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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Maaser
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sammelte.
    Langsam erhob er sich und setzte sich in Bewegung, den Blick auf den Boden gesenkt.
    Wandalenus lachte laut auf. „Das hätte ich mir denken können. Wittiges geht. Seht ihn euch genau an! Der Held einiger vergangener Kriege hat seinen Schneid verloren. Armer Kerl! Dann wollen wir ihn nicht aufhalten.“
    Ringsum kam verhaltenes Gelächter auf, aber Wittiges wurde auch mit verwunderten Blicken bedacht, und hier und da scharrte jemand mit den Füßen, als ringe er noch mit sich, ihm zu folgen.
    Wittiges hob die Hand in einer kleinen Geste, als würde er gegen die Beleidigung schwach protestieren.
    „Du hast uns noch etwas mitzuteilen, bevor du dich auf deinem Gut verkriechst?“, lästerte Wandalenus. „Was kann das wohl sein? Kannst du wieder deine Steuern nicht pünktlich bezahlen? Oder willst du dich dafür entschuldigen, dass du nicht mit uns für die Ehre Austrasiens kämpfst?“
    Wieder wurde gelacht, aber nicht sehr laut.
    In sich gekehrt blieb Wittiges stehen, bis das Gelächter verstummte. Unter halb geschlossenen Lidern sah er Brunichild unverwandt an. Sie erwiderte seinen Blick völlig fassungslos und presste die Hände um etwas Glänzendes, Goldenes, das sie im Schoß hielt. Nun war eingetreten, was sie nie für möglich gehalten hatte: Wittiges ließ sie ohne ein Wort im Stich.
    „Da wir nun geklärt haben, wer nicht mit uns kämpft“, fuhr Wandalenus aufgeräumt fort, „können wir mit der Beratung fortfahren. Wir sind uns also einig: Krieg gegen Guntram.“ Mit einem kleinen Wink in Wittiges’ Richtung nickte er unauffällig den Wachen an der Tür zu, während zustimmendes Gemurmel einsetzte.
    Wittiges legte die Hand an den Schwertgriff und hob ruckhaft den Kopf, sodass ihm das lange Haar aus der Stirn flog.
    „Nein, wir sind uns nicht einig“, widersprach er laut genug, um das Stimmengewirr zu übertönen, das sogleich verstummte. „Du hast es gewagt, von Sigibert zu sprechen. Du hattest kein Recht dazu“, fuhr er Wandalenus an. „Offensichtlich hast du vergessen, wie er starb. Dann lass mich dein Gedächtnis auffrischen. Er starb von der Hand zweier Meuchelmörder, die ihm sein Bruder Chilperich auf den Hals gehetzt hat. Ihr alle wisst das. Und dennoch billigt ihr die Allianz, die Wandalenus mit Chilperich geschlossen hat? Wie könnt ihr das tun?“ Er deutete auf Wandalenus, der zum Sprechen ansetzte, kam ihm aber zuvor. „Mit dieser Allianz billigst du nachträglich Sigiberts Ermordung. Da mache ich nicht mit . Weder will ich mit diesem Krieg etwas zu tun haben, noch kämpfe ich gegen Guntram, der immer auf unserer Seite stand. Er ist der Verbündete, den wir brauchen. Nicht Chilperich. Nicht dieser Chilperich, der immer noch nicht die von Guntram verhängte Sühne für die Ermordung von Königin Brunichilds Schwester gezahlt hat. Nicht dieser Chilperich, der uns angeblich seine Unterstützung gegen Guntram zusichert und gleichzeitig unsere Städte im Süden besetzt hält. Ich war in Tours und weiß, wie seine Truppen in der dortigen Gegend gehaust haben. Ich kenne die verödeten Dörfer, den Hunger, den Tod, der dort umgeht. Das sind unsere Leute! Nein, da mache ich nicht mit. Nicht noch mehr Verwüstung, und kein Bündnis mit einem Königsmörder.“
    „Das ist infam!“, tobte Wandalenus und lief rot an. „Wittiges versteckt seine Feigheit hinter hinlänglich bekannten Anklagen, die er seit Jahren wie ein Kuh wiederkäut. Sie sind nichts als Erfindungen und üble Nachrede. Dagegen wissen wir, dass er Verbindung zu Guntram hat, seit Jahren schon. Er fürchtet um seine Geschäfte, das ist alles. Ich kenne ihn, und ihr kennt ihn auch. Wann habt ihr ihn zuletzt hier in einer Ratssitzung gesehen? Es ist Jahre her! Denn er interessiert sich nur für seine Kornernten und für den Gewinn aus seinem Wollhandel. Er ist ein Bauer und Krämer ohne Ehre im Leib.“
    Leider schwenkten die Hohlköpfe, die nur kurz zur Besinnung gekommen waren, nun wieder ungehemmt auf Wandalenus’ Kriegskurs ein und johlten diesem anfeuernd zu. Selbst jene, die eigentlich Bedenken gegen einen Krieg hegten, wagten sich nicht mehr zu äußern.
    Wittiges sah ein, dass er verspielt hatte. Enttäuscht und entsetzt schaute er zu Brunichild hinüber.
    Langsam stand sie auf und kam auf ihn zu. Der Lärm verebbte, während alle sie beobachteten.
    „Bitte, Wittiges, bring mich zurück in meine Gemächer, ich wünsche dieser Versammlung nicht länger beizuwohnen, in der es nur verblendete Narren gibt.

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