Der Himmel über der Heide (German Edition)
ihrer Freundin hinüber.
«Wenn du schon wieder auf Andi anspielst», erklärte sie, «vergiss es! Ich bin froh, dass wir einen halbwegs normalen Umgang miteinander gefunden haben und ich seine Gegenwart mittlerweile sogar erträglich finde.»
Tatsächlich hatte sich ihr Verhältnis durch das gemeinsame Arbeiten in der Werkstatt spürbar gebessert. Inzwischen halfen sie sich sogar gegenseitig, wo sie konnten. Andi brachte ihr Ersatzhölzer und Abbeize mit, wenn Kati Nachschub brauchte. Und Kati beriet ihn in Gestaltungsfragen. Doch das änderte nichts daran, dass Jules Schicksal nach wie vor zwischen ihnen stand. Niemals, das wusste Kati, würden sie wieder an ihre Freundschaft von damals anknüpfen können.
«Und wo steht geschrieben, dass man sich nicht in den Ex seiner Schwester verlieben darf?»
Katis Herz schlug schneller. Was redete ihre Freundin da nur für einen Unsinn.
«Andi war sogar der Verlobte meiner Schwester!», stellte sie patzig fest.
«Ich weiß, aber du hast mir auch erzählt, dass die Verlobung gelöst wurde. Und dass sie überhaupt nicht mehr zusammen waren, als deine Schwester bei dem Brand starb.» Flo sah sie ernst an. «Kati, das ganze ist über 10 Jahre her!»
«Ach, das verstehst du einfach nicht. Die Sache ist viel komplizierter. Außerdem steht das mit Andi und mir überhaupt nicht zur Debatte!»
«Wieso nicht? Ist doch ein attraktiver Kerl.»
«Aber er ist nicht mein Typ», erwiderte Kati.
«Nein?» Flo zog ihre Augenbrauen hoch.
«Nein! Und abgesehen davon ist er gar nicht an mir interessiert.»
«Das glaube ich aber schon.»
«Unsinn!»
Sie fuhren weiter in Richtung Innenstadt und fanden im Parkhaus an der Nordlandhalle einen freien Parkplatz.
Als sie wenig später den kurzen Weg durch die Altstadt in die Fußgängerzone antraten, nahm Flo den Faden wieder auf.
«Also, Pit findet Andi schwer in Ordnung.»
«Ja, ich weiß. Ich sehe die beiden häufiger zusammen rumhängen. Die scheinen sich echt gut zu verstehen.»
«Hey!», rief Flo plötzlich begeistert. «Wir wären ein tolles Vierergespann!»
Ein weiteres Mal versuchte Kati, ihrer Freundin klarzumachen, dass Andi niemals als Partner für sie in Frage käme.
«Selbst wenn wir aneinander interessiert wären, wie könnte ich so tun, als hätte es Jule nie gegeben?»
«Du sollst doch auch gar nicht so tun!», entgegnete Flo. «Aber ist dir vielleicht schon mal in den Sinn gekommen, dass deine Schwester sich für dich freuen würde, wenn du endlich dein Glück findest?»
Kati schüttelte nur den Kopf. Sie hielt es für klüger, nichts mehr dazu zu sagen.
Natürlich hatte sie Andi in den letzten Wochen schätzen gelernt. Und sie hatte vieles erfahren, das ihn in ein gutes Licht rückte. Außerdem war er tatsächlich ein ansehnlicher Typ, da hatte Flo durchaus recht. Noch dazu besaß er einen netten Humor. Trotzdem mochte Kati nicht einmal daran denken, wie es wäre, ihm noch näher zu kommen als jetzt schon.
Als sie an der Johanniskirche vorbeigingen und den großen Platz «Am Sande» erreichten, stellte Kati erleichtert fest, dass Flo sich von den Menschen und Geschäften ablenken ließ. Sie war froh, das Thema Andi vorerst nicht mehr kommentieren zu müssen.
Langsam schlenderten sie Richtung Marktplatz, wo an zahlreichen Buden Obst und Gemüse angeboten wurde und ihnen bereits um diese Uhrzeit der Geruch von Bratwürsten in die Nase stieg. An einem anderen Marktstand wurde Schmalzkuchen und Kaffee verkauft, was eher nach ihrem Geschmack war.
Sie bestellten zwei Coffee to go, um sich für den bevorstehenden Einkaufsmarathon zu stärken, und zogen weiter.
Kurz vor der Abzweigung zur Kleinen Bäckerstraße blieb Flo stehen und schaute sich begeistert um.
«Es ist echt wunderschön hier. Schau dir bloß mal diese alten, schiefen Häuser an. Und erst die Giebel! Das ist doch Wahnsinn, dass es so eine Stadt gibt, die so krumm und schief ist.»
«Das kommt vom Salzabbau», erklärte Kati und lachte, als Flo sie mit großen Augen ansah. «Klingt schräg, ist aber so. Du musst dir vorstellen, dass die Salzvorkommen direkt unter der Stadt lagerten. Und wenn man immer nur Teile aus dem Untergrund entfernt, ist es doch logisch, dass da irgendwann was nachrutscht.»
«Das ist im wahrsten Sinne des Wortes schräg .»
***
Nachdem Flo und Kati den Tag in Lüneburg verbracht hatten, gab es abends ein kleines Richtfest auf dem Heidehof.
Volker und Andi hatten allen Grund zu feiern. Denn nachdem sie wochenlang
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