Der Himmel über der Heide (German Edition)
Grunde hat sie auch recht. Ich kann nicht mehr sechzig oder siebzig Stunden die Woche arbeiten. Wir müssen auch mal Urlaub machen, sonst ist es schneller vorbei, als uns allen lieb ist.»
Kati musste schlucken. Ein dicker Kloß saß ihr in der Kehle. Die Worte ihres Vaters überraschten sie nicht nur. Sie berührten sie auch. Ergriffen tastete sie nach seiner Hand.
«Danke für dein Vertrauen, Paps! Ich hab zwar keine Ahnung, wie das gehen soll, aber … zusammen werden wir unser Bestes geben für die Zukunft des Heidehofs, nicht wahr?»
Hinrich zog seine Tochter in eine innige Umarmung. Er hielt sie so fest, wie er es früher immer getan hatte, als Kati ein kleines Mädchen gewesen war.
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22
Neben ihren üblichen Aufgaben widmete sich Kati in den nächsten Tagen verstärkt der Neugestaltung der Internetseite des Heidehofes.
Immerzu dachte sie an den vertrauensvollen Blick ihres Vaters, der sie beim Abschied so zuversichtlich angesehen hatte. Sie hatte ihm versprochen, sich in seiner Reha-Zeit mit Dorothee und Elli, so gut es ging, um die Geschicke des Heidehofs zu kümmern. Jede mit ihren ganz eigenen Fähigkeiten.
Kati wollte neben einer ansprechenden Homepage auch Prospekte, Flyer und Postkarten gestalten. Sie würde neue Wege gehen, um für den Heidehof zu werben. Denn, so hoffte sie, es musste möglich sein, auch in der Nebensaison und in den Wintermonaten Gäste anzulocken.
Das Wichtigste waren natürlich überzeugende Bilder vom Hof und der Umgebung. Flo hatte Kati die Fotos gemailt, die sie bei der Hochzeit der Grünbergs gemacht hatte. Aus sämtlichen Aufnahmen wählte Kati schließlich die 20 besten aus. Die Internetseite nahm Gestalt an.
Allerdings kam Kati meist erst spätabends dazu, ihre Mails zu checken und an der Internetseite zu basteln. Mit dem Laptop auf den Knien saß sie dann in ihrem alten Kinderzimmer auf dem Bett, bis ihr der Rücken weh tat und ihr die Augen vor Müdigkeit zufielen.
Das Zimmer platzte aus allen Nähten, und von dem dunkelroten Teppich war kaum noch etwas zu sehen. Überall auf dem Boden lagen Papiere, Taschen und Tüten verteilt. Der schmale Kleiderschrank quoll über, und längst gab es schon nicht mehr genügend Platz für ihre Unterlagen und Entwürfe auf dem Kinderschreibtisch.
Doch Kati musste sich ranhalten. Am nächsten Wochenende wollte sie mit Flo die neue Struktur des Web-Auftritts und die Inhalte besprechen. Bis dahin, so hatte die Freundin versprochen, würde sie an neuen Texten feilen und dabei versuchen, die angestaubten Beschreibungen etwas lockerer zu formulieren. In Absprache mit Dorothee hatte sie besondere Arrangements für das Winterhalbjahr zusammengestellt, die so schnell wie möglich veröffentlich werden sollten.
Kati war heilfroh, dass Flo ihr bei allem eine so unkomplizierte Hilfe war. Gerade las sie die letzte E-Mail ihrer Freundin.
Flo hielt es in der Agentur kaum noch aus. Seit Kati ihren offiziellen Abschied gefeiert hatte, war die Stimmung deutlich schlechter geworden. Gero mischte sich in jede Kleinigkeit ein und benahm sich unerträglicher denn je.
Aufmunternd schrieb Kati zurück, dass Flo immerhin nur noch 48 Stunden durchhalten musste. Denn sie kam mittlerweile jedes Wochenende in die Heide. Außerdem schlug Kati ihr vor, sie mit dem Auto abzuholen, um gleich auch noch ihre letzten Sachen nach Uhlendorf zu schaffen.
Ein vorerst letztes Mal war sie in ihrer alten Wohnung gewesen. Diesmal aber hatte sie sich vergewissert, dass weder Simon noch sonst jemand anwesend sein würde. Auch hatte sie es ganz bewusst vermieden, die Räume auf Spuren einer anderen Frau hin abzusuchen. Sie wollte gar nicht wissen, ob sich die Andere bereits in Simons Leben eingenistet hatte.
Nur kurz war Kati in der Wohnung gewesen und hatte dabei in Eiltempo einen Großteil ihrer Klamotten und Schuhe sowie ein paar persönliche Gegenstände zusammengerafft. Sie hatte sich extra zu diesem Zweck einen Koffer und mehrere Reisetaschen von Flo geliehen und alles in nur zwei Gängen, bei denen sie so schwer wie ein Packesel beladen war, nach unten ins Auto bugsiert.
Kati war froh, dass sie derzeit keine eigene Wohnung einrichten musste. Ihr altes Kinderzimmer platzte zwar aus allen Nähten. Aber sie hatte im Moment weder den Kopf noch den Mut dazu, mit Simon zu verhandeln, wer das gemeinsam angeschaffte Sofa oder die alte Küchenbank bekommen würde, die sie zusammen auf dem Flohmarkt erstanden hatten.
Auch wenn ihr immer noch ein
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