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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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gemacht hat...«, sagte er, wieder abgetaucht in seine Erinnerungswelten.
    »...Und das war das Bild von Shiro, wie er durchhält, so wie ich... Stark... Wie er sich widersetzt, und all seine Kraft aus seinem Denken zieht... seinem Denken und seinem Fühlen an mich. So wie ich es tat... Seiner Sehnsucht...«
    Nun begriff ich schon mehr. Und obwohl ich nun wirklich nichts für all dies konnte, fühlte ich mich in gewisser Weise verantwortlich.
    »...Ich verstehe...«
    »Ich wusste, dass du das verstehen wirst... Siehst du...«
    »...Und jetzt...?«
    »Ich will ihn wieder zurück...«
    Ich steckte mir eine Zigarette an...
    »Und ich brauch die Rechte am L'amo...«. Er lächelte weich, während er mir Wasser nachschenkte. Meine Überraschung, die man in meinem Gesicht ablesen konnte, war absolut echt...

3.

    Die zweite große Regenfront erreichte uns inmitten der Woche.
    Und dieses Mal blieb auch die Küste nicht vom Unwetter verschont.
    Wir verbarrikadierten das 'Luro', wie wir es in solchen Fällen immer taten, kontrollierten alle Fenster, vor allem die der Gästezimmer und richteten uns auf eine stürmische Nacht ein.
    Es war jener Abend, an dem ich trotz meines Urlaubs in der Küche aushalf, denn wir hatten es Sandra und Orlando frei gestellt, ob sie arbeiten wollte oder nicht. Und für ihre Entscheidung, lieber zuhause bleiben zu wollen, hatte jeder von uns Verständnis.
    Der ganze Zauber begann, wie so oft, mit einem intensiv schwefelgelben Himmel, der alsbald von grünlichgrauen bis anthrazitfarbenen Wolkenfetzen durchzogen wurde. Dazu veränderte sich die Dichte der Luft, so dass man das Gefühl hatte, schwerer atmen zu müssen. Wahrscheinlich war das auch so. Was dann folgte war ein ölig harziger Geruch, der die frischen Aromen des Waldes vertrieb.
    Dann kam der Regen.
    Dieser spezielle beginnt nicht etwa mit einem Tropfen oder einem leichten Schauer, der größeres ankündigt. So ist das nicht.
    Das Wasser fällt vom Himmel, als ein Stück, wie eine gewaltige Wasserwand.
    Laut rauschend, in einer Dichte, die einen nur atemlos staunen lässt.
    Es ist ein Naturschauspiel. Eines, das mir heute noch einen Schauer über den Rücken jagt, denn die Kraft und Gewalt, die hinter diesen Güssen steht, veranschaulichte einem immer wieder aufs neue, wie klein, wie unbedeutend und wie verwundbar man doch eigentlich ist.
    Ich arbeitete also an diesem Abend, und da wir überraschenderweise gut gebucht waren, machte es auch Sinn, dies zu tun.
    Es war der Abend, an dem der große Regen kam.
    Und es war der Abend, an dem ich die Chance bekam, Danieles Bitte zu erfüllen...
    ·
    »Draußen liegt einer...«
    Daran, wie Claudio in die Küche geschossen kam und an seinem betroffenen Gesichtsausdruck erkannten wir sofort, dass etwas Ungewöhnliches vorgefallen sein musste. Ich dachte instinktiv an einen Gast, doch Claudio schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, keiner der Gäste... draußen im Regen, auf dem Parkplatz bei der Kapelle... Adalgiso meint, ein Junkie...«
    »Lebt er noch?«, fragte Pia.
    »...Keine Ahnung...«
    »Wer hat ihn entdeckt?«
    »Einer der Gäste. Er wäre beinahe über ihn drüber gefahren... bei der Sicht...« Er wies zum Fenster.
    Ich legte mein Filettiermesser beiseite und sah zu Steffano. »Kommst du mit?«
    Er nickte und wir verließen die Küche über die Terrasse. Auf diesem Wege gelangten wir von hinten um das Haus herum, ohne die Gäste zu behelligen.
    Durch den dichten Regenschleier sah ich drei Personen, die sich über eine am Boden liegende Gestalt beugten. Die Scheinwerfer eines Wagens tauchten das ganze Szenario in gespenstisches Licht.
    »Er atmet und hat Puls...«, rief uns Adalgiso zu, als wir näher kamen. »..Der Mann hier ist Arzt!«
    »Zahnarzt...«, bestätigte dieser relativierend. »...aber für Puls und Atmung reicht es.« Er sah unter einem Schirm aus der Hocke zu uns hoch. »...Er ist bewusstlos. Schockzustand vermute ich. Und ein gehöriger Drogencocktail... da liegt ihr junger Kellner hier gar nicht so verkehrt.«
    Adalgiso nickte. »Ein Asiat...«
    Ein Asiat...
    Für einen kurzen Augenblick schloss ich mein Auge, dann sah ich direkt zu dem am Boden liegenden. Ein völlig durchnässter Haufen Mensch, der sich nicht rührte. Mehr nicht. Langes schwarzes Haar, magerer Körper, mittelgroß.
    Ich ging in die Hocke und strich ihm vorsichtig die Haare aus dem Gesicht.
    Er hatte sich verändert...
    Ich spürte kaum noch, wie der Regen den dicken Stoff meiner Kochjacke durchdrang, er in

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