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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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lassen?«
    »Vielleicht gibt es Dinge, über die ihr reden könnt, etwas, wofür ihr die Hilfe der Engel nicht benötigt.«
    »Und was ist mit dem Licht?«
    »Das lassen wir natürlich bei euch. Hab’ keine Angst vor der Finsternis.«

Arayans Vorschlag erstaunte mich sehr. Ich war nie auf den Gedanken gekommen, dass hier noch andere Wesen sein könnten. Die Stille und die Dunkelheit waren so extrem, dass man sich nur schwer vorstellen konnte, dass es überhaupt noch irgendetwas anderes gab. Was Arayan erzählt hatte, war mir nicht ganz geheuer. Die Vorstellung, dass ich in meinem körperlosen Zustand nicht allein war, tröstete mich ein wenig, aber ich hatte keinerlei Interesse an irgendeinem sozialen Umgang hier oben. Und wenn schon, wenn es hier noch solche gab wie mich, was hatten wir dann voneinander, als dass jeder seine eigene tragische Geschichte mitbrachte? Trotz meiner Zweifel folgte ich Arayan, als er mir mit einer geschmeidigen Bewegung den Weg wies. Allein in der Dunkelheit zurückzubleiben war weit weniger verlockend, als an einem Geistertreffen teilzunehmen.
    Da waren auf einmal drei Wesen, und kaum waren wir angekommen, verabschiedete sich Arayan auch gleich. Ängstlich sah ich ihm hinterher, bis die Schatten ihn verschlungen hatten. Doch ich stellte erleichtert fest, dass er das Licht zurückgelassen hatte. Es war ein fahler, gräulicher Lichtschein, doch er reichte, um den Ort, an dem wir uns befanden, zu erhellen. Es war ganz offensichtlich, dass ich mich in Gesellschaft befand. Da wurde mir bewusst, wie sehr ich mich daran gewöhnt hatte, dass Arayan stets an meiner Seite war. Jetzt war er es nicht. Ich war an einem Ort, den man im besten Fall öde nennen konnte, und dies mit drei Fremden. Unwillkürlich erschauerte ich bei dem Gedanken.
    Wir standen in einem Kreis und betrachteten einander schweigend. Ich war erstaunt, wie echt die anderen aussahen, und ich dachte mir, dass meine Vorstellung von Geistern offenbar etwas überholt war. Die drei Personen, die vor mir standen, waren, soweit ich das beurteilen konnte, ganz normale Menschen. Eine ziemlich bunte Mischung, doch schließlich war ich nicht zum Spaß hier.
    Als Erster stellte sich ein Mann vor, dessen Alter ich wirklich nicht schätzen konnte. Seine Stimme war heiser und belegt und klang nicht gerade angenehm im Ohr. In letzter Zeit war ich nur noch Arayans klangvolle Töne gewohnt.
    »So«, begann er und sah sich um. »Birger ist mein Name. Nett, Sie zufällig zu treffen, oder wie man das nun nennen soll. Es ist schon eine Weile her, dass ich unter Leuten war. Bitte entschuldigen Sie, wenn ich die Etikette etwas vernachlässige.« Und dabei lachte er so, dass es in seinem Hals rasselte.
    »Weiß vielleicht jemand, was die ganze Sache hier eigentlich soll?« Die Frau, die bei ihnen stand, sah jünger aus als ich, doch mit dem blassen Teint und den eingefallenen Wangen wirkte ihr Gesicht angespannt. Sie blickte unruhig von einem zu anderen.
    »Möglicherweise handelt es sich hier um eine Art Spiel?« Die dritte Person, die mit von der Partie war, war ein älterer Herr, groß und schlank, einwandfrei gekleidet in grauem Anzug, Fliege und blaugestreiftem Oberhemd. Er trug einen deutlichen Seitenscheitel, und einige der dünnen weißen Härchen waren sorgfältig über den Kopf gekämmt.
    »Mein Name ist Rebecka Jolin«, stellte ich mich vor. Fragend sah ich die beiden anderen an.
    »Ich bitte um Entschuldigung.« Der Mann nickte steif. »Mein Name ist Valdemar, Valdemar Larsson.«
    Dann fielen unsere Blicke auf die junge Frau. Eine Sekunde lang stand sie regungslos da, dann antwortete auch sie.
    »Ich heiße Anna.«
    »Gut, dann kennen wir uns jetzt.« Der Mann, der sich als Birger vorgestellt hatte, schien zufrieden. »Und was haben die sich jetzt dabei gedacht? Eine Art Kaffeeklatsch vielleicht? Oder soll das etwa ein Scherz sein, was glauben Sie?«
    »Das denke ich nicht«, sagte ich ernst. »Ich kann an der gegenwärtigen Situation nichts Witziges finden. Oder an diesem Ort.«
    »Nein.« Birger seufzte. »Wenn man gewusst hätte, wie düster es hier oben ist, dann hätte man es sich wohl zweimal überlegt, bevor man sich die Radieschen von unten angesehen hätte.«
    »Sind Sie schon lange hier?« Valdemar, der ältere Herr, sah uns fragend an.
    »Keine Ahnung. Ich habe keine Uhr, die ging kaputt, als … Ja, wie gesagt, ich weiß es nicht. Es ist schwer, hier oben ein Zeitgefühl zu entwickeln. Ein paar Wochen, würde ich annehmen. Und

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