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Der Hexer von Hymal 01 - Ein Junge aus den Bergen

Titel: Der Hexer von Hymal 01 - Ein Junge aus den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Bernhardt
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sich elend, körperlich wie seelisch. Wirr war es in seinem Kopf, der ihn mit dumpfem Pochen folterte. Kaum einen klaren Gedanken konnte er so fassen.
    Es war schon recht hell und so sah er mit etwas Erleichterung, dass wenigstens seine Tasche und auch der Rucksack noch da waren. Schnell holte er seine beiden Decken hervor und kuschelte sich fest darin ein, was zumindest gegen die Kälte half. Auch erfuhr er so ein kleinwenig Geborgenheit in der erbarmungslosen Fremde. Lange noch saß er so fast reglos da und starrte sinnlos ins große Nichts.
    Einige Zeit später dann, nach einem lustlosen Frühstück, das ihm kaum munden wollte, fühlte er sich schließlich etwas besser, war aber immer noch wie in einer dumpfen Trance. So ging er zum Bach und wusch sich das Gesicht mit dem eiskalten Bergwasser, um endlich wieder klar zu werden.
    Was war wahr und was geträumt? Noch immer war es wirr in seinem Kopf. So versuchte er, die losen Gedanken zu fokussieren und schaute sich erst einmal genauer im Lager um. Der Boden war wie verbrannt, jedenfalls im Innern der quadratischen Markierung, die der Fremde wohl mit dem Pulver gemacht hatte. Keine Spuren waren geblieben, nicht einmal der große Blutfleck, der sich in diesem Augenblick in seine Erinnerungen drängte.
    Thorodos war tot, wurde er sich da erst richtig bewusst und die Bilder seines gewaltsamen Todes waren ihm nun wieder glasklar vor Augen. Zwar keine Spur von der Leiche, aber was er gestern gesehen hatte, sprach doch für sich. Sicherlich hatte der Mann mit dem Bogen ihn hinterrücks erschossen, schloss Nikko mit Tränen in den Augen.
    Thorodos war tot, ging es ihm erneut durch den Kopf und diesmal war es ihm noch klarer, was diese schreckliche Tatsache bedeutete. Er musste sich jetzt erst einmal setzen und konnte nicht anders, als seinen Tränen freien Lauf zu lassen. Irgendwie hatte er den alten Kauz mit seinen Schrullen doch in sein Herz geschlossen. Außerdem lag doch seine ganze Zukunft in Thorodos’ Hand. Was sollte nun bloß aus ihm werden, fragte er sich hilflos und bekam jetzt große Angst.
    Er war allein! Allein in diesem fremden Land voller unberechenbarer Gefahren. Jetzt erst wurde ihm dies wirklich klar. Was sollte er nur machen? In diesem Augenblick wünschte sich der Junge wieder, doch niemals diese verfluchte Reise je angetreten zu haben. Sicherlich, das Leben als Ziegenhirte war öde, aber nie wäre er im heimischen Vyldoro je in solche Schwierigkeiten geraten.
    Nachdenken, befahl er sich letztlich. Nachdenken! Alle Optionen bedenken, und dann entscheiden, was das Beste ist. Nur so konnte er dieses Desaster vielleicht doch überstehen. Tatsächlich gab es ja nur zwei Möglichkeiten. Es war eigentlich ganz einfach. Entweder vorwärts, oder zurück!
    Zurück, das hieße, wieder über den gefährlichen Pass zu gehen. Und zwar diesmal ganz allein! Obwohl die Idee, schnell nach Vyldoro zurückzukehren, ihm in seiner verzweifelten Situation sehr verlockend schien, fürchtete er sich doch davor, die verschneite Bergstraße allein zu überqueren. Nicht unwahrscheinlich wäre es wohl, dass er dort oben im gnadenlosen Eis den Kältetod sterben würde.
    Vorwärts hingegen hieße, weiter nach Hymal zu reisen. Weiter hinein in dieses unbekannte Land, an dessen bloßer Schwelle er schon solchen Schrecken hatte erleben müssen. Wie sollte das nur weitergehen? Allerdings hatte der Alte doch gemeint, die Expedition hätte einen Außenposten in der Nähe des Passes errichtet. Sollte er vielleicht versuchen, diesen Posten schnell zu finden, um dort Schutz zu suchen?

    Es war schon später Vormittag, aber er hatte noch immer keine Entscheidung treffen können. Zu gefährlich schienen ihm beide Optionen, auch wenn es doch die einzig möglichen waren. Hier bleiben konnte er ja schließlich nicht. Da besann sich Nikko plötzlich auf Thorodos’ schweren Rucksack, den er die ganze Reise über hatte schleppen müssen. Nie hätte er es gewagt, einen Blick hinein zu wagen. Aber jetzt, wo der Alte nicht mehr war, gab es doch keinen Grund mehr, davon die Finger zu lassen.
    So öffnete er neugierig den Ledersack, worin er zunächst ein großes Buch fand, was wohl der Hauptgrund für das erstaunliche Gewicht des Gepäckstücks war. Nikko holte den Wälzer mit Ehrfurcht heraus. Zwar hatte Thorodos ihm das Lesen beigebracht, aber die Bücher des Alten waren für ihn doch immer tabu gewesen. Mit seinen großen Augen bewunderte der Junge den Schmöker mit seinem Ledereinband, auf dem

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