Der Hexer - NR39 - Die Rache des Schwertes
auch, doch das Geschoß hatte durch den weiten Weg so viel von seiner Wucht verloren, daß es das Panzerhemd des Templers nicht mehr durchschlagen konnte.
Sill el Mots nächster Pfeil galt einem vorwitzigen Mamelucken, der speerschwingend auf uns zustürmte. Ein gellender Schrei hallte durch die Wüste dann trabte das Pferd mit leerem Sattel zurück.
»Kommt, ihr Verräter, und verdient euch den Preis, den dieser Bastard auf meinen Kopf ausgesetzt hat«, schrie Sill, als die Mamelucken erschreckt ihren Kreis erweiterten.
Guillaume de Saint Denis begann zornig zu brüllen. »Feiglinge! Ich werde jeden eigenhändig töten, der flieht! Was seid ihr nur für Kreaturen!? Sie sind nur zwei, und ihr zwanzig!« Er hob sein Schwert – mir fiel auf, daß er die Waffe mit der Linken führte – und deutete befehlend auf Sill.
»Vorwärts, Mamelucken! Tötet ihn! Der Desert-Master wartet nicht gerne!« Die Mamelucken rückten tatsächlich wieder einige Yards vor, ganz offensichtlich allein durch die Erwähnung des Desert-Masters eingeschüchtert. Doch Sill el Mot mußte nur seinen Bogen heben, um sie wieder zum Stehen zu bringen.
Es war fast zum Lachen. Die Templer und ihre Handlanger würden mit Sicherheit keine zehn Sekunden brauchen, uns niederzumachen. Doch die abergläubische Furcht, die Sill el Mots düsterer Ruf in die Herzen der Mamelucken gepflanzt hatte, erwies sich als stärker als die Autorität de Saint Denis’. Vor ihm mochten sie Angst haben – doch Sill el Mot war ein Dämon für sie, ein Geschöpf der Dschehenna, das sie mehr fürchteten als den Tod.
Trotzdem gab ich mich keinen falschen Hoffnungen hin. Letztlich würde die Autorität der Templer siegen. Nach allem, was ich mit Guillaume de Saint Denis und seinen kreuztragenden Kameraden erlebt hatte, zweifelte ich keine Sekunde daran, daß er einen oder auch mehrere seiner Mamelucken umbringen würde, um die anderen einzuschüchtern.
Und die vier Templer wurden jetzt sichtlich unruhig. Zwei von ihnen begannen den Kreis ihrer Mamelucken abzureiten und redeten heftig auf sie ein, wobei sie die Hände in kaum mehr verhohlener Drohung auf ihre Schwerter legten.
Schließlich zog der Templer, der bei de Saint Denis zurückgeblieben war, sein Schwert mit einer dramatischen Geste blank und hob es über den Kopf. »Vorwärts, Mamelucken!« schrie er. »Mehr als zwei oder drei von uns kann er nicht erwischen!« Er gab seinem Pferd die Sporen. Drei, vier Mamelucken lösten sich auch gehorsam aus dem Kreis, um ihm zu folgen. Doch der Rest blieb stehen. Der Ritter sprengte noch zehn, fünfzehn Schritte weiter, verhielt sein Pferd und sah sich unsicher um.
Guillaume de Saint Denis machte eine besänftigende Geste.
»Es hat keinen Sinn, den Helden spielen zu wollen, Bruder de Guivac«, sagte er. »Diese Memmen geben doch nur Fersengeld, wenn dir dieser Kerl einen Pfeil durch den Leib schießt.«
De Guivac hielt sein Pferd mit einem gräßlichen französischen Fluch an und drohte den Mamelucken mit der gepanzerten Faust. »Verdammte Hunde, wollt ihr jetzt gehorchen? Sonst schlage ich euch eigenhändig die Schädel ein!«
Ich starrte ihn zornig an. Es war nicht einmal die unmittelbare Lebensgefahr, in der ich schwebte. Es war weiß Gott nicht das erste Mal, daß ich mit der Waffe in der Hand oder den bloßen Fäusten um mein Leben kämpfen mußte und, soweit das überhaupt möglich war, hatte ich mich halbwegs an solch unerfreuliche Zwischenfälle gewöhnt. Was mich schier zur Weißglut brachte, war die unverschämte Art, in der sich die vier Templer über uns unterhielten – als existierten wir gar nicht.
Obwohl ich sein Gesicht wegen des geschlossenen Visiers nicht sehen konnte, merkte ich, daß Saint Denis nervös wurde. Ich kannte die Oberen des Templerordens gut genug, um zu wissen, daß sie für eine Niederlage nur selten eine Entschuldigung gelten ließen. Und de Saint Denis stand nur knapp vor einer solchen. Einer Niederlage, die nicht Sill el Mots Bogen und mein Revolver ihm beibringen würden, sondern seine mangelnde Autorität über die eigenen Leute.
Er starrte fast hilflos zu uns herüber. Sein Gesicht war hinter dem mattglänzenden Eisen seines Helmes verborgen, aber es war wahrhaftig nicht schwer, seine Gedanken zu erraten.
Auch die anderen Templer schienen nicht genau zu wissen, wie sie sich verhalten sollten. Die Herren hatten wohl zu lange ihren Mamelucken die Drecksarbeit überlassen, um sie jetzt so ohne weiteres selbst erledigen zu
Weitere Kostenlose Bücher