Der Himmel über der Heide (German Edition)
herausbringen zu können. «Wo bist du? Was ist passiert?»
Es dauerte eine Weile, bis Dorothee sprach. In der langen Pause wurde Kati beinahe hysterisch.
«Dein Vater ist aufgewacht», erklärte Dorothee schließlich. «Sie haben ihn zurückgeholt. Ich bin bei ihm und habe gerade auch schon mit ihm gesprochen.»
Kati sank vor Erleichterung in sich zusammen. War das nun die erlösende Nachricht, die sie sich so erhofft hatte? Tränen rollten ihr übers Gesicht, und sie verfiel nun ihrerseits in längeres Schweigen. Als sie spürte, dass die übermäßige Anspannung aus ihrem Körper wich, richtete sie sich wieder auf.
«Wie geht es ihm?»
«Er ist noch nicht ganz klar, aber Dr. Steindamm sagt, er habe das Schlimmste überstanden.»
«Kann ich zu ihm?»
Schon wieder machte Dorothee eine unnötig lange Pause, bevor sie weitersprach: «Natürlich. Ich bleibe so lange hier. Sag doch bitte auch Elli Bescheid.»
«Klar.» Kati war schon aus dem Bett gesprungen. «Ich fahre gleich los und dann anschließend weiter nach Hamburg. Ich werde heute mit meinem Chef sprechen und bin spätestens am Wochenende wieder da.»
«Ist gut», sagte Dorothee. Und dann fügte sie noch in einem überraschend sanften Ton hinzu: «Danke, Kati.»
Als sie aufgelegt hatte, atmete Kati noch einmal erleichtert durch und rieb sich die Augen. Dann lief sie zur Tür, um Elli die gute Nachricht zu überbringen.
***
Etwa eine Stunde später kamen Kati und Elli im Krankenhaus an.
Von Dorothee fehlte jedoch jede Spur. Auf dem Flur befragten sie eine etwas ältere Krankenschwester, die ihnen zwar nicht sagen konnte, wo Dorothee war, sie aber zu Katis Vater ins Zimmer brachte. Mit der Ermahnung, möglichst ruhig zu sein und den Patienten nicht aufzuregen, ließ sie die beiden mit ihm allein.
Kati fand ihren Vater immer noch furchtbar blass, aber nicht mehr so leblos wie zuvor. Er schlief, also schlich Kati sich leise an sein Bett und schaute den regelmäßigen Atembewegungen seiner Brust zu. Schließlich griff sie nach seiner Hand. Sie konnte nicht anders, sie musste ihren Vater berühren und ihn spüren lassen, dass er nicht allein war.
Nach einer Weile öffnete er tatsächlich seine müden Augen. Er lächelte zaghaft, als er seine Tochter erkannte.
«Wie fühlst du dich, Paps?», flüsterte sie und sah ihn erwartungsvoll an.
Nun trat auch Elli näher. Hinrich schien die Anwesenheit seiner Mutter zu registrieren. Weil er aber offenbar zu schwach war, um zu antworten, versuchte Kati ihn ein wenig aufzumuntern.
«Fang ja nicht an, dir Sorgen zu machen», erklärte sie in bemüht fröhlichem Tonfall. «Wir haben zu Hause alles im Griff und kommen auch gut ohne dich aus. Du kannst dich voll und ganz auf uns verlassen.»
Doch die Worte schienen ihren Vater gar nicht zu erreichen. Seine Augen fielen wieder zu, noch bevor er etwas erwidern konnte.
Hilflos sahen Kati und Elli sich an. Dann fiel Katis Blick auf einen kleinen Stoffteddy, der auf dem Nachttisch lag. Sie wunderte sich. Das konnte unmöglich ein Geschenk von Dorothee sein. Denn wenn eines nicht zu dem unterkühlten Charakter ihrer Stiefmutter passte, dann Sentimentalitäten. Geschweige denn ein Herz für Stofftiere.
Als die Krankenschwester wenig später die Tür öffnete, verstand Kati, dass es Zeit war, sich für heute zu verabschieden. Zusammen mit Elli folgte sie der Schwester in den Flur und fragte, ob es möglich wäre, noch mit einem Arzt zu sprechen.
Die Schwester bat sie, im Flur Platz zu nehmen. Sie würde den diensthabenden Arzt benachrichtigen, er würde sicher bald zu ihnen kommen.
Nach zehn Minuten kam tatsächlich ein jüngerer Mann im grünen Kittel auf sie zu.
«Ich bin Dr. Heintze», stellte er sich vor. «Dr. Steindamm hat ja bereits Frau Weidemann über den Gesundheitszustand des Patienten informiert. Ich weiß also gar nicht, ob ich Ihnen noch weiterhelfen kann.»
Kati musterte sein ernstes Gesicht. Er wirkte zwar noch recht jung, sah aber doch müde aus. Mit seiner Auskunft gab Kati sich nicht zufrieden. Ungeduldig erkundigte sie sich, wie es mit ihrem Vater nun weitergehen würde.
Dr. Heintze zuckte mit den Schultern und fuhr sich durch sein dunkelbraunes, volles Haar.
«Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir die weitere Entwicklung abwarten müssen. Herr Weidemann hat sehr viel Blut verloren und ist dadurch doch ziemlich geschwächt.»
Er redete angenehm ruhig. Doch irgendetwas in seiner Stimme ließ Kati noch nervöser werden. «Es kann noch ein paar
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