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Der Hügel des Windes

Der Hügel des Windes

Titel: Der Hügel des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmine Abate
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erklärenden Worten, wo der Münzschatz gefunden worden sei, dem Alten übergab, vorsichtshalber ohne den Verkauf der sechzehn Münzen zu erwähnen. Begleitet wurde ihre Rede von tiefen Seufzern, die weniger der Aufregung geschuldet waren, vor diesem charismatischen und gebildeten Mann zu stehen, wie ihre Familie dachte, sondern rhythmisch ihrer Erleichterung Ausdruck gaben, endlich für immer diese unglückseligen Münzen loszuwerden.
    Professor Orsi öffnete mit zitternden Händen die drei Knoten und begutachtete dann lange eine Münze nach der anderen, indem er sie mit Hilfe einer Lupe aus seiner Jackentasche bis ins kleinste Detail untersuchte. Dann legte er die einzelnen Exemplare auf den großen Nussbaumtisch, nachdem sie von Giuseppe D’Amico gewogen worden waren, der auch die Aufgabe hatte, die gelegentlichen Kommentare des Professors auf Pappkärtchen festzuhalten.
    Die Arcuris verfolgten mit bewundernden Blicken die Szene. Vor allem Michelangelo ließ sich kein Wort, keine Bewegung des Professors entgehen, der die verschiedenen Statere, Oboloi, Didrachmen, Trioboloi, Pegasus vermerkte, alles Münzen, die zwischen den Jahren 510 und 400 v. Chr. in Kroton, Sybaris, Thurii, Metapontum, Tarentum, Kaulonia und Terina geprägt worden waren. Die rarsten und geheimnisvollsten waren die Goldmünzen, da sie einer späteren Epoche angehörten, als Krimisa wahrscheinlich bereits untergegangen war, weshalb nicht zu verstehen sei, dass siebei den anderen gelegen hätten. Es schmerzte den Professor, dass das Originalgefäß nicht erhalten war, anhand dessen man mit größerer Präzision auf den Zeitpunkt, zu dem die Münzen vergraben worden waren, hätte schließen können und vielleicht auch auf das Motiv. Jedenfalls belegten die Münzen ganz klar, dass der Hügel bewohnt gewesen war und, so glaubte er, die Überreste von Krimisa verbarg, neben den Skeletten aus jüngerer Zeit, wie er augenzwinkernd hinzufügte.
    Der Tisch sah nun aus wie ein Schachbrett, bestehend aus dreiunddreißig Kärtchen mit ebenso vielen Spielfiguren aus Silber, Gold und Bronze.
    Der letzte Arbeitsschritt war der penibelste von allen: Das Schachbrett wurde in zwei Hälften geteilt nach Kriterien, die den Arcuris verborgen blieben.
    Dann klärte der Professor das Rätsel mit seiner gewohnten Polterstimme auf, so als habe die Schätzung ihn nicht ermüdet, sondern ihm im Gegenteil neue Kräfte verliehen. Auch die Hand, mit der er auf die Münzen wies, zitterte nicht mehr. »Vielleicht wissen Sie bereits, dass nach dem Gesetz von allen antiken Fundstücken, die auf italienischem Boden geborgen werden, die Hälfte rechtmäßig dem italienischen Staat gehört, ein Viertel dem Finder und ein Viertel dem Besitzer des Grundstücks ...«
    »O nein! Das ist ungerecht. Dann packen wir unsere Münzen wieder ein und verkaufen sie anderswo«, unterbrach ihn Donna Lina vehement.
    »Still. Lass den Professore ausreden. Wir wollen nichts gegen das Gesetz tun«, warf Arturo entschieden ein.
    »Ich kann die Enttäuschung der Signora gut verstehen, aber Gesetz ist Gesetz. Vor vielen Jahren hatte ich einenähnlichen Fall mit einem Münzschatz, der in Soverato aufgefunden wurde. Der Besitzer wollte sich nicht damit abfinden, er hat sogar Geld für Anwälte ausgegeben, auch weil in dem Fall noch eine dritte Person auf den Plan trat und ihr Recht an dem Ort des Fundes geltend machte, doch am Ende musste er sich mit seinem Anteil zufriedengeben.«
    »Gott rette und beschütze uns vor den Anwälten, die würden uns nur bis aufs Blut aussaugen. Redet weiter, Professò, Ihr macht das schon alles richtig«, sagte Sofia, die ihm die Münzen sogar geschenkt hätte, dieses Teufelszeug.
    »Danke für Ihr Vertrauen, Signora. Ich habe euren Fund in zwei Teile geteilt, nach bestem Wissen und Gewissen als Archäologe und Numismatiker, im Großen und Ganzen entsprechen sie sich nun, vielleicht nicht in der Zahl, aber doch in ihrem Wert. Wählt ihr den Teil, der euch mehr zusagt, und ich nenne euch mein Angebot.«
    »Ihr dürft wählen«, sagte der Vater zu den beiden Kindern.
    Ninabella und Michelangelo traten mit Kennermiene an die zwei Häuflein heran, berührten, drehten und wendeten die Münzen, stimmten sich mit zwei, drei schnellen Blicken ab und zeigten dann auf den üppigeren Teil, der links von Giuseppe D’Amico lag.
    »Gut«, sagte der Professor. »Ich habe nun die Pflicht, euch mitzuteilen, dass der Staat das Vorkaufsrecht für die euch zustehende Hälfte hätte,

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