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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit rationalen Maßstäben erfassen zu wollen, war sinnlos. Rocca hatte abgehoben, war in eine andere Welt entschwebt wie seine Chefs, und in dieser Welt gab es weder ›Brüder‹ noch ›Schwestern‹ und schon gar nicht die ›Liebe als Evolutionsgesetz‹. In Roccas ganz spezieller Welt wurde nichts als vernichtet, ausgelöscht, gekillt, bestenfalls noch ›neutralisiert‹. Da wurde blitzschnell die Lage analysiert, gingen die Befehle raus – und dann nichts wie drauf. Je gefährlicher, um so schöner, je mehr Leichen, um so besser …
    Von Typen wie Rocca hatte Tennhaff schon während seiner Dienstzeit gehört und gelesen, und einmal hatte er auch einen kennengelernt: Grigorij Sublow, einen russischen Fallschirmjäger-Oberst und Afghanistan-Veteranen. Der hatte Tennhaff und seine Gruppe in einem dieser Spezial-Schleifer-Camps südlich von Moskau durch die Mühle gedreht und dann nach dem zehnten oder elften Sprung aus der alten Iljuschin die Geschichte von dem Krankenhaus voller verwundeter afghanischer Frauen und Kinder erzählt, das er in die Luft gesprengt hatte. »Mit drei Mann! Stell dir das vor. Und wir brauchten Tonnen von Sprengstoff dazu …« Held Grigorij – Held Rocca!
    »Falls bis heute einundzwanzig Uhr nicht Vollzug gemeldet ist«, hatte Ted getönt, »oder falls sich nach der Übergabe herausstellt, daß es sich um getürktes Material handelt, tritt sofort Plan B in Kraft. In einer derartigen Verteidigungslage, was bleibt uns da? Nur eines: Der ganzen Aliens-Szene, also auch etwaigen Mithelfern, Mitwissern und Sympathisanten der Folkert zu zeigen, was es heißt, sich mit uns anzulegen, und damit auch unseren Leuten den Rücken zu stärken. Der Plan B muß mit jeder Konsequenz durchgesetzt werden. Und er umfaßt nicht nur die Folkert, sondern alle genannten Personen auf der Liste.«
    Alle genannten Personen? Katis Mutter, ihr Vater, dazu irgendein Fotograf oder Journalist, den Rocca mit in Verdacht hatte, und wer sonst noch bei diesen Aktionen zum Teufel gehen mochte …
    »Und außerdem«, war Teds Abschlußkommentar, »außerdem ist unsere taktische Ausgangssituation gar nicht so übel. Schließlich haben wir die Kleine …«
    Genau darum ging es nun.
    Der Raum hatte sich geleert. Tennhaff war als letzter zurückgeblieben. Einer der Zentrum-Engel im grün-blauen Dienstanzug war gerade dabei, den Inhalt des Papierkorbs in einen Plastiksack zu schütten. Das Mädchen tat es mit einer lächelnden Hingabe, die ans Herz griff, und mit demselben Strahlen würde sie den Inhalt anschließend in den Schredder geben. Scheißpapierkorb, dachte Tennhaff, während er seine Jacke anzog. Der Inhalt würde reichen, die alle hier und für alle Zeiten ins Zuchthaus zu bringen!
    Er ging an dem Mädchen vorbei, hob die Hand, und sie lächelte. Wahrscheinlich würde sie morgen mit demselben Lächeln zur ›Ring-Weihe‹ marschieren und ein inbrünstiges ›Halleluja‹ singen …
    Der selige Glanz in blauen Augen – und ein Ted Rocca, der Menschen in den Tod jagen wollte – noch so ein Kontrast, mit dem die GW-Führung spielend fertig wurde …
    Ja, Arjun hatte recht: Das Böse will wieder die Oberhand gewinnen.
    Arjun … Arjun … Paul Legrand dachte es, während er ›La Torre‹ verließ. Er verließ den Turm durch die nur ihm vorbehaltene Tür, die mit einem Aufzug zu seinem Geheimappartement im obersten Stock des Gebäudes verbunden war. Und auch den Weg, den er nun betrat, betrat er allein, ohne die beiden Leibwächter. Der Weg war für ihn gebaut. Eine Art Galerie, schattig im Sommer, schneesicher im Winter. Nun waren es nur die in den Boden eingelassenen Leuchtbänder, die die Richtung zur ›Kathedrale‹ zeigten, doch zwischen dem Skelett der Streben konnte Legrand den Himmel sehen, die schwarzen Berge und die Sterne darüber.
    Arjun! Arjun!
    Wir kennen kein Zurück. Wir kennen nur das Weiter …
    Gute Sätze. Und ehe Arjun andere beeindruckt, beeindruckt er sich immer erst mal selbst.
    Ein Fanal in Deutschland setzen …
    Daß das Böse sich zum Angriff formierte, auch das konnte man sich an den Fingern abzählen, dazu brauchte es wirklich keine besonderen Fähigkeiten. Nur Arjun sagte es jetzt, bei diesem Briefing, ausgerechnet heute, in dieser Nacht, in der in München alles schiefzulaufen begann. Warum produzierte er solche Sätze? Was bewies es? – In erster Linie wohl etwas, das Arjun längst nicht mehr zu beweisen brauchte: Daß nämlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für ihn Begriffe

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