Der Himmel über der Heide (German Edition)
nicht?»
Elli seufzte und wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. Sie trat neben Kati und legte ihr eine Hand auf die Schulter. «Ja, die Ungewissheit ist das Schlimmste.»
Kati wusste, dass ihr Vater bei der Arbeit zusammengebrochen war. Hier auf dem gekachelten Boden hatte er gelegen, bis Elli ihn fand. Sie sah aus dem Fenster und betrachtete die Wolkenformationen.
Elli schenkte ihr eine Tasse Tee ein. «Hier», sagte sie und schob mit ihrem dünnen Arm zwei Teller auf den Tisch, «wir dürfen uns jetzt nicht hängenlassen.»
«Butterkuchen!», seufzte Kati und brachte ein Lächeln zustande. Gleichzeitig fragte sie sich, wann die Großmutter ihre Spezialität wohl gebacken hatte.
«Buchweizen-Butterkuchen», bestätigte Elli und setzte sich neben sie. «Ich habe uns zwei Stück von gestern aufgewärmt, also sei vorsichtig.»
Kati nahm zwei Kuchengabeln aus der Schublade des großen Metallschranks und legte sie neben die Teller. Erst jetzt sah sie, dass ihre Großmutter auch noch einen DIN-A5-Block auf den Tisch gelegt hatte.
«Was hast du vor?»
Kati ließ sich ein erstes, eigentlich viel zu süßes Stückchen Kuchen auf der Zunge zergehen. Und mit einem Mal wurde ihr klar, wie hungrig sie doch war. Sie deutete auf den Block. «Willst du das Rezept aufschreiben und mir endlich das Geheimnis deines Butterkuchens verraten?»
Elli nahm einen Kugelschreiber vom Fensterbrett, dann rückte sie ihren Stuhl neben den ihrer Enkelin und sagte: «Ich verliere den Überblick, was in den nächsten Tagen alles zu bedenken und zu erledigen ist. Außerdem muss ich eine Einkaufsliste schreiben.»
«Meinst du nicht, du solltest damit auf Dorothee warten?»
«Ich kann ja schon mal anfangen. Wenn ich nichts tue, werde ich noch verrückt. Hilfst du mir?», fragte Elli. «Sie ist bestimmt froh, wenn wir uns schon mal Gedanken machen.»
«Du hast recht. Das lenkt uns bestimmt auch ein bisschen ab.»
Im Stillen war sich Kati allerdings nicht sicher, wie Dorothee wohl reagieren würde, wenn sie auf eigene Faust begannen, Pläne zu machen. Ihr war es immer so vorgekommen, als habe ihre Großmutter Dorothee gegenüber nicht viel zu melden.
Schließlich entschieden sie, drei Spalten anzulegen: Zum einen würden sie Dinge notieren, die sofort erledigt werden mussten, dann die Punkte, über die längerfristig nachgedacht werden musste, und als Drittes, wer was erledigen würde.
«Wir müssen zum Beispiel prüfen, was an Anmeldungen und Bestellungen vorliegt», sagte Elli mit konzentriertem Gesichtsausdruck. «Außerdem sollten wir dringend eine Inventur des Kühlraums machen.»
Kati nickte. «Wenn du es mir erklärst, könnte ich bei den Vorbereitungen für das Frühstücksbuffet helfen oder einkaufen fahren.»
«Eins nach dem anderen. Ich weiß gar nicht, wie viel Geld überhaupt noch da ist. Wir müssen als Erstes eine Art Bestandsaufnahme über anfallende Kosten und Rechnungen machen», erwiderte Elli. «Aber dazu brauchen wir wohl doch Dorothee. Sie macht schließlich die Buchhaltung.»
«Aber die laufenden Kosten sind doch sicher abgedeckt.»
Unsicher zuckte Elli mit den Schultern. «Ich weiß nur, dass dein Vater und Dorothee in letzter Zeit ständig Streit hatten wegen des Geldes.»
Kati runzelte die Stirn. «Hat Paps etwa Geldsorgen? Der Heidehof läuft doch nicht schlechter als sonst, oder?»
Ohne ihre Enkelin anzusehen, stand Elli auf und strich sich die Kittelschürze glatt. Kati hielt sie am Arm zurück und sah ihr in die Augen. Ein furchtbarer Gedanke machte sich in ihrem Kopf breit.
«Bitte, sei ehrlich! Wie steht es um den Heidehof?»
Elli seufzte. «Ich weiß es nicht. Ehrlich nicht.»
«Aber du glaubst, dass Papas Zusammenbruch kein Zufall ist?», fragte Kati. «Wächst ihm alles über den Kopf, und ist er deswegen krank geworden?»
Elli setzte sich wieder auf den Stuhl und rückte dichter an Kati heran.
«Mach dir keine Sorgen, Liebes! Es wird sich alles finden.» Liebevoll strich sie ihr über den Kopf. «Sag mir erst einmal, wie lange du überhaupt bleiben kannst. Musst du nicht längst wieder in Hamburg sein?»
Kati schüttelte den Kopf. «Darum mach du dir keine Gedanken! Erst mal schreiben wir jetzt diese Liste. Ich will euch bei den dringendsten Punkten helfen, und erst danach fahre ich zurück nach Hamburg. Denn vermutlich muss ich doch persönlich mit meinem Chef sprechen, und vor allem muss ich mir was zum Anziehen besorgen.»
Kati sah an sich hinunter. Ihre Jeans hatte schon
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