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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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Stimme klang mutlos.
    Ich stand regungslos da. Birgers Geschichte war traurig, aber was konnte ich tun? Ich schaffte es ja nicht mal, dass mein eigener Mann mir zuhörte, wie sollte ich da zu einem betrunkenen Fünfzehnjährigen durchdringen?
    »Glauben Sie nicht, dass das nur eine … Phase ist?«, fragte ich ohne besondere Überzeugung. »Ich meine, wir sind doch alle mal Teenager gewesen, aber das ging doch vorüber. Gott sei Dank. Glauben Sie nicht, dass Alex von ganz alleine aufhören wird, wenn er älter ist? Jetzt ist alles neu und spannend, aber irgendwann wird er die Lust verlieren. Vielleicht lernt er ein Mädchen kennen und verliebt sich …«
    »… bekommt Kinder, säuft seine Gesundheit immer mehr zugrunde und stirbt fünfzehn Jahre später, weil der Körper einfach nicht mehr mitmacht. Hatten Sie sich das so vorgestellt?«
    »Nein. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
    »Verstehen Sie denn nicht, dass ich diesen Drang, den er in sich spürt, so gut kenne? Ein paar dieser Typen, mit denen er abhängt, werden das ohne Schaden überstehen. Die tragen das nicht in sich. Alex schon.«
    »Okay, tut mir leid. Ich wollte nur versuchen, die Sache mal positiv zu sehen.«
    »Können Sie uns nicht mal zeigen, wie er aussieht?« Anna nahm wieder den Faden auf. »Nehmen Sie uns doch mal mit, wenn Sie zu ihm gehen.«
    »Wie meinen Sie das?« Birger sah misstrauisch aus. »Dass Sie alle drei mitkommen?«
    Anna nickte und lächelte.
    Valdemar wurde unruhig. »Es ist gleich Mittagszeit«, sagte er unsicher. »Da möchte ich im Pflegeheim sein.«
    »So lange wird das doch nicht dauern.« Anna versuchte, ihn umzustimmen. »Und außerdem gibt es doch gar keine Zeit. Wir können kommen und gehen, wann wir wollen, oder?«
    »Na ja«, antwortete Valdemar und zupfte an seiner Fliege, die er um den Hals trug. »Einen kurzen Besuch schaffen wir vielleicht noch. Rebecka, kommen Sie auch mit?«
    Ich überlegte einen Moment lang. Große Lust hatte ich eigentlich nicht, doch die Gesichter der anderen machten es mir schwer, nein zu sagen. »Okay«, sagte ich. »Ich bin dabei.«
    Birger war immer noch skeptisch. »Meinen Sie es wirklich ernst?«
    Ich nickte und die anderen beiden auch.
    Er hielt kurz inne, dann holte er tief Luft. »Okay, dann mal los.«

Wir befanden uns auf einem Hof, rechts und links Hochhäuser aus Beton, die ein Architekt mit sehr blassen Pastellfarben zu beleben versucht hatte. Mitten auf dem Asphalt gab es einen eingezäunten Spielplatz, ansonsten wurde der größte Teil des Geländes als Parkplatz genutzt. Ein paar Blumenkübel waren offenbar mehr zufällig platziert, doch die Pflanzen darin waren schon lange verblüht. Es nieselte leicht, und bald würde es wieder dämmern. Ich erschauerte, auch wenn die Kälte diesem Ding, das vorher mal mein Körper gewesen war, nichts anhaben konnte. Der Ort, an dem wir uns hier befanden, war trostlos und hatte eine unangenehme Ähnlichkeit mit der Gegend, in der ich aufgewachsen war.
    »Dieses Haus ist es.« Birger zeigte auf das nächste Gebäude, das vermutlich einmal den gleichen Farbton wie Orangensorbet hatte, als es vor Jahren frisch gestrichen worden war. Im Eingangsbereich war die Fassade mit schwarzer Farbe angesprayt, und jemand hatte ein Fahrrad ohne Vorderrad unter der Straßenlaterne davor entsorgt. »Er ist zu Hause. Ich wollte Ihnen nur erst das Haus zeigen, sie wohnen im vierten Stock.« Er sah an den unzähligen Fenstern hinauf. »Monica und Alex sind in der Wohnung geblieben, in der ich auch gewohnt habe, bevor sie mich rausgeschmissen hat. Dies könnte auch mein Zuhause sein.« Er senkte den Kopf. Es war ganz offensichtlich, dass er in diesem heruntergekommenen Vorort etwas anderes sah als wir. Anna war besonders entsetzt, und Valdemar bemühte sich, ganz neutral zu klingen, als er Birger antwortete.
    »Jetzt muss man dem nicht mehr nachweinen«, meinte er. »Wir haben alle zu Lebzeiten unsere Fehler gemacht.«
    Doch diese Worte schien Birger nicht sonderlich tröstlich zu finden. »Wollen wir jetzt hochgehen?«, fragte er und war auch schon fort.
    Alex saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Er war in irgendein Spiel vertieft, seine Augen hafteten am Bildschirm, während er gleichzeitig den schwarzen Controller in seinen Händen hatte. Aus den Lautsprechern donnerte es, die Geräusche kamen von Männern, die sich mit kunstvollen Beintritten angriffen. Es sah fast aus wie eine Art Akrobatik.
    »Das kann er gut.« Birger nickte in Richtung

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