Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Titel: Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
aus seinen Armen und lehnte mich gegen den Mast. Mein Herz jagte, als wäre ich meilenweit gelaufen, und obwohl ich noch immer vor Kälte zitterte, brach mir am ganzen Leib der Schweiß aus.
    »Es ist ... nichts«, sagte ich mühsam. »Ein Schwächeanfall, mehr nicht. Es geht schon wieder.« In Wirklichkeit fühlte ich mich sterbenselend. Hätte ich mich nicht an den Mast lehnen können, wäre ich abermals gestürzt.
    »Robert! Geh in das Boot! Schnell!« Es fiel mir schwer, Andaras Worten zu folgen. Das Schiff bewegte sich noch immer vor meinen Augen, als betrachtete ich es durch fließendes Wasser, und das Klatschen der Wellen hallte seltsam verzerrt in meinen Ohren wider. Trotzdem stemmte ich mich gehorsam hoch, drehte mich herum und wankte auf eines der Rettungsboote zu.
    Die Matrosen saßen bereits an ihren Plätzen, sechs Mann in jedem Boot, viel zu wenige, um die LADY nennenswert von der Stelle bewegen zu können, aber alles, was Bannermann entbehren konnte. Die Davids bewegten sich quietschend; eines der Boote löste sich aus seiner Halterung, schwebte, von vier armdicken rostigen Ketten gehalten, eine Handbreit über die Reling und senkte sich langsam auf die Wasseroberfläche herab.
    Es erreicht sie nie.
    Das Meer barst in einer plötzlichen Explosion aus Wasser und weißer schaumiger Gischt auseinander. Etwas Großes, ungeheuer Großes und Massiges wuchs wie ein schwarzgrüner Berg neben dem Schiff empor, bäumte sich mit einem gewaltigen Urschrei auf und versank wieder im Meer. Das Schiff bebte. Eine drei Meter hohe Flutwelle traf seine Flanke wie ein Hammerschlag, spülte brüllend über die Reling und riß die Matrosen von den Füßen. Auch ich strauchelte, schlug schmerzhaft irgendwo mit dem Hinterkopf auf und griff blindlings um mich. Für einen Moment drohte ich das Bewußtsein zu verlieren. Eine unsichtbare Riesenfaust packte mich, preßte mich mit gnadenloser Kraft gegen das Deck und trieb mir die Luft aus den Lungen. Ich versuchte zu schreien, bekam den Mund voll Wasser und schluckte instinktiv. Die LADY OF THE MIST stöhnte wie unter Schmerzen. Irgendwo splitterte Holz, und durch den blutigen Schleier vor meinen Augen sah ich, wie das Boot, das bereits außerhalb des Schiffes an seinen Ketten hing, mit gnadenloser Kraft angehoben und gegen die Reling geschmettert wurde. Das armdicke Holz zersplitterte wie ein Span. Die Männer im Innern des Bootes wurden wie Spielzeugfiguren durcheinandergeschleudert; einer schrie auf, ruderte hilflos mit den Armen und kippte in einer grotesk langsamen Bewegung über Bord. Mit einem lautlosen Schrei versank er in den kochenden Fluten, um nie wieder aufzutauchen.
    Ich hustete, spuckte Salzwasser und bittere Galle aus und versuchte, mich auf Händen und Knien hochzustemmen. Das Schiff legte sich in einer schwerfälligen Bewegung auf die Seite, krängte einen Moment bedrohlich über und richtete sich zitternd und stöhnend wieder auf. Die Erschütterung schmetterte mich abermals zu Boden. Hoch oben im Wald der Masten zerbrach etwas. Holz, Segeltuch und Tauwerk regneten wenige Meter hinter mir auf das Deck herab, als ich mich zum zweiten Mal hochstemmte.
    Aber das Chaos war noch nicht vorüber.
    Im Gegenteil. Es begann erst.
    Zum zweiten Mal brach das Meer auf, unmittelbar unter und neben dem Boot, das über der zersplitterten Reling schaukelte. Ein halbes Dutzend unterarmstarker, peitschender Tentakeln zuckte aus dem schaumigen Wasser, richteten sich wie ein zitternder Wald schleimiggrüner Schlangen auf und tasteten mit blinden, suchenden Bewegungen umher.
    Die Männer im Boot begannen zu schreien. Die grünen Schuppenarme näherten sich der winzigen Pinasse, fuhren mit kratzenden, schabenden Geräuschen über das Holz und tasteten nach seinen Insassen. Einer von ihnen stemmte sich hoch, schlug mit einer verzweifelten Bewegung den Tentakel, der sich um seine Beine schlingen wollte, beiseite, und versuchte mit einem Sprung das Schiff zu erreichen, aber der furchtbare Angreifer war schneller. Ein zweiter Fangarm zuckte vor, packte den Mann mitten im Sprung und riß ihn mit einer brutalen Bewegung zurück. Wie eine angreifende Schlange wickelte er sich um seinen Leib und zog ihn dann unter Wasser. Das Meer kochte dort, wo er versunken war, und die Blasen, die sprudelnd an die Oberfläche brachen, waren plötzlich rosa.
    Die Tentakel hatten sich wie eine gewaltige, vielfingrige Hand um das Boot geschlossen, ein kriechender, lebender Käfig, der die Pinasse und die

Weitere Kostenlose Bücher