Der Horror-Helikopter
die eine weiße Schneeschicht zeigten. Jedoch lag die Pracht nicht in den Tälern. Hier kam ich gut voran. Auf höher gelegenen Strecken allerdings mußte ich mit leichtem Glatteis rechnen.
Ich hätte jetzt gern Zeit gehabt, um mir auch die Gegend anzuschauen, denn im Süden hat Schottland ebenfalls seinen Reiz. Die Landschaft war nicht mehr so dünn besiedelt wie früher, dennoch empfand ich die Gegend als einsam und irgendwie wunderbar.
Sehr oft kam ich an kleinen Seen vorbei, deren Wasser wie Blei glänzte. Vogelschwärme durchzogen die Lüfte und schienen in die grauen Wolken tauchen zu wollen. Es wehte ein Westwind, der keine Kälte mitbrachte. Dieser Februar war auch für Schottland viel zu warm. Natürlich dachte ich auch an den Lockenkopf. Daß er so einfach das Weite gesucht haben sollte, wollte ich nicht so recht glauben, und ich hoffte stark, daß er nicht noch einmal meine Eltern angreifen würde. Wenn schon ein Ziel, dann ich.
In der Nähe von Carlisle nahm die Verkehrsdichte zu. Es war so, als würden die zahlreichen Fahrer den Motorway spüren, wo sie endlich aufdrehen konnten.
Von dort aus konnte ich auf den Autobahnen bleiben, die allesamt nach Süden führten, auch hinein in das englische Industriegebiet um Manchester, von dort nach Birmingham und dann in Richtung London. Eine verflucht lange Strecke, die da vor mir lag. Ich hatte noch einmal getankt und nahm den Motorway unter die Räder. Es war eine der schönsten Autobahnstrecken unseres Landes, denn sie führte an der Westseite des National Parks entlang. In der Zeit lag ich ziemlich gut, die Dämmerung schob sich zwar schon heran, aber das machte nichts.
Ich schaute auch immer wieder in den Rückspiegel. Die Straße war relativ frei, der Lastwagenverkehr störte mich auch nicht. Ich huschte an den Trucks vorbei.
Der Rover ist zwar kein Bentley — dem trauerte ich noch immer nach —, dennoch konnte ich relativ entspannt fahren, und der Wagen tat auch seine Pflicht. Er schnurrte die Meilen herunter wie eine satte, zufriedene Katze.
Natürlich drückte mich die Zeit. Ich war gespannt, wie es in London aussah. Ob Mark Baxter und Suko etwas erreicht hatten. Auf die beiden konnte man sich verlassen. Wenn sie einen Fall angingen, dann mit allen Konsequenzen.
Die Landschaft änderte ihr Gesicht. Zwar begleitete mich noch das hügelige Land, aber die Berge waren nicht mehr so hoch wie in Schottland. Der Himmel sah aus, als wäre er hellgrau lackiert worden. Es herrschte eine tolle Fernsicht. Ich sah tief im Süden, wo die Dämmerung erst noch ihre Decke hinschieben würde, ein dunkleres Grau, das erste Anzeichen für das große Industriegebiet. Bevor ich es erreichte und durchfuhr, mußte ich eine Pause einlegen. Sonst schliefen nicht nur die Beine ein, auch ich. Eine Raststätte war schnell gefunden. Kurz vor Einbruch der endgültigen Dunkelheit rollte ich auf den Parkplatz und fand eine Lücke, in die mein Rover hineinpaßte. Ich konnte ihn auch vom Lokal her im Auge behalten. Ich verschloß den Rover sorgfältig, schritt an Telefonzellen vorbei und dachte daran, in London anzurufen.
Nein, ich wollte die Kollegen nicht aufscheuchen. Erst kurz vor dem Ziel würde ich Bescheid geben, auch wenn es dann tiefe Nacht war. Die Raststätte war mäßig besucht und erinnerte mich an eine Klinik. So kalt wirkte die Einrichtung. Überhaupt nicht gemütlich. Ich holte mir einen Kaffee, etwas Knäckebrot, Käse und nahm auch einen Becher Milch mit an den Tisch.
Nur nicht hetzen, hieß die Devise, auch nicht zu schnell kauen. Langsam und genußvoll aß ich, während ich gleichzeitig die Menschen beobachtete und auch ab und zu nach draußen schaute, um den Rover zu beobachten.
Niemand kümmerte sich um ihn. Das Licht der Lampen warf einen bleichblauen Schimmer auf die abgestellten Fahrzeuge und ließ die Farben der Karosserien fast gleich aussehen.
Während ich die Milch trank, rauchte ich noch eine Zigarette. Zwei Frauen gingen an meinem Tisch vorbei. Sie waren gekleidet wie Mädchen vom horizontalen Gewerbe. So knapp waren die Röcke mal vor fünfzehn Jahren gewesen. Provozierend schaukelten sie weiter und nahmen an einem Tisch Platz, wo zwei Fernfahrer hockten. Familien mit Kindern stürmten den Raum ebenfalls, Geschäftsleute, Vertreter. Das war Leben…
Ich schaute auf die Uhr. Es wurde Zeit, daß ich mich wieder auf die Socken machte. Noch einmal strecken, recken, ein Blick nach draußen, dann erstarrte ich.
Sehr langsam rollte ein Wagen von der
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