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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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ich, dann kann ich wieder zurück zu dir. Ein Schritt nach dem anderen, Joe, ein Schritt nach dem anderen.
    Leider konnte ich von der Stelle, an der ich stand, nicht genau erkennen, ob Jim Gesellschaft hatte oder nicht. Nach etwa zehn Minuten hatte ich das Warten satt und beschloss, meinen Plan trotzdem durchzuziehen. Wenn nötig, konnte ich jederzeit abbrechen und umdisponieren. Also setzte ich mich in Bewegung und ging den Kiesweg entlang, der zu Jims Haustür führte. Mein Plan – wenn man ihn so nennen konnte – war, an die Tür zu klopfen, ihm ein paar Lügen aufzutischen, ins Haus zu gelangen und ihm dann den Hals umzudrehen. Anschließend würde ich saubermachen und nach Hause gehen. Kriegsheld hin oder her, von meiner Warte war er nichts weiter als ein alter Mann.
    Ich ging auf leisen Sohlen den Weg zur Haustür entlang – nicht weil ich befürchtete, Jim könnte mich hören, sondern weil ich nicht die Aufmerksamkeit der Nachbarn erregen wollte. Im ganzen Viertel herrschte Ruhe; die einzigen Geräusche waren die Laute der Grillen und Frösche. Ich ging auf Jims Tür zu und klingelte. Aus dem Haus drangen verschiedene Geräusche an mein Ohr. Leute unterhielten sich. Dann schaltete Jim den Fernseher aus, und ich hörte nur noch einen kleinen alten Mann zur Tür schlurfen.
    Jim öffnete mir die Tür in hellblauer Hose und einem gestreiften Polohemd. Er trug dieselben Hausschuhe, in denen ich ihn schon am Tag zuvor gesehen hatte, und zog die Tür weit auf, ohne sich vorher zu vergewissern, wer geklingelt hatte. Beim Öffnen der Tür musterte er mich kurz von Kopf bis Fuß und fragte dann: »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich störe Sie doch hoffentlich nicht bei irgendwas, oder?«, sagte ich und versuchte, ins Haus zu spähen, um sicherzugehen, dass Jim tatsächlich allein war.
    »Nein. Nein, keineswegs. Ich habe nur gerade ein bisschen ferngesehen. Was kann ich für Sie tun, junger Mann?«
    »Sie sind Jim Matsuda, nicht wahr?« Er nickte. »Ich heiße Joe. Ich wohne für ein paar Tage drüben bei Dan.«
    »Ja. Ja, Dan hat mir erzählt, dass er Besuch bekommt. Freut mich, Sie kennenzulernen, Joe.« Jim hielt mir die Hand hin. Ich hatte noch nie jemanden getötet, nachdem ich ihm die Hand geschüttelt hatte. Ich sah kurz zu seinem ausgestreckten Arm hinunter und zögerte. Dann gab ich ihm die Hand, weil ich keinen Verdacht erregen wollte.
    »Die Freude ist ganz meinerseits, Mr Matsuda. Darf ich reinkommen?«
    »Natürlich. Natürlich. Was ist bloß mit meinen Manieren? Bitte.« Mr Matsuda hieß mich mit einer ausholenden Geste willkommen. Nachdem ich eingetreten war, schloss er die Tür hinter mir und sperrte den Rest der Welt aus. Im Haus waren sämtliche Fenster geschlossen, und die Klimaanlage lief auf Hochtouren. Von draußen würde kein Ton zu hören sein, es sei denn, man stand unmittelbar vor der Haustür. Mr Matsudas tadellose Manieren weihten ihn von Anfang an dem Untergang. »Und, woher kennen Sie Dan?«, fragte er, als er mich in sein Wohnzimmer führte.
    »Er ist ein alter Freund der Familie«, erwiderte ich, was ich nicht mal für eine Lüge hielt.
    »Tja, schön, dass Dan Besuch hat. Anscheinend hat es das Schicksal nicht gerade gut mit ihm gemeint.« Erinnere mich nicht daran, dachte ich. »Gut zu wissen, dass es noch Leute auf dieser Welt gibt, die an ihn denken. Manchmal kommt es mir so vor, als würden wir hier in unserer eigenen kleinen Welt leben und ins Leere treiben. Nur wenn Angehörige oder Freunde zu Besuch kommen, junge Leute wie Sie, werden wir daran erinnert, dass wir noch eine Verbindung zur Realität haben. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    »Ein Glas Wasser wäre toll.« Jim verschwand in der Küche, und ich hörte, wie er eine Schranktür öffnete, um ein Glas für mich zu holen. Während er weg war, inspizierte ich kurz das Wohnzimmer, um mich zu vergewissern, dass nichts vorhanden war, was ihm als Waffe hätte dienen können. Der gefährlichste Gegenstand im Raum schien eine Lampe zu sein. Ich machte mir keine Sorgen. Das Zimmer hatte zwei Türen: Die eine führte in die Küche, die andere in einen Flur, über den man vermutlich ins Badezimmer und in die Schlafzimmer gelangte. Jim würde nirgendwohin flüchten können. Außerdem gab es ein Fenster zum Garten, doch die Vorhänge waren zugezogen.
    Nach ein paar Minuten kam Jim mit zwei Gläsern Wasser zurück, in denen jeweils zwei Eiswürfel schwammen. Er reichte mir ein Glas. »Möchten Sie sich setzen?«, erkundigte

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