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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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Glatze.
    Der Mönch fiel in sich zusammen wie ein Ochse, dem man einen Eisenkolben zwischen die Augen geschlagen hatte. Blut sickerte in den staubigen Boden des Bergfrieds; Bruder Eckhart zuckte noch einmal, dann brachen seine Augen. Der Henker wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Sei froh, dass du’s hinter dir hast, Schwarzkittel«, keuchte Kuisl. »Auf Reliquienfälschung steht ein weitaus schmerzvollerer Tod.«
    Magdalena hatte während des Kampfes hinter einer der Kisten gestanden. Gerade wollte sie ihrem Vater zu Hilfe eilen, als sich plötzlich von hinten eine Hand um ihren Hals legte. Etwas Kaltes, Spitzes presste sich gegen ihre rechte Schläfe.
    »Lass sofort den Knüppel fallen, Henker!«, zischte der Prior. Er war in der Zwischenzeit die Treppe heruntergeschlichen und hielt nun Magdalena den kühlen Lauf der Pistole an den Kopf. »Oder deine Tochter wird noch vor dir in der Hölle schmoren!«
    Jakob Kuisl wandte sich zu Magdalena um. Als der Schongauer Scharfrichter die Waffe in der Hand des Priors sah, ließ er sofort den Prügel sinken. In seinen Augen konnte die Henkerstochter jetzt tatsächlich Angst blitzen sehen.
    »Hör zu, Mönch«, begann Kuisl, der seinen Zorn nur mühsam zügeln konnte. »Was du mit mir anstellst, ist mir egal. Ich hab mein Leben gelebt. Aber meine Tochter lass aus dem Spiel!«
    »Mitgehangen, mitgefangen!«, höhnte Pater Benedikt, der mittlerweile wie eine hungrige alte Krähe hinter dem Prior aufgetaucht war. Sein Blick fiel auf den toten Eckhart. »Um ihn ist es nicht schade, den fetten Dirnenschänder!«, fauchte er. »Er war böse und krank, aber wir brauchten ihn, um die schweren Kisten zu schleppen. Genauso wie Laurentius. Der Novizenmeister war der Einzige, der mit seinen feinen Fingern die Steine und das Blech zu täuschend echten Heil­tümern zusammensetzen konnte.« Benedikt seufzte. »Ein wahrer Künstler! Wirklich schade, dass er von uns gegangen ist.«
    »Tut doch nicht so scheinheilig!«, keuchte Magdalena. Der Prior bohrte ihr die Mündung so fest an die Schläfe, dass ein feines Rinnsal Blut über ihre Wange lief. Unbeirrt fuhr sie fort: »Wahrscheinlich habt ihr Laurentius selbst auf dem Gewissen, weil er Angst bekommen hatte und euch verraten wollte.«
    »Da täuschst du dich, Mädchen«, erwiderte Pater Benedikt kühl. »Wir wissen selbst nicht, wer dem guten Laurentius das angetan hat.« Er deutete auf das Loch im Boden. »Irgendetwas lauert dort unten. Wir haben die Öffnung mit einer Platte versperrt, aber ihr musstet sie ja wieder entfernen. Ihr kommt doch selbst von dort her. Also sagt schon, was habt ihr in den Gängen gesehen?«
    »Jedenfalls keinen Golem und auch keinen Hexer«, ertönte der brummige Bass des Henkers. »Wir suchen meine Enkel, das ist alles.«
    »Deine … Enkel ?« Der Bibliothekar stutzte kurz, dann fing er an zu gackern wie ein Huhn. »Ha, sag nicht, das alles hier ist nur geschehen, weil der tölpelhaften Dirne ihre Bälger weggelaufen sind!«
    »Der Hexer hat sie entführt, du alter Narr!«, schrie Magdalena zornig. Tränen der Wut rannen ihr übers Gesicht. »Wenn keiner von euch der Hexer ist, wer ist es dann? Sprecht schon! Wer weiß, was dieser Verrückte meinen Kindern gerade antut!«
    Doch Pater Benedikt lachte hysterisch weiter, sein höhnisches Gemecker hallte laut durch den Keller des Bergfrieds. Endlich hielt er inne und wischte sich über das Gesicht.
    »Das ist zu gut«, erwiderte er atemlos. »Ihr glaubt also wirklich, dass einer von uns der Hexer ist – und wir haben geglaubt, dass es einer von euch ist! Und während wir uns hier gegenseitig abschlachten, pfeift der wahre Hexer irgendwo sein Liedchen. Nein, das ist wirklich zu gut.«
    Magdalena zögerte. Es sah nicht danach aus, als würde ihr Pater Benedikt etwas vormachen.
    »Und … und mit den gestohlenen und wiederaufgetauchten Hostien habt ihr auch nichts zu schaffen?«, fragte sie unsicher.
    »O Gott, nein!« Der Bibliothekar zuckte mit den Schultern. »Was für ein Interesse sollten wir schon an ein paar staubigen Oblaten haben? Die kann man ja nicht mal einschmelzen. Allerdings muss ich euch enttäuschen. Wieder aufgetaucht sind die Hostien immer noch nicht. Die Mons­tranz, die der unglückselige Laurentius aus dem Wald mitbrachte, war leer.«
    »Hab ich’s mir doch gedacht!«, schimpfte Kuisl. »Der Hexer hatte die Hostien bereits rausgenommen. Bloß was, in dreiTeufels Namen, will er damit anfangen?«
    »Das, mein Guter, wirst du leider

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