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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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also noch ein paar Tage Zeit, den wahren Täter zu finden. Und so wahr ich Jakob Kuisl heiße, ich werde ihn finden.« Noch einmal beugte er sich ganz nah zu seinem Freund. »Wichtig ist nur, dass du mir nichts verschwiegen hast. Kann ich dir wirklich vertrauen, Nepomuk?«
    Der Frater schlug ein Kreuz und hielt die Hand zum Schwur hoch. »Bei allen Heiligen und der Jungfrau Maria, ich spreche die Wahrheit!«
    »Dann bete laut weiter.« Jakob Kuisl richtete sich auf, schlug die Kapuze über den Kopf und wandte sich zum Ausgang. »Schließlich sollen unsere zwei Bauernlümmel dort draußen weiter glauben, dass du auf dem Weg ins reinigende Fegefeuer bist.«
    »Isicia fomentata. Pulpam concisam teres cum medulla siliginei in vino infusi …«
    Während der Henker weiter lateinische Kochrezepte vor sich hin murmelte, klopfte er energisch an die Tür. Schon bald schob jemand den Riegel zur Seite, und der feiste Wachmann ließ ihn hinaus.
    »Na, hat er’s zugegeben?«, fragte der Dicke neugierig. »Hat er die zwei Frischlinge abgestochen, den Uhrmacher weggezaubert und sich mit dem Automaten gepaart?«
    Jakob Kuisl blieb kurz stehen und starrte den Mann aus dem Dunkel seiner Kapuze an. Plötzlich hatten die beiden Wachen das klamme Gefühl, keinem Beichtvater, sondern Gevatter Tod persönlich gegenüberzustehen.
    »Der Teufel versucht die Menschen in mannigfacher Gestalt«, ertönte die brummige Stimme des Henkers. »Doch oft kommt er im einfachen Gewand. Er braucht keinen Schwefel, keine Hörner und keinen Bocksfuß. Und er muss sich, bei Got t, auch nicht mit Automaten paaren, ihr blökenden Schafschädel. Wie deppert seid ihr eigentlich?«
    Ohne ein weiteres Wort schlurfte Jakob Kuisl hinaus in die sternenklare Nacht.
    Unterdessen war Simon auf dem Weg ins Totenreich.
    Der Medicus hatte kurz bei den kranken Pilgern im Seitentrakt vorbeigesehen, die sich noch immer in der Obhut Jakob Schreevogls befanden. Der junge Patrizier hatte seine Aufgabe erstaunlich gut gemeistert und noch ein paar weitere Schongauer zu Krankenpflegern abkommandiert. Jetzt herrschte in dem provisorischen Hospiz eine trügerische Nachtruhe, die nur von gelegentlichem Husten und Stöhnen unterbrochen wurde. Mittlerweile waren schon zwei ältere Frauen an den Folgen des Fiebers gestorben, und noch immer konnte der Medicus nicht sagen, was der Ursprung der Krankheit war. Sie begann mit Mattigkeit und Kopfschmerzen, später kamen Fieber und Durchfall hinzu. Außerdem traf sie alle Menschen gleichermaßen – starke Erwachsene ebenso wie Alte und Kinder.
    Unwillkürlich musste Simon an seine eigenen beiden Buben denken. Er schüttelte den Gedanken ab und konzen­trierte sich ganz auf das, was vor ihm lag. Spontan hatte er beschlossen, die zwei Mordopfer noch einmal näher in Augenschein zu nehmen. Morgen früh konnte er sich dann wieder um die Lebenden kümmern.
    Mit klammem Herzen stieg er die steile Treppe hinunter in den Bierkeller des Klosters, in den man durch ein Nebengebäude direkt neben dem Sudhaus gelangte. In dem Felsengang herrschte eine Kühle, die einen vergessen ließ, dass draußen bereits der Sommer angebrochen war. Hier unten, tief in den steinernen Eingeweiden des Berges, wurde seit fast zwei Jahrhunderten das Bier aufbewahrt, das während der heißen Monate nicht gebraut werden konnte. ­Simon schlug den Kragen seines Mantels hoch, trotzdem zitterte er leicht.
    Die Kälte in den Gängen und Kellern von Andechs war nicht nur zum Lagern von Bierfässern und Vorräten geeignet, auch die Toten fanden hier oft ihre vorübergehende Ruhe, bevor sie auf dem Klosterfriedhof begraben wurden. Mit den Leichen der beiden Novizen war man ebenso verfahren – vor allem deshalb, um vor dem Dreihostienfest jegliche Unruhe zu vermeiden. Die Beerdigung von zwei Opfern eines vermeintlichen Hexenmeisters und Massenmörders hätte unter den Pilgern sicherlich für wildeste Gerüchte gesorgt. Doch Simon roch schon beim Betreten des Lagerkellers, dass man das Begräbnis nicht mehr lange würde hinauszögern können.
    Seine Nase führte ihn vorbei an mannshohen modrigen Fässern, die in niedrigen Felsnischen standen. Wasser tropfte von der Decke und bildete Pfützen auf dem festgetrampelten erdigen Boden. Simons Schritte hallten durch das Gemäuer, während er mit einer Fackel den schmalen Gang vor sich erleuchtete. Von irgendwoher war das Quieken von Ratten zu hören.
    Schließlich hatte der Medicus das Ende des Gewölbes erreicht. In der linken Ecke

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