Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
Vom Netzwerk:
Kraft und Zeit auf der Erde aufbringen, um diese quälenden Erinnerungen von ihm fernzuhalten. Manchmal kam ich mir vor wie ein plappernder Papagei, der neben ihm saß und ihn mit Geschichten aus glücklichen Tagen und fröhlichen Stunden versorgte, doch immerhin funktionierte es. Schließlich öffnete er von allein die Tür und trat hinaus. Ich weiß nicht, wem von uns der größere Stein vom Herzen fiel, Birgitta oder mir, als er sich das Telefon nahm und Stellans Nummer wählte.
    An diesem Nachmittag duschte er zum ersten Mal seit dem Gespräch mit der Kommissarin, und am Abend zog er ein frisches Hemd an, schlüpfte in seine Schuhe und nahm die Jacke vom Haken, bevor er sich von Birgitta verabschiedete und beim Hinausgehen sagte, dass es nicht spät werden würde.

Stellan legte sein Jackett über den linken Arm und beugte sich über die Theke. Mikael sah, dass er etwas sagte und zwei Finger in die Luft hielt. Kurz danach war er auf dem Weg zurück zu ihrem Tisch, in jeder Hand hielt er ein großes Bier.
    »Wie schön, dich zu sehen«, sagte er und hob das Glas zur Begrüßung.
    »Ich fürchte, ich bin keine gute Gesellschaft heute.«
    »Kein Problem, dann rede ich eben. Du kennst mich doch.«
    Mikael sah Stellan lachen. Ja, er kannte ihn. Stellan war sein bester Freund, sie kannten sich seit Kindertagen. Sie hatten zusammen gelernt, gleichzeitig den Führerschein gemacht, waren zusammen im Urlaub gewesen und hatten sich unzählige Male bei den Umzügen geholfen. Freundinnen kamen und gingen. Arbeitsstellen ebenso. Sie hatten in den vergangenen Jahren fast alles miteinander durchgestanden, fast alles gemeinsam gemacht, bis auf die Segeltour um die Welt.
    Mikael hatte ihn ein paar Tage nach Rebeckas Tod angerufen, es war ein kurzes Gespräch gewesen. Stellan war natürlich schockiert gewesen und hatte ihm sowohl seine Gesellschaft als auch sonst »alle mögliche Hilfe« angeboten. Mikael hatte sich bedankt und gesagt, er werde sich melden. So verging eine lange Zeit, bis er wieder etwas von sich hören ließ. Dabei war ihm klar, dass Stellan sich sicherlich Sorgen machte nach so vielen unbeantworteten SMS und Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Seitdem hatten sie mehrmals miteinander telefoniert, weil Stellan immer angerufen hatte. Doch nun hatte Mikael sich gemeldet, und sie hatten sich auf ein Feierabendbier in einer ruhigen Kneipe in der Stadt verabredet.
    Obwohl im Lokal wenig los war, machten die Geräusche, die Unruhe und die vielen Gespräche an den Nachbartischen, die man fast wörtlich verstand, Mikael nahezu wahnsinnig.
    »Wie geht es?« Stellan machte ein besorgtes Gesicht.
    »Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob ich es hier aushalte …«
    »Sag’ einfach Bescheid, dann gehen wir. Wir können genauso gut bei mir weiterreden oder bei dir, wenn dir das lieber ist.«
    Michael holte einige Male tief Luft. »Ist schon gut, lass’ uns bleiben. Ich weiß nur noch nicht, wie lange.«
    »Okay.« Stellan nickte. »Willst du darüber sprechen? Über Rebecka?«, fragte er ihn. »Oder lieber über Fußball? Sag’s mir einfach, ich kann auch den ganzen Abend über Eishockey oder Tennis reden …«
    Mikael lächelte kraftlos. »Danke dir, das ist nicht nötig. Auch wenn es verlockend klingt.«
    Es wurde wieder still am Tisch, und Mikael trank einen Schluck Bier. Es war kalt, und der Geschmack erinnerte ihn an etwas. An eine Zeit, in der alles noch einfach und unkompliziert gewesen war.
    »Weißt du jetzt, was genau passiert ist?« Stellan sah ihn fragend an.
    Mikael schüttelte den Kopf.
    »Du hast immer noch keine Ahnung?«
    »Nein.« Er merkte, wie er einen Kloß im Hals bekam, als er antwortete. »Oder … Ich weiß nicht, es gibt vielleicht ein paar Anhaltspunkte.«
    »Magst du darüber sprechen?«
    »Ich glaube nicht. Tut mir leid …«
    »Ist schon okay.« Stellan sah sich diskret im Lokal um. Als er wieder zu Mikael schaute, merkte er, dass der ihn ansah.
    »Sie hat eine Abtreibung machen lassen«, sagte er monoton. »Ich wusste überhaupt nichts davon. Die Polizei hat es mir erzählt.«
    Stellan zog die Augenbrauen hoch und starrte ihn an. »Scheiße …«, sagte er leise.
    »Mehr weiß ich nicht. Die Kommissarin meinte, von so etwas könne man Depressionen bekommen. Ich hatte keine Ahnung. Ich wusste nicht, dass sie die Pille abgesetzt hatte, ich wusste nicht, dass sie schwanger war, und ich hatte verdammt nochmal auch keinen Schimmer, dass sie das Kind hat abtreiben lassen.« Trotzig sah er Stellan

Weitere Kostenlose Bücher