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Der Himmel über New York (German Edition)

Der Himmel über New York (German Edition)

Titel: Der Himmel über New York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Carl
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er hier wohnt?
    Ich sehe mich um. In einem Fenster im zweiten Stock hängt ein Schild, das für die amerikanische Armee wirbt. Im Erdgeschoss befindet sich eine Coffeeshop-Filiale mit Glasfront. Dahinter sehe ich rote Plüschsessel vor kleinen runden Tischen, und als der Fahrradkurier der Tür einen Schubs gibt und den Laden betritt, höre ich die typische Coffeeshop-Musik, wie sie auch in Deutschland immer läuft. Klagende Saxofone, schmachtende Frauenstimmen aus einer anderen Zeit. Was habe ich für ein Glück. Der Typ will sich einen Kaffee holen. Gar nicht schlecht, um ins Gespräch zu kommen.
    Endlich bemerkt er mich, das heißt: Er bemerkt, dass hinter ihm jemand ist, der auch in den Laden will, und hält die Tür noch einen Moment auf, ohne hinzusehen.
    Beinahe hätten sich unsere Finger berührt. Aber nur beinahe.
    Hinter der Theke stehen zwei Mädchen in grünen Schürzen und haben gerade nichts zu tun. Die Blonde wendet sich lächelnd an den Fahrradkurier, die Dunkelhaarige gleichzeitig an mich. »Hello Miss, how may I help you?«
    »Caffè Latte, please.«
    »Vollfettmilch, Halbfettmilch, Sojamilch? Groß, extragroß, supergroß? Haselnusssirup, Vanillesirup, Zimtgeschmack?«
    So viele Fragen auf einmal. »Äh, einfach was ganz Normales.«
    »Für hier oder für draußen?«
    »Zum Mitnehmen.«
    Kann ja sein, dass meine unauffällige Verfolgung noch nicht zu Ende ist.
    »Also einmal extragroß halbfett.«
    Ich stütze mich auf den Tresen und warte auf meinen Pappbecher. Und auf ein Zeichen. Der Fahrradkurier macht keine Anstalten, mich anzuschauen. Den Stapel mit den Kärtchen hat er neben sich gelegt, aber ich kann immer noch nicht lesen, was darauf steht. Irgendetwas mit Poeten.
    Vielleicht ist ein Cent in meinem Wechselgeld. Das müsste Glück bringen.
    Es sind sogar drei einzelne Cents dabei. Und es funktioniert.
    Endlich tippt der Kerl mir auf die Schulter. »Die Getränke gibt’s da drüben. Sie rufen dich auf, wenn deins fertig ist.«
    Ich sehe ihn an, warte auf ein Zeichen des Erkennens, der Bestätigung. Ich versuche zu lächeln, gebe aber auf halbem Wege wieder auf. Er weiß nicht mehr, dass wir uns schon einmal gesehen haben.
    Kein gutes Zeichen.
    Im Kino wäre das jetzt nicht passiert.
    »One strawberry frappuccino!« , ruft ein Junge, der an der Espressomaschine am äußersten Ende der Theke steht, und der Fahrradkurier macht einen eleganten Ausfallschritt und streckt seine Hand aus. Der Junge reicht ihm einen durchsichtigen Becher mit Kaffee voller Eiswürfel, gekrönt von einem Sahnehäubchen, durchzogen von roten Schlieren. Der Fahrradkurier nippt daran und wendet sich zum Gehen.
    Wenn ich jetzt nichts sage, ist alles vorbei. Verloren. Er wird den Coffeeshop verlassen, die Tür hinter sich zuziehen und ich werde ihn nie wiedersehen. Nie, nie, nie. Jetzt eine witzige, geistreiche Bemerkung machen. Etwas Originelles, womit er nicht gerechnet hat. Eine verblüffende Frage, eine …
    Er greift nach seinem Kopfhörer.
    »Kaffee und Erdbeersoße?«, höre ich mich fragen, seltsam flach und hoch. »Schmeckt denn das?«
    Wie peinlich. Wie platt. Er wird mich auslachen. Und gehen. Ich werde ihn nie wiedersehen. Jetzt ist es offiziell.
    Aber er lacht mich nicht aus. Er sieht mich sogar ausgesprochen freundlich an, grinst, entblößt seine Zähne, die so strahlend weiß sind, als wären sie von innen beleuchtet. Diesmal trägt er keine verspiegelte Sonnenbrille, sondern eine kleine, runde Denkerbrille. Er lässt den Kopfhörer wieder sinken, hebt seinen Kaffeebecher und prostet mir nickend zu. »The only way to survive a hot day« , rappt er in einem weichen Singsang. Dann saugt er an seinem Strohhalm. Die Wangenknochen unter seiner Haut treten hervor.
    Gewonnen.
    Nein, nicht gewonnen, aber ein Anfang. Wir reden miteinander.
    »Miss! Einmal halbfett extragroß, to go ?«
    Ich wende mich wieder der Bar zu. Der Kaffeebecher steckt in einer braunen Pappbanderole. Be careful, steht darauf, the beverage you’re about to enjoy is extremely hot . Im Umdrehen überlege ich noch, ob ich Mr Strawberry Frappuccino nach dem Fahrradunfall fragen soll und ob er blaue Flecken davongetragen hat, da –
    Da ist der Traum schon wieder aus.
    Denn wenn ich geglaubt habe, dass er sich jetzt mit mir auf ein Schwätzchen an die Bar lehnt, dann habe ich mich getäuscht. Er steht schon gar nicht mehr neben mir, sondern ist bereits mit federnden Schritten zu einem Schwarzen Brett neben der Eingangstür gegangen. Dort pinnt

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