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Der heulende Müller

Titel: Der heulende Müller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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hindurch wie ein wütendes Nagetier.
    Huttunen sah sich das Schauspiel an und verlor schließlich die Geduld.
    »Hör sofort auf, du verrückter Kerl. Du kannst ja nicht mal richtig spielen! Verdammt, wenn ich ein Bär gewesen bin, war das jedenfalls nicht so ein Gehampel.«
    Viittavaara schöpfte Atem und zwang sich zur Ruhe. »Ich meine damit bloß, wenn das so weitergeht, läßt
    dich der Ausschuß fesseln und nach Oulu in die Ner­ venklinik bringen. Wir haben auch schon mit Ervinen darüber gesprochen. Der Doktor hat mir gesagt, du bist geisteskrank. Ein manisch-depressiver Irrer. Siponens Frau hast du ja neulich nachts so zugerichtet, daß sie taub wurde. Fällt es dir wieder ein? Dem Kaufmann hast du die Waage gestohlen und im Brunnen versenkt. Tervola hat tagelang seine Graupen zum Schätzpreis verkaufen müssen und dabei Verluste gemacht.«
    Huttunen geriet in Wut. Was gab diesem Kerl das Recht, zu ihm in die Mühle zu kommen, ihn zu tadeln und ihm zu drohen? Viittavaara verdiente einen Faust­ hieb in seine dicke Fresse, doch im letzten Moment besann sich der Müller auf Sanelma Käyrämös Warnun­ gen.
    »Schaff sofort deine Gerste weg, jedes einzelne Korn! Einem Kerl wie dir mahle ich keinen Krümel. Und bring den verfluchten Gaul von diesem Hof, oder ich jage ihn in den Wasserfall.«
    Viittavaara sagte mit eisiger Ruhe:
    »Du mahlst, was dir befohlen wird. Es gibt noch ein Gesetz auf dieser Welt, und das werde ich dich lehren. Vielleicht konntest du im Süden das Großmaul spielen, aber hier funktioniert so was nicht. Merk dir das gut,
    ich komme kein zweites Mal, um dich zu warnen.« Huttunen stürmte in die Mühle und stoppte die Anla­
    ge. Er schüttete das fertige Mehl aus, trampelte darin herum und richtete die Mündung des Trichters am Oberstein vorbei auf den Fußboden. Dann wuchtete er sich einen ungeöffneten Kornsack auf den Rücken, rannte damit auf die Fuhrbrücke, riß das Messer aus dem Gürtel und schlitzte den Sack an der Seite auf. Er schüttete das Korn in den Wasserfall und schleuderte die Sackfetzen hinterher. Die restlichen Säcke warf er ungeöffnet in den Fluß.
    Viittavaara band den scheuenden Wallach los und führte ihn auf die Landstraße. Von dort rief er dem Müller zu:
    »Jetzt ist das Maß voll, Kunnari! Du hast mir fünf Sack prima Gerste ruiniert, das hat ein Nachspiel!«
    Im Fluß schwammen durchweichte Kornsäcke. Hut­ tunen spuckte hinterher. Die Mühle stand schweigend da, auf dem Hof dampfte der Farbkessel. Huttunen packte die feuerrote Farbkelle und rannte damit auf Viittavaara los. Der Bauer klatschte dem Wallach die Zügel auf den Rücken, und der setzte sich in Trab, daß die Gummiräder des Wagens quietschten. Durch das Hufgetrappel tönte Viittavaaras Drohung:
    »Auch für Irre gilt das Gesetz! So ein verdammter Bandit gehört gefesselt und geknebelt!«
    Der Strom riß Viittavaaras Korn mit sich. Huttunen ging müde in seine Mühle. Er fegte das verstreute Gerstenmehl mit einem Auerhahnflügel zusammen und warf es aus dem Fenster in den Fluß.
    8
    Wachtmeister Portimo, ein älterer Mann und erfahrener Polizist, fuhr gemächlich auf seinem alten Fahrrad zur Mühle von Suukoski. Als er näher kam, registrierte er, daß Huttunen damit beschäftigt war, seine Mühle anzu­ streichen. Eine Wand war bereits fertig. An der anderen, oberhalb der Mühlenbrücke, stand der Müller auf einer Leiter und strich roten Ocker auf die grauen Balken.
    Kunnari ist daheim, wenigstens bin ich nicht umsonst gekommen, dachte der Wachtmeister träge. Er lehnte sein Fahrrad an die Südwand der Mühle, denn die war noch nicht angestrichen.
    »Du hast dich ans Renovieren gemacht«, rief er Hut­ tunen zu, der mit dem Farbtopf von der Leiter stieg.
    Die Männer machten eine Zigarettenpause, Huttunen gab Feuer. Verflixt, dachte er, Viittavaara hat die Sache mit den Kornsäcken ausposaunt. Nach eine paar Zügen fragte er den Polizisten:
    »Du bist im Namen des Gesetzes unterwegs?« »Ein landloser Polizist wie ich bringt kein Korn in die
    Mühle. Es geht um die Sache mit Viittavaara.« Als sie zu Ende geraucht und das Anstreichen der
    Mühle besprochen hatten, ging Wachtmeister Portimo an die Ausübung seines Dienstes. Er holte eine Rech­ nung aus der Brieftasche und überreichte sie Huttunen. Der Müller las, daß er Viittavaara den Wert von fünf Sack Korn schulde. Er holte einen Stift und Geld aus der Mühle, bezahlte und schrieb seinen Namen auf das Blatt Papier. Der Preis war nicht

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