Der Herzensbrecher
irgendwas?« fragte sie, während er reglos im Sattel saß.
Dich, dachte er, von ihrer Schönheit bezaubert. Im Licht des Sonnenuntergangs glich ihr Haar einem Glorienschein. Ihre Wangen schimmerten so rosig wie in jenen Stunden beglückender Leidenschaft, die sie geteilt hatten, bis das fragile Band zerrissen war - durch seine Schuld. Heiße Sehnsucht stieg in ihm auf. Aber die Liebe, die sie brauchte, konnte er ihr nicht schenken. Vielleicht hatte sie recht, und es wäre besser, sie würde aus seinem Leben verschwinden. Dann würde er in die kalte Höhle zurückkehren, die ihn während der endlosen Monate nach Does Tod vor Trauer und Schuldgefühlen und Einsamkeit geschützt hatte.
Würde ihn diese Finsternis auch von dem Schmerz heilen, den er jetzt empfand, wenn er Heather nur anschaute?
In der nächsten Woche traf Evan Randolf in Colorado ein. Heather hatte gerade ihren Nähkorb auf den Küchentisch gestellt, als es an der Vordertür klopfte nicht an der Hintertür, wie es üblich war, wenn die Nachbarn zu Besuch kamen.
Verwundert starrte sie den unerwarteten Gast an. »Evan!«
Er lächelte charmant, nahm den Hut ab und entblößte sein sorgsam frisiertes schwarzes Haar. Elegant wie eh und je, trug er einen schokoladebraunen Gehrock und eine beige Hose. »Ich hoffe, es geht dir gut, meine Liebe?«
»Ja - gewiss ...«, log sie verwirrt, spähte an ihm vorbei und entdeckte eine luxuriöse Kutsche in der Zufahrt.
»Freut mich, dich nach so langer Zeit wiederzusehen. Ich habe dich sehr vermisst. Willst du mich nicht ins Haus bitten?«
Zweifellos war es unhöflich, einen Besucher auf der Schwelle stehenzulassen. Aber sie misstraute ihm. Andererseits schlug er einen versöhnlichen Ton an. Der Anblick eines bekannten Gesichts aus der Heimat würde sie außerdem von ihrem Kummer ablenken. »Doch, natürlich - komm herein.« Sie nahm ihm den Hut und den Spazierstock ab. »Darf ich dir eine Tasse Tee anbieten?«
»Danke, sehr gern. Die Fahrt von Denver hierher war sehr lang und beschwerlich - dieser grässliche Staub ...«
»Gut, dann will ich das Wasser aufsetzen.« Sie zögerte. »Wartest du im Salon, oder begleitest du mich in die Küche?«
»Selbstverständlich ziehe ich deine Gesellschaft in der Küche vor.«
Heather führte ihn zum Hintergrund des Hauses und überlegte, was dieser Besuch bedeuten mochte. Als sie die Küche betraten, zog sich Janna an einem Tischbein hoch und starrte den fremden Mann neugierig an. »McCords indianische Tochter?« fragte er.
»Ja«, bestätigte sie kühl und fest entschlossen, Janna gegen alle Demütigungen zu verteidigen, »und jetzt auch meine Tochter.«
Kritisch musterte er das schwarzhaarige Kind, die großen Augen, die hohen Wangenknochen. »Sicher wird sie zu einer Schönheit heranwachsen.«
Mit dieser Bemerkung. stimmte Evan Randolf, ein legendärer Kenner weiblicher Reize, Jannas Stiefmutter etwas milder. »Nimm doch Platz.« Sie ergriff die Hand des kleinen Mädchens und führte es in die Spielecke. Dann füllte sie den Kessel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd.
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie sich ihr Gast in der Küche umschaute. »Hast du keine Dienstboten?«
»Nein«, erwiderte sie lächelnd. »Aber wenn ich Hilfe brauche, springen Sloans Cowboys ein.«
»Und wie kommst du unter diesen schwierigen Umständen zurecht?«
»So schlimm ist es nicht«, entgegnete sie und stellte das Teegeschirr auf den Tisch. »Es macht mir sogar Spass, alle Herausforderungen anzunehmen.«
»Aber du hast was Besseres verdient, Heather, und ich bezweifle, dass du hier glücklich bist.«
Statt zu antworten, wechselte sie das Thema. »Was führt dich nach Colorado?«
»Ich hatte geschäftlich in Denver zu tun. Und um den wichtigsten Grund meiner Reise zu erwähnen ich sorge mich um dich.«
»Warum?«
»Neulich traf ich Richard Weld. Er meinte, du würdest vielleicht Hilfe brauchen.« Bestürzt runzelte Heather die Stirn. Niemals hätte sie gedacht, Richard könnte ihr Vertrauen enttäuschen. Evan schien ihre Gedanken zu erraten. »Zunächst wollte er nicht mit der Wahrheit herausrücken. Doch er hatte mir versprochen, dich im Auge zu behalten, und schließlich entlockte ich ihm ein paar Informationen. Er erzählte mir, du würdest eine Stellung in Denver suchen. Deshalb bin ich hierhergekommen - um dir beizustehen.«
»Ich fühle mich geschmeichelt, Evan, aber diese Mühe
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