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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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die Familie im Stich zu lassen.«, beschwerte er sich. »...Keiner, der nicht einen Spruch abgelassen hätte...«
    Ich erwiderte nichts, legte meinen Arm um seine Schulter und lenkte ihn zum Abkühlen nach Draußen. Eine gute Gelegenheit zum Rauchen.
    »...Na und duu, du bist ja der Allerschlimmste...«, setzte er seine Litanei fort, während er mir Feuer gab. »...Den eigenen Eltern Rebeccas Hochzeit vor der Nase wegschnappen und dann hier noch einen solchen Auftritt hinlegen...«
    Nun wurde ich hellhörig.
    »Auftritt?«
»Sag bloß, du merkst das nicht?« Er schien irritiert darüber, dass ich so gelassen blieb.
    »Was denn...?«
    »Na du und Fabio. Ja merkst du denn gar nichts? Mutter stirbt da drinnen tausend Tode, so hochnotpeinlich ist ihr das Ganze, Vater ist total besoffen, und der Rest der Meute kann gar nicht genug davon bekommen, euch zuzusehen, um sich danach das Maul zu zerreißen.« Er lachte böse. »...Der prominenteste Sohn der Stadt. Ne Schwuchtel... Was für ein Fest!«
    »Ich dachte, das wäre allen klar...«
    «Wie kommst du denn da drauf? Das ist das bestgehütete Geheimnis der Lauros. Da dringt nicht ein Sterbenswort nach Außen«. Er schüttelte angewidert den Kopf. »...Bis heute Nacht zumindest. Was für ein Fest...«, wiederholte er, prostete mir zu und trank sein Glas in einem Zug leer.
    Ich war plötzlich stocknüchtern. »Rebecca muss doch klar gewesen sein, dass...«
    » Rebecca? « Er lachte schrill. »...Ihre Rache ist so süß, dass ihr die Zähne wegfaulen müssten...«
    »Rache...?«
    »Ja weißt du denn gar nichts? Hat sie dir nichts erzählt...«
    Ich schüttelte ratlos den Kopf.
    »Na, unsere feinen Eltern haben doch Giade Anteile am D’Agosta überschrieben. Giade ist voll stimmberechtigt. Tomaso hat Druck gemacht, weil er Schiss hat, dass wir ihn irgendwann aus seinem eigenen Laden kicken. Tomaso-Schwachsinn eben. Ja, hast du denn überhaupt nichts gewusst?«
    »Das nicht - nein...«, antwortete ich geplättet.
    »Rebecca ist abgegangen wie ne Rakete, so sauer war die. Laut Anna haben die Wände nicht gewackelt, sie haben gebebt...«
    »Du hast Kontakt zu Anna?«, fragte ich überrascht.
    »Ja, sicher. Wieso nicht...? Jedenfalls ist seitdem nichts mehr so, wie es war. Giade macht einen auf Grande Dame, Tomaso spielt sich auf, als wäre Antonio schon unter der Erde und Rebecca betritt das D’Agosta nicht mal mehr, um ihre Sachen da raus zu holen...« Etwas verunsichert fragte er »...Und von alledem hat sie dir nichts erzählt?«
    »Nicht so...« Ich durchforstete meine Erinnerung, musste aber feststellen, dass sie mir die Geschichte etwas anders verkauf hatte.
    Ehren - wollte sie mich, mit dieser Feier. So hatte sie es genannt. Meinen Mut würdigen, das 'Lauro-Gesetz' durchbrochen zu haben, auf Gedeih und Verderb der Familientradition zu folgen.
    »Nein...« Stellte ich nun restlos ernüchtert fest, »...dass sie mich nur benutzt hat, war mir bis jetzt nicht klar.«
    Die Party entwickelte einen bitteren Beigeschmack. Das war die Folge von Bruch Nummer zwei.
    ·
    Wut ist ein wirklich starkes Gefühl, mit dem ich nicht gelernt hatte, umzugehen. Und ich war verdammt wütend.
    Rebecca noch in der Nacht ihrer Hochzeit zur Rede zu stellen, brachte ich nicht fertig, schlafen gehen kam nicht in Frage, mit jemandem darüber zu reden, sah ich mich außer Stande - blieb also noch die Küche oder weglaufen...
    Etwas vorbereiten, wegräumen, schneiden, rühren oder garen. Irgendwas war mit Sicherheit zu tun.
    Die Küche war mein Refugium. Mein Sicherheitsraum. Dort war ich Herr über Pfannen und Messer - da herrschte Klarheit. Das war mein Atelier, ich konnte kreativ sein, fand meine Ruhe, Inspiration.
    Und Raum für meine Wut...
    Mein Zentrum.
    Das der dritte Bruch dieses Abends unmittelbar mit der Entscheidung zusammenhing, mich in meine Küche, meinen 'Tempel' zurückzuziehen, hatte schon etwas Groteskes.
    Exakt wie das, was sich mir bot, als ich unbedarft die Tür zur Speisekammer öffnete, um mir ein Stück Parmesan zu holen.
    Es gibt Bilder, die möchte man nicht sehen, sie sich nicht einmal vorstellen. Die gehören nicht ins Gedächtnis. Da haben sie einfach nichts zu suchen, denn einmal in die Netzhaut eingebrannt, wird man sie nicht mehr los.
    Nie mehr...
    Ein grob mit der Geigerin des Abends kopulierender Tomaso gehörte für mich ganz eindeutig zu diesen Bildern.
    Und wäre mein Widerwille gegen ihn nicht so irrsinnig groß gewesen, so hätte ich der ganzen Szenerie

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