Der Himmel über der Heide (German Edition)
Papa sich vermutlich total aufregen wird, wenn er von alldem erfährt? Was, wenn er einen Rückschlag erleidet?»
Kati sah zu Elli, um sich ihrer Zustimmung zu vergewissern. Dann wandte sie sich wieder an Dorothee. «Oder hast du es ihm schon an den Kopf geknallt, gleich nachdem er aus dem Koma aufgewacht ist?»
«Nicht ich habe mit Herrn Lehmann Kontakt aufgenommen», verteidigte sich Dorothee. «Das ging von seiner Seite aus. Und natürlich habe ich das mit Hinrich noch nicht besprechen können. Wie auch? Mir ist durchaus bewusst, dass er momentan absolut keine Aufregung verträgt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas dagegen hätte, auf einen Schlag aus allen Schwierigkeiten herauszukommen. Schließlich hat ihn unsere Situation schon lange schwer belastet.»
Unsere Situation? Kati musste sich zusammenreißen, um nicht ausfallend zu werden. «Der Heidehof ist seit Generationen in Familienbesitz.»
Auch Elli gab nun zu bedenken: «Hinrich hat immer sehr viel Wert auf die Bewahrung der Tradition gelegt, das weißt du.»
«Ja, sicher. Aber vor lauter Tradition kann man doch nicht die Zukunft vergessen!» Dorothee stützte sich am Schreibtisch ab und beugte sich vor. «Wenn jeder nur nach hinten gerichtet denkt, gäbe es gar keinen Fortschritt und die Menschen würden immer noch in Höhlen leben!»
Elli schüttelte den Kopf. Auch sie schien nach den richtigen Worten zu suchen, um Dorothee nicht unnötig gegen sich aufzubringen.
«Trotzdem kann man so was nicht einfach aus dem Ärmel schütteln. Das muss gründlich überlegt werden!»
«Ich hab ja auch nicht gesagt, dass der Verkauf schon entschieden ist. Aber ich finde, wir sollten froh sein, ja sogar dankbar, dass uns so eine Chance geboten wird.»
Nach längerem Schweigen fügte sie in versöhnlicherem Ton hinzu: «Morgen Vormittag kommt Herr Lehmann hierher. Dann könnt ihr ihn kennenlernen und euch selbst ein Bild von ihm und seinen Plänen machen. Auf mich hat er jedenfalls einen sehr seriösen und kompetenten Eindruck gemacht.»
Kati schnaubte. Sie würde sich von so einem schmierigen Anzugschnösel jedenfalls nicht umgarnen lassen!
«Ich versteh dich einfach nicht», erklärte sie. «Seit fast zwei Wochen reißen wir uns hier den Arsch auf und geben unser Bestes, um gut durch die Saison zu kommen. Und jetzt kommst du und willst mit einem Schlag alles zunichte machen? Als wäre der Heidehof nichts weiter als ein beliebiges Investitionsobjekt.» Sie sah Dorothee herausfordernd an. Ihre Augen blitzten. «Das lasse ich nicht zu! Niemals!»
[zur Inhaltsübersicht]
9
Da Dorothee gleich am nächsten Morgen zu Hinrich ins Krankenhaus fuhr, konnte ihr Kati leicht aus dem Weg gehen. Inzwischen ärgerte sie sich vor allem über ihre mangelnde Souveränität ihrer Stiefmutter gegenüber. Sie hätte vermutlich viel gelassener bleiben und sich Veränderungen gegenüber offener zeigen müssen. Schließlich wusste Kati, wenn sie ehrlich war, auch selbst, dass es nicht so weitergehen konnte wie bisher. Gleichzeitig hoffte sie, dass sich eine bessere Lösung finden ließe, als das Schicksal der Familie in die Hände einer x-beliebigen Investmentfirma zu geben.
In jedem Fall fürchtete sich Kati vor Veränderungen auf dem Heidehof, denn sie hatte in der letzten Zeit erfahren, wie tief sie trotz allem mit diesem Stückchen Land verwurzelt war. Abgesehen davon hatte immer noch ihr Vater zu bestimmen, wie es mit dem Heidehof weitergehen würde.
Als ihre Stiefmutter dann aber über Handy anrief und ankündigte, nicht rechtzeitig zu dem Termin mit dem F&T-Vertreter zurück sein zu können, wuchs Katis Groll wieder. Schließlich waren sie und Elli damit gezwungen, Herrn Lehmann alleine zu empfangen. Außerdem hasste sie es, wenn sie sich von Dorothee herumdirigiert fühlte. Es kam ihr so vor, als hätte Dorothee das alles absichtlich so eingefädelt, obwohl sie wusste, dass Kati nicht mit diesem Investor reden wollte. Kati vermutete hinter Dorothees Ausrede den billigen Versuch, sie von den fragwürdigen Plänen dieses Investors zu überzeugen. Aber sie würde nicht auf so einen aalglatten Kerl hereinfallen! Andererseits hatte Kati beinahe gegen ihren Willen Verständnis dafür, dass Dorothee dabei sein wollte, wenn Hinrich von den Ärzten noch einmal gründlich untersucht wurde.
Der Unternehmer hatte sich für 11 Uhr angekündigt und kassierte bei Kati schon den ersten Minuspunkt, weil er eine gute halbe Stunde zu früh eintraf. Völlig unvermittelt trat
Weitere Kostenlose Bücher