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Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

Titel: Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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andere mit ihm zu besprechen. Der weißhaarige Anwalt war eine gute Stunde nach mir eingetroffen, und auf seinem Gesicht hatte ein Ausdruck gelegen, als hätte er mit Cthulhu um seine Seele gepokert und verloren. Er hatte nicht sehr viel gesagt, aber nach dem wenigen, was ich ihm hatte entlocken können, schien der »Dämpfer«, den er Cohen hatte versetzen wollen, zu einem Bumerang geworden zu sein. Die »Persönlichkeiten«, von denen der Captain gesprochen hatte, mußten noch um einiges hochgestellter sein, als ich – und wohl auch er – bisher angenommen hatten. Es sah ganz so aus, als wäre mein »friedliches« Leben in London endgültig vorbei. Howard und er waren überein gekommen, daß Gray in meinem Haus bleiben und die Stellung halten sollte, bis wir aus St. Aimes zurück waren. Grays Einfluß und juristisches Können mochte auf jeden Fall reichen, mir bis zu unserer Rückkehr Luft zu verschaffen. Und wenn wir nicht zurückkamen, hatte Cohen ohnehin erreicht, was er wollte. Er hatte mir zwar verboten, die Stadt zu verlassen, aber ich hatte das sichere Gefühl, daß er ganz froh sein würde, wenn ich dieses Verbot mißachtete und Fersengeld gab.
    Trotzdem waren wir vorsichtig gewesen. Cohen war kein solcher Trottel wie Tornhill, der mir meine erste Bekanntschaft mit Scotland Yard versüßt hatte. Ich war ziemlich sicher, daß er mein Haus beobachten ließ, und so waren Howard, Rowlf und ich zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Richtungen aus dem Haus gegangen, wobei ich mich auf Howards Drängen hin noch zusätzlich mit einem viel zu weiten Mantel und einer albernen Kapuze getarnt hatte.
    Anschließend war ich eine gute Stunde kreuz und quer durch die Stadt gegangen und gefahren, durch die Markthallen und ein großes Kaufhaus gelaufen, in drei verschiedenen Kneipen gewesen, die ich allesamt durch die Hintertür verlassen hatte, und sogar über ein paar Dächer geklettert und ein Stückweit durch die Tunnel der gerade im Bau befindlichen Untergrundbahn gerannt. Nicht einmal der Urvater sämtlicher Spürhunde hätte meine Fährte jetzt noch aufnehmen können.
    Jetzt war ich auf dem Bahnhof und wartete auf den Zug. Trotz der Odyssee, die ich hinter mir hatte, blieb noch eine gute halbe Stunde Zeit, die ich damit verbrachte, möglichst unauffällig auszusehen und nach Howard und Rowlf Ausschau zu halten, die sicher längst auf mich warteten.
    Ich fühlte mich nicht sonderlich wohl; trotz meiner Verkleidung und der Mühe, die ich mir gegeben hatte, einen hypothetischen Verfolger abzuschütteln, traute ich dem scheinbaren Frieden nicht. Cohen war kein Idiot. Wenn er mich beschatten ließ und wenn sein Mann ihm mitteilte, daß er meine Spur verloren hatte, würde er rasch die richtigen Schlüsse ziehen.
    Das einzige, was mich beruhigte, war die Tatsache, daß der Bahnsteig nahezu vor Menschen aus den Nähten platzte; es schien eine Unzahl von Leuten zu geben, die die Stadt verlassen wollten. Im Augenblick gab mir die Menge genügend Deckung, selbst wenn Cohen einen seiner Männer hergeschickt hatte. Und wenn wir erst einmal im Zug waren, würden wir sehen.
    Eine Bewegung auf der anderen Seite des Bahnsteiges erregte meine Aufmerksamkeit. Rasch trat ich hinter eine der verwitterten Eisensäulen, die das Dach trugen, schlug die Kapuze ein wenig zurück und versuchte, über die Köpfe der dicht gedrängten Menge hinwegzuschauen.
    Rowlfs hektisch gerötetes Bulldoggengesicht war unverkennbar, selbst über die große Entfernung hinweg. Er stand, beide Hände in die Jackentasche vergraben und ungeduldig mit den Füßen aufstampfend, vor der Tafel mit den Abfahrtszeiten und blickte abwechselnd auf die kleingedruckten Buchstaben und die Normaluhr, die über seinem Kopf von der Decke hing. Dann schlug er den Jackenkragen hoch und ging mit weit ausgreifenden Schritten zu der Teebude am anderen Ende des Bahnhofes hinüber. Ich überlegte einen Moment, ob ich ihm folgen sollte, entschied mich aber dann dagegen.
    Die Gefahr, erkannt zu werden, war zu groß. Wenn wir uns erst im Zug trafen, waren wir auf jeden Fall sicherer.
    Der Gedanke ließ mich lächeln. Ich begann mich schon zu benehmen und – was schlimmer war – so zu denken, als wäre ich auf der Flucht. Dabei waren die Männer, vor denen ich mich im Moment verbarg, meine Verbündeten. Es war zum Verrücktwerden!
    Ich sah auf die Uhr, stellte fest, daß ich noch knapp dreißig Minuten Zeit bis zur Abfahrt hatte, und wandte mich fröstelnd um, um ins

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