Der Himmel über der Heide (German Edition)
dieser Möbel überließ Dorothees Freundin ihr sogar kostenlos, weil sie froh war, auf diese Weise Platz zu gewinnen.
Zunehmend reifte bei Kati die Idee, den Hofladen um das Angebot von aufbereiteten und schön bemalten Möbeln zu erweitern. Sie spielte sogar mit dem Gedanken, kleinere Restaurierungsarbeiten für Kunden zu übernehmen. Denn Dorothees Freundin erwies sich als eifrige Multiplikatorin und schleppte aus den Speichern in ihrem Bekanntenkreis zahlreiche weitere Möbelstücke an.
Langsam wurde die Stellfläche knapp, und die provisorisch eingerichtete Werkstatt im ehemaligen Stall platzte aus allen Nähten. Doch das tat Katis Freude an der Tätigkeit keinen Abbruch. Im Heidehof und im Restaurant selbst wurde sie ohnehin immer weniger gebraucht. Das eigentliche Tagesgeschäft war nach der Saison längst zurückgegangen, und die wenigen Übernachtungsgäste, die es in den Herbstferien gab, konnten von Elli, Pit und der Aushilfe Sibylle ausreichend betreut werden. Für Dorothee blieb sogar genügend Luft, um eine ganze Woche zu Hinrich in den Schwarzwald zu fahren. Es ging ihm den Umständen entsprechend gut dort, und er genoss das regelmäßige Fitness- und Wellnessprogramm.
Auch die Umbauarbeiten gingen erfolgreich weiter. Alle zogen an einem Strang, und sogar Volker Kruse legte mit Hand an, wenn Hilfe nötig war. Andi arbeitete fast rund um die Uhr auf dem Hof. Immer wieder betonte er, dass Regen und Sturm sie um Wochen zurückwerfen könnten. Wenn seine eigene Kraft nicht ausreichte, einen schweren Balken zu stützen oder großes Gerät umzuwuchten, sprang Pit ein. Und in manchen Phasen des Umbaus holte sich Andi Verstärkung aus dem Dorf. Zwischenzeitlich arbeiteten bis zu vier Männer auf der kleinen Baustelle zusammen.
Und auch Flo verbrachte jedes freie Wochenende in Uhlendorf. Sie unterstützte Kati weiter gern und genoss die spärliche Freizeit mit Pit. Immer häufiger übernachteten die beiden auf dem Heidehof. Dorothee hatte ihnen eines der freien Gästezimmer angeboten, und dieses Angebot hatten sie gerne angenommen.
Natürlich freute sich Kati für ihre Freundin, auch wenn sie die Beziehung der beiden manchmal nicht ganz durchschaute. Beinahe erschrocken stellte sie fest, dass ihr selbst ein richtiges Privatleben eigentlich gar nicht fehlte.
Doch heute wollte sie etwas Abstand von der Arbeit und dem Hof bekommen und mit Flo einen Freundinnentag in Lüneburg verbringen.
Beide hatten sich diesen Ausflug redlich verdient und wollten sich endlich einmal wieder in Ruhe über die Ereignisse der letzten Wochen austauschen.
In Katis Auto fuhren sie durch die inzwischen schon recht herbstliche Landschaft. An den Birken konnte man bereits jeden einzelnen noch so kleinen Zweig erkennen. Und die Silhouetten der fast kahlen Laubbäume setzten sich deutlich von dem strahlend blauen Himmel ab, dessen Sonne kaum noch wärmende Kraft hatte.
Dafür blies ein kräftiger Wind und ließ die Windräder bei Oerzen wie kühne Riesen in der Landschaft kämpfen.
«Schau mal», sagte Kati und deutete auf die Anlagen. «Die erinnern mich immer an Picassos Bild von Don Quichotte.»
Flo sah sie schräg von der Seite an. «Wann versuchst du dich eigentlich endlich mal selbst wieder als Picasso?»
Kati schüttelte den Kopf über die Hartnäckigkeit ihrer Freundin. «Du lässt wirklich keine Gelegenheit aus, um mir Salz in die Wunden zu reiben, was?»
«Quatsch, ich finde einfach, dass du dein Talent vergeudest, wenn du bloß Bauernmalerei machst.» Flo lehnte sich im Sitz zurück. «Du weißt, dass ich die aufgemotzten alten Möbel wirklich super finde», fuhr sie fort. «Aber da muss doch noch mehr drin sein als gemalte Heidebüschel und ein paar Skizzen für Gero das Grauen!»
Kati winkte ab. «Ach, ich bin eigentlich ganz zufrieden mit der jetzigen Situation.»
Und das stimmte auch. Jeder Tag auf dem Hof brachte so viel Abwechslung und auch genügend Arbeit, dass sie ihre Zeit nicht noch mit einem Hobby füllen musste.
«Ich habe es versucht», seufzte Kati. «Aber ich bin für die Malerei nun mal nicht geschaffen. Ich habe dafür keinen Platz mehr in meinem Leben.»
«Kein Platz mehr für die Staffelei. Kein Platz mehr für Hobbys. Und für einen Mann wahrscheinlich auch nicht mehr», stichelte Flo weiter.
«Was soll denn das nun wieder heißen?», fragte Kati, ohne auf die Antwort besonders erpicht zu sein.
Inzwischen hatten sie Lüneburg erreicht. Kati musste an einer roten Ampel halten und sah zu
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