Der Hexer - NR31 - Die Macht des NECRONOMICON
Himmel.
Hinter ihm ertönten Schritte, und als er sich herumdrehte, sah er einen Krieger auf sich zulaufen, taumelnd und so schwach vor Erschöpfung, daß er drei Schritte vor ihm auf die Knie fiel und sekundenlang würgend nach Luft rang, ehe er überhaupt sprechen konnte.
»Tot«, stammelte er. »Sie... sie haben ihn... erschossen, Bruder. Sie haben... Simon ermordet.«
»Was ist geschehen, Bruder?« fragte Balestrano mit erzwungener Ruhe. »Sprich.«
Der Templer keuchte, versuchte sich hochzustemmen und sank wieder in den Sand zurück, als seine Beine unter seinem Gewicht nachgaben. Die Adern an seinem Hals pochten so heftig, als wollten sie zerreißen.
»Ich bin Bruder Simon gefolgt«, begann er schweratmend. »Wie du befohlen hast. Er... er wurde von zwei Männern aufgegriffen, aber zuerst schienen sie freundlich. Trotzdem hielt ich mich noch weiter verborgen.«
»Das war richtig.« Balestrano nickte. »Weiter?«
»Sie brachten ihn ins Lager«, fuhr der Templer fort. »Ich sah, wie... wie er mit einem von ihnen sprach. Einem Mann in Uniform, vielleicht ihr Anführer, dachte ich.«
»Dachtest du?« Balestrano war die Wortwahl des Kriegers nicht entgangen.
Der Mann nickte. In seinem Gesicht zuckte ein Nerv. »Er ist bei ihnen, Bruder«, stammelte er. »Necrons Verbündeter. Der Mann mit der weißen Strähne.«
Balestrano keuchte. Sein Herz machte einen schmerzhaften Sprung. »Craven?« fragte er ungläubig. »Bist du sicher?«
»Ganz sicher!« antwortete der Templer. »Ich habe ihn erkannt. Ganz genau. Bruder Simon sah ihn auch und versuchte ihn zu töten, aber sie waren schneller. Sie... sie haben ihn erschossen. Er hatte keine Chance.«
»Craven?« murmelte Balestrano, als hätte er die letzten Worte des Mannes gar nicht gehört. »Robert Craven? Er lebt? Und er ist hier?«
Der Mann nickte. Er sagte nichts mehr, und auch Balestrano verfiel für lange Minuten in Schweigen. Hinter ihm bewegten sich Schatten. Die Dunkelheit grinste höhnisch. Aber das sah niemand.
Und selbst, wenn Balestrano es gesehen hätte – jetzt wäre es ihm gleich gewesen.
»Ruf die anderen zusammen«, sagte er nach einer Weile. »Erzähle ihnen, was geschehen ist. Und dann haltet euch bereit.«
Plötzlich war alle Schwäche aus seiner Stimme gewichen. »Wir greifen das Lager an, noch ehe die Sonne aufgeht.«
* * *
»Nichts mehr zu machen.« Annie seufzte, richtete sich mit einer hilflos wirkenden Bewegung auf und warf einen raschen Blick auf Sitting Bull. Aber auch der alte Sioux-Häuptling schüttelte nur den Kopf.
Er hatte Pedersen als erster untersucht, aber selbst seine geschickten Hände waren zu spät gekommen. Der junge Arzt mußte auf der Stelle tot gewesen sein.
»Es tut mir leid«, sagte Annie, diesmal an Slaughter gewandt, der mit steinernem Gesicht und vor der Brust verschränkten Armen vor dem Zeltausgang stand. Seit dem uns allen unerklärlichen Amoklauf des Tempelritters waren kaum fünf Minuten vergangen, und draußen im Lager herrschte noch immer helle Aufregung. Durch die dünnen Zeltbahnen drangen aufgeregte Stimmen, Schritte und Schreie, dann und wann das Wiehern eines Pferdes oder Hufschlag. Slaughter war vor wenigen Augenblicken wieder zu uns hereingekommen, nachdem er seine Männer auf die Felsen über dem Lager gescheucht hatte, wo sie mit entsicherten Gewehren Wache standen. Seltsamerweise hatte er kein Wort gesagt; bisher.
Jetzt aber blitzte es in seinen Augen auf. »Leid?« wiederholte er Annies Worte. Seine Stimme hatte einen beißenden Klang. »So, es tut Ihnen also leid, Miß Oakley.« Er schürzte die Lippen, atmete hörbar ein und blickte einen Moment auf Pedersen herab, ehe er fortfuhr, viel leiser und mit völlig veränderter Betonung. »Es ist schön, wenn es Ihnen leid tut, Miß Oakley. Vor allem, wenn man bedenkt, wie erfüllt Pedersens Leben bisher gewesen ist. Und wie verdammt lang.« Er sah auf, blickte aber mich an, nicht Annie, als spüre er instinktiv, wer der Hauptverantwortliche für all das hier war. »Diese Mission hier war sein erster Befehl, wissen Sie das, Craven?«
»Bitte, Captain«, sagte ich. »Sie müssen uns glauben, daß es uns leid tut. Niemand wollte das.«
»Natürlich nicht, Craven«, antwortete Slaughter. »Dieser Irre wollte nicht Pedersen treffen, nicht wahr, sondern Sie! Der Dolch galt Ihnen.«
Ich nickte. Es wäre wohl ziemlich albern gewesen, das Offensichtliche abzustreiten.
»Warum?« fragte Slaughter ruhig.
»Ich habe keine Ahnung«,
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