind. Aber da wäre noch etwas. Und ich hoffe, nein, ich weiß, daß Sie Ihre Lage begreifen. Deshalb rede ich mit Ihnen darüber. Ich

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