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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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gefunden.»
    «Und wer hat Ihnen erlaubt, sie zu benutzen?»
    «Niemand.»
    Ich bin nicht sicher, warum ich Mathilde beschütze. Aber es kommt mir falsch vor, ihr die Schuld zu geben. Ich bin mir nur allzu deutlich der Waffe bewusst, als ihr Vater aggressiv mit dem Kinn ruckt.
    «Sie dachten also, Sie könnten sich einfach so bedienen? Was wollen Sie uns noch alles klauen?»
    «Ich habe nicht …» Doch plötzlich bin ich zu müde, um mit ihm zu streiten. Die Sonne scheint mich niederzudrücken und das letzte bisschen Kraft aus mir zu saugen. «Ich dachte nicht, dass es jemandem was ausmacht. Ich bringe sie zurück.»
    Ich will mich an ihm vorbeischieben und zurück in die Scheune gehen, aber er verstellt mir den Weg. Er macht keine Anstalten, sich zu bewegen, und hält weiter die Waffe auf mich gerichtet. Bis jetzt hatte ich gedacht, er post nur, aber ein Blick in die kalten Augen lässt mich daran ernsthaft zweifeln. Inzwischen ist es mir aber auch egal. Ich erwidere starr den Blick, und während der Moment verstreicht, durchdringt ein rhythmisches Quietschen die Stille. Ich blicke über den Hof und sehe Georges, der ohne Eile in unsere Richtung kommt und einen rostigen Eimer in der Hand trägt.
    Wenn er überrascht ist, seinen Arbeitgeber mit einer auf mich gerichteten Waffe zu sehen, zeigt er das nicht. «Ich hab den Zaun so gut wie möglich repariert, M’sieur Arnaud. Wird erst mal halten, muss aber demnächst ersetzt werden.»
    Ich könnte genauso gut unsichtbar sein. Arnauds Gesicht – bis zu diesem Augenblick habe ich den Namen am Briefkasten am Tor vergessen – rötet sich.
    «In Ordnung.»
    Mit diesen Worten ist der alte Mann entlassen, aber er fragt dennoch: «Kommen Sie später runter und sehen es sich an?»
    Arnaud schnaubt irritiert. «Ja. Später dann.»
    Georges nickt zufrieden und überquert wieder den Hof. Bisher hat er durch nichts zu erkennen gegeben, dass er mich bemerkt hat. Ich muss mich wieder auf die Krücke stützen, während Arnaud mich mustert. Seine Kiefer mahlen, als müsste er auf seinen Worten herumkauen.
    Aber ehe er sie ausspucken kann, kommt ein Hund hinter dem Stall hervorgestürmt. Ein junger Springer Spaniel mit hängender Zunge und Schlappohren. Als er uns entdeckt, springt er auf Arnaud zu und umkreist dann tänzelnd mich. Ich versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr ich zittere. Ich beuge mich hinunter und tätschle den Hundekopf.
    «Hierher!», platzt Arnaud heraus. Der Hund, zerrissen zwischen Gehorsam und der Aufmerksamkeit, die ich ihm schenke, bebt. «Komm her, du verdammtes Vieh!»
    Gehorsam siegt. Der Hund schleicht zu Arnaud und jault, als dieser ihm einen Klaps gibt. Der Spaniel kauert sich zusammen, als Arnaud die Hand ein zweites Mal hebt, und wackelt aufgeregt mit dem Schwanz. Er würde sich vermutlich eine weiße Flagge an den Schwanz binden, wenn er könnte. Ehe Arnaud erneut zuschlagen kann, verzerrt ein Krampf seine Gesichtszüge. Er versteift sich, eine Hand fährt zum Rücken, und er richtet sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf.
    «Mathilde!
Mathilde!
», brüllt er.
    Sie taucht, beladen mit dem Baby und einem Korb mit Gemüse, an dem noch Erde haftet, hinter der Hausecke auf. Über ihr Gesicht huscht ein entsetzter Ausdruck, als sie uns so sieht, doch er macht rasch einer ausdruckslosen Miene Platz.
    «Was hat der hier draußen zu suchen?», will Arnaud wissen. «Ich habe dir doch gesagt, du sollst ihn von mir fernhalten.»
    Mathilde versucht, das Baby zu beruhigen, das bei der erhobenen Stimme seines Großvaters angefangen hat zu weinen. «Es tut mir leid, ich …»
    «Es ist nicht ihre Schuld», sage ich.
    Arnaud fährt zu mir herum. Sein Gesicht ist bleich vor Wut. «Ich habe nicht mit Ihnen geredet.»
    «Ich bin nur rausgekommen, um frische Luft zu schnappen», erkläre ich erschöpft. «Ich gehe zurück auf den Dachboden, okay?»
    Arnaud schnaubt. Er schaut zu dem Baby, das immer noch weint, und streckt die Hände danach aus. «Gib ihn mir.»
    Seine Hände wirken unnatürlich groß, als er das Kind von Mathilde bekommt und es auf Augenhöhe vor sich hält und sanft von einer Seite auf die andere wiegt. Er hat immer noch das Gewehr unter den Arm geklemmt. «Hm? Was ist los, Michel? Du wirst doch nicht weinen. Sei für deinen Großvater ein großer Junge.»
    Er klingt schroff und zugleich sehr liebevoll. Das Baby hickst und strahlt ihn dann zahnlos an. Ohne den Blick von seinem Enkel zu wenden, dreht Arnaud den Kopf zur Seite und spricht

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